Frage an Beate Müller-Gemmeke von Matthias J. bezüglich Verkehr
Sehr geehrte Frau Müller-Gemmeke,
ich richte mich an Sie, weil Sie meine Wahlkreis-abgeordnete sind.
Es geht um die Nachhaltigkeit der Elektromobilität. Auf Ihrem Parteitag wurde ja beschlossen, das Aus des Verbrennungsmotors bis 2030 zu fordern. Bei Aller Begeisterung für die Elektromobilität - hat sich überhaupt jemand überlegt, wie das gehen soll und welche Konsequenzen das ökologisch, wirtschaftlich und weltpolitisch haben würde?
Die derzeitige Elektromobilität hängt entscheidend an der Verfügbarkeit von Lithium für die Batterien und seltenen Erden für die Hochleistungsmagnete. Diese Stoffe gibt es auf der Erde nicht in ausreichenden Mengen, um die derzeitige Fahrzeugflotte komplett auf Elektromobilität umzustellen. Sie stammen aus Ländern, in denen Rechtstaatlichkeit und Menschenrechte mit Füßen getreten werden und werden unter ökologisch und ethisch höchst fragwürdigen Bedingungen gewonnen. Zudem gibt es für diese Stoffe noch keine befriedigende Recycling-Lösung. Zwar wurde am 20.12.2016 der Abschlussbericht des LithoRec II-Projekts vorgelegt, aber noch lange werden die wertvollen Stoffe in der Schlacke von Hochöfen landen und gehen als Baustoff-Zuschlag der zukünftigen Verwendbarkeit in Fahrzeugen verloren.
Warum haben sich die Grünen mit ihrer Absage an den Verbrennungsmotor indirekt auch gegen die Weiterentwicklung von erneuerbaren Treibstoffen für Verbrennungsmotoren ausgesprochen? Das NOx-Problem ist lösbar! Power2Fuel aus überschüssiger Wind- oder Sonnenenergie oder Bio-Sprit der nächsten Generationen sollte man meiner Meinung nach unbedingt weiterentwickeln. Auch sollte man im Auge behalten, dass gerade unsere Region ganz wesentlich am Verbrennungsmotor hängt. So wie vor Jahrzehnten der Export der Stahlindustrie NRW und Saarland vom Wirtschaftsmotor zum Armenhaus gemacht hat, könnte das Aus für den Verbrennungsmotor auch den Rest Deutschlands zum Armenhaus machen!
Export von Umweltverschmutzung und Arbeitsplätzen, ist das sinnvoll?
Sehr geehrter Herr Junk,
vielen Dank für Ihre Fragen, die ich gerne beantworte.
Wir Grünen haben beschlossen, dass ab 2030 nur noch abgasfreie Autos zugelassen werden sollen. Damit sind wir grundsätzlich technologieoffen. Damit kann es unterschiedliche Varianten von Elektroautos geben, also batterieelektrische Fahrzeuge, Brennstoffzellenfahrzeuge, Plug-In-Hybride. Dabei sind batterieelektrisch betriebene Pkw besonders vorteilhaft, weil die den auf Basis von Wind- und Sonnenenergie CO2-frei erzeugten Strom ohne Umwandlungsverluste direkt nutzen können. Entscheidend ist natürlich, dass der Strom für die Elektromobilität aus einem Zubau Erneuerbarer Energien gewonnen werden muss. Flüssige oder gasförmige Kraftstoffe auf der Basis regenerativ erzeugten Stroms und die Nutzung synthetischen Methans („Power-to-Gas“) in Verbrennungsmotoren können natürlich den Umstieg auf abgasfreie Autos ergänzen. Die Nutzung von sogenannten Biokraftstoffen sehen wir hingegen kritisch, insbesondere aufgrund der großen Flächen- und Nutzungskonkurrenz, hoher Kosten und zum Teil negativer CO2-Bilanz. Wir sind auf jeden Fall sicher, dass eine klare Zielsetzung – spricht 2030 – die Forschungs- und Entwicklungsarbeit stark befördern wird.
Der Umstieg auf Elektromobilität erfordert selbstverständlich auch einen neuen Umgang mit Rohstoffen. Wir dürfen die gleichen Fehler nicht noch einmal machen. Uns ist bewusst, dass die Gewinnung von Lithium, Kupfer, Platin, Neodym und anderen Seltenen Erden für die Batterieproduktion häufig mit starken Umweltbelastungen verbunden ist und in Regionen stattfindet, in denen nur geringe Umweltauflagen und Arbeitsschutzstandards beachtet werden. Hier ist Deutschland in der Pflicht. Europa sollte führend sein bei Materialeffizienz und Recycling, rohstoffeffizienter Produktgestaltung und Nachhaltigkeitsstandards. Hierauf muss auch die gesamte Produktion von Automobilen ausgerichtet sein. Dazu zählt natürlich auch ein gutes Recyclingsystem für Batterien.
Arbeitsplätze gehen nicht durch den Umweltschutz verloren, sondern wenn Hersteller nicht mehr ausreichend innovativ sind und die Zeichen der Zeit nicht erkennen. Fossile Verbrennungsmotoren sind ein Auslaufmodell - das streitet selbst die Automobilindustrie nicht ab. Ein Umstieg auf abgasfreie Autos muss also als Chance verstanden werden. Wer aber im Bereich abgasfreier Mobilität zurückfällt, wird auf dem globalen Automobilmarkt an Boden verlieren und genau das wird dann Arbeitsplätze kosten. Deutschland darf diesen wichtigen Teil der Wertschöpfung in der Elektromobilität nicht dauerhaft an ausländische Anbieter verlieren. Die für Deutschland wichtige Industriebranche darf den Wandel also nicht verpassen. Dafür notwendig sind die richtigen politischen Rahmenbedingungen, die wir in unserem grünen Wahlprogramm fordern.
Mit freundlichen Grüßen
Beate Müller-Gemmeke
Aufgrund technischer Probleme im Zusammenhang mit unserer neuen Webseite, konnten auf abgeordnetenwatch.de zwischen dem 13.07.2017 - 19.07.2017 leider keine Antworten eingestellt werden. Wir möchten Sie bitten, die Umstände zu entschuldigen.