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Beate Müller-Gemmeke
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Klaus-Dieter M. •

Frage an Beate Müller-Gemmeke von Klaus-Dieter M. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrte Frau Müller-Gemmeke,
wie beurteilen Sie die gegenwärtige Rechtslage für Mobbingopfer in Deutschland, insbesondere mit Blick auf die Aspekte der Rechtssicherheit und der Effektivität des Schutzes vor Repressalien?
Wird eine Bundesregierung, an der Sie beteiligt sind, neue gesetzliche Regelungen zum Schutz vor Mobbing vorantreiben?
Petitionsausschuss befürwortet neue Studie zu Mobbing ... jetzt sind die Fraktionen gefordert ( Pet 4-17-11-803-026776). Sind Sie bspw. die Grünen diesbezüglich aktiv geworden?

MfG
Klaus-Dieter May

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr May,

haben Sie vielen Dank für Ihre Frage, die ich gerne beantworte, weil mich das Thema schon seit längerer Zeit umtreibt. Deshalb habe ich auch im vergangenen Jahr von der Initiative „Pro Fairness gegen Mobbing“ den Anti-Mobbing-Award verliehen bekommen. Bislang habe ich das Thema „Mobbing“ in einem Antrag zum Arbeitsschutz bereits mit behandelt. Das reicht aber nicht aus, deshalb habe ich weiter gehende Überlegungen entwickelt.
Die gegenwärtige Rechtslage für Mobbingopfer in Deutschland ist mehr als unbefriedigend. Da stimme ich Ihnen voll und ganz zu. Nachdem das Europäische Parlament die Mitgliedsstaaten, EU-Kommission und den Rat zum Handeln aufgefordert hat, wurden in einigen europäischen Ländern gesetzliche Regelungen erlassen, um Mobbing am Arbeitsplatz zu bekämpfen. Vorreiter waren hier einige skandinavische Länder, Frankreich und Serbien, die alle Gesetze zum Schutz der Beschäftigten vor Mobbing beschlossen haben.
In Deutschland hingegen gibt es keine konsistente Gesetzgebung, die Mobbing und insbesondere das strategische Mobbing von Seiten der Vorgesetzten unterbindet. Mobbing wird zwar als Verletzung des allgemeinen verfassungsrechtlich geschützten Persönlichkeitsrechts angesehen. Allerdings erweist sich die Beweisführung vor Gericht häufig als äußerst schwierig. Nötig sind daher auch in Deutschland Regelungen, die Beschäftigte vor allem vor dem sogenannten Bossing – also dem Mobbing durch Vorgesetzte - schützt. Deshalb werde ich mich für folgende Regelungen im nächsten Bundestag stark machen:
Betriebsräte, Personalräte und Mitarbeitervertretungen sollen zukünftig eine vertrauensvolle Ansprechperson bestimmen, die für die Beschäftigten als Anlaufstelle bei Mobbingproblemen fungiert. Auch Betriebe ohne Interessensvertretung müssen diese Ansprechperson benennen. Wichtig ist aber, dass diese Vertrauenspersonen einen besonderen Kündigungsschutz erhalten, damit sie bei Mobbing durch Vorgesetzte effektiv tätig werden kann. Denn die allermeisten Betroffenen, so das Ergebnis des Mobbing-Reports, wehren sich gegen die Schikane. Sie sprechen den Täter an und versuchen eine Aussprache. Doch die Gegenwehr ist nur in den seltensten Fällen erfolgreich. Deshalb ist es unbedingt erforderlich, dass Betroffene frühzeitig Unterstützung und Hilfe - auch im Betrieb - erhalten. Eine Vertrauensperson für das Problem Mobbing im Betrieb kann außerdem die Belegschaft stärker für das Thema sensibilisieren.
Aufgabe der Vertrauensperson wäre es, Hinweise auf Mobbing zu prüfen und gegebenenfalls ein formales Verfahren im Betrieb einzuleiten. In Gesprächen mit allen Beteiligten sollen dabei Lösungen entwickelt und eine Schlichtung herbei geführt werden. Es ist erwiesen, dass es mit zunehmender Dauer immer schwieriger wird, Mobbing-Prozesse zum Schutz der Betroffenen zu stoppen. Deshalb sollen die Opfer ein Recht auf ein formales Schlichtungsverfahren im Betrieb erhalten.
Allerdings werden Klärungsversuche meistens blockiert – der Mobbing-Report spricht davon, dass in 83 Prozent aller Mobbing-Fälle die Täter Klärungen abblocken. Verhindert der Vorgesetzte das formale Verfahren also und bleibt untätig, weil er selbst der Täter ist, dann soll der Mobbing-Fall nach einer gewissen Frist automatisch an das zuständige Arbeitsgericht überwiesen werden. Gleichzeitig soll eine Beweislastumkehr gelten, das heißt, der Arbeitgeber oder Vorgesetzte soll nachweisen müssen, dass es sich bei den Anschuldigungen nicht um Mobbing handelt. Diese angedrohte Beweislastumkehr kann abschreckend wirken und verhindert auf diese Weise Schikanen durch Bossing.
Bisher ist insbesondere die Beweisführung schwer und ebenso die Durchsetzung von Ansprüchen in Prozessen, die aufgrund von Mobbing angestrengt werden. Mobbing ist ein schleichender Prozess. Um der besonderen Situation der Mobbing-Opfer gerecht zu werden, soll daher künftig ein pauschalierter Schadensersatz zwingend sein. Stellt ein Gericht fest, dass Beschäftigte Opfer von Mobbing waren, so soll sich die Höhe des Schadensersatzes am Bruttolohn und der Beschäftigungsdauer orientieren. Damit entfällt der finanzielle Vorteil für den Betrieb. Denn das strategisch geplante Mobbing führt so nicht unweigerlich zur „preiswerten“ freiwilligen Kündigung des Beschäftigten, sondern wird sanktioniert.
Wichtig ist aber auch eine regelmäßige Berichterstattung über das Thema Mobbing. Die Bundesregierung muss in regelmäßigen Abständen einen Mobbing-Report in Auftrag geben und dem Bundestag vorlegen. Der erste und einzige Report dieser Art stammt aus dem Jahr 2002. Seither rührt die Bundesregierung keinen Finger mehr, wenn es um das Problem des Mobbings geht. Akzeptabel ist das nicht. Mobbing ist ein ernst zu nehmendes Phänomen in der Arbeitswelt, das nicht verschwiegen werden darf.
Ich hoffe, Sie können sich meinen Ausführungen anschließen und sie unterstützen.

Mit freundlichen Grüßen
Beate Müller-Gemmeke

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