Wollen Sie sich dafür einsetzen, dass die Petition angenommen und mit den Mitteln und Methoden von Recht und Gesetz abgeschlossen wird?
Sehr geehrte Frau Bas,
am 11. Juli 2022 habe ich folgende Petition mit der Nr. 4-20-7-99999-009464 eingereicht.
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Ich bitte den Deutschen Bundestag zu beschließen,
dass der § 146 GVG ersatzlos gestrichen wird.
Gründe:
Der Deutsche Richterbund (vertreten durch Gnisa) sagte:
"Es sollte für Deutschland zum Selbstverständnis gehören, europäische Justizstandards einzuhalten.
Dazu gehört auch die Entscheidung des EuGH die Abschaffung des Weisungsrecht der
Justizminister im Einzelfall an Staatsanwälte." Dieser Meinung schließe
ich mich uneingeschränkt an.
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An dieser Stelle möchte ich zwei Beispiele bringen, welche unbedingt der Vergangenheit
angehören sollte. Aus datenschutzrechtlichen Gründen werde ich keine Namen nennen.
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Siehe auch: *https://www.change.org/Pet-BT-146GVG*.
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Mit freundlichen Grüßen
Erhard J.
Sehr geehrter Herr J.,
vielen Dank für Ihre Frage. Da Sie sich auf meine Aufgaben als Bundestagspräsidentin beziehen, antworte ich Ihnen nicht in meiner Funktion als Abgeordnete, sondern als Vertreterin des Verfassungsorgans Deutscher Bundestag und der Gesamtheit seiner Mitglieder sowie dank der Zuarbeit der Bundestagsverwaltung:
Zunächst möchte darauf hinweisen, dass die Gesetzgebung Sache des Parlaments in seiner Gesamtheit ist. Ich allein kann keine Gesetze vorschlagen oder beschließen. Vielmehr gehört es zu den Aufgaben meines Amtes, die Verhandlungen des Bundestags unparteiisch zu leiten. Ich freue mich aber, dass Sie sich mit Ihrem Anliegen an den dafür zuständigen Petitionsausschuss gewandt haben. Nach meinem Kenntnisstand befindet sich Ihre Petition in der Prüfung. Eine erste Zuschrift vom 10.08.2022 sollte Sie bereits erreicht haben.
Grundsätzlich wird angenommen, dass die Staatsanwaltschaft vom Verfassungsgeber der Exekutive zugeordnet wird. Hiermit soll das externe Weisungsrecht dem Charakter des Beamtenrechts und dem Prinzip der parlamentarischen Verantwortung der Regierung entsprochen werden. Dennoch findet dieses Recht seine Grenzen in Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz. Eine Weisung darf nicht etwas fordern, das gegen das geltende Recht verstößt, insbesondere gegen das Strafgesetz, so dass das Anordnungsrecht nur „justizgemäßen" Einflüssen dienen darf, so auch das Bundesverfassungsgericht in seiner älteren Entscheidung (BVerfGE 9, 223 (228) = NJW 1959).
Ohne den Ergebnissen der Ausschussarbeit vorzugreifen, möchte ich allerdings folgendes anmerken: Das externe Weisungsrecht der Justizminister gegenüber der Staatsanwaltschaft war trotzdem in den vergangenen Jahren immer wieder Gegenstand lebhafter Diskussionen und wurde von vielen als reformbedürftig empfunden. Durch eine Verordnung des EU-Rates im Oktober 2017 hat dieser rechtspolitische Diskurs neue Impulse bekommen. Zur Umsetzung der Verordnung (EU) 2017/1939 „zur Durchführung einer verstärkten Zusammenarbeit zur Errichtung der Europäischen Staatsanwaltschaft […]“ wurde im Jahr 2020 ein eigenständiges Gesetz, nämlich das Europäische-Staatsanwaltschaft-Gesetz (EUStAG) für die in EU tätigen Staatsanwältinnen und Staatsanwälte, eingeführt. § 5 Absatz 1 Satz 2 EUStAG sieht nun ausdrücklich vor, dass die §§ 144 bis 147 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) in den entsprechenden Verfahren nicht anzuwenden sind. Dies umfasst also auch den von Ihnen erwähnten § 146 GVG. Näher können Sie das unter diesem Link nachlesen:
https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2020/kw22-de-europaeische-staatsanwaltschaft-697526
Zudem hat das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz in Bezug auf die Entscheidungen des EuGH im Januar 2021 einen Referentenentwurf ausgearbeitet, mit dem das externe Weisungsrecht entweder auf Fälle mit Ermessens- oder Beurteilungsspielraum beschränkt werden oder im Einzelfall abgeschafft werden soll. Zusammenfassend sollen die Weisungen danach frei von justizfremden Erwägungen erfolgen. Darüber können Sie unter folgendem Link nachlesen:
https://www.bmj.de/SharedDocs/Gesetzgebungsverfahren/DE/Unabhaengigkeit_Staatsanwaltschaften.html
Sehr geehrter Herr J., ich hoffe Ihnen mit dieser Auskunft ein detaillierteres Bild vom Stand der Diskussion vermittelt zu haben. Ansonsten möchte ich Sie bitten, die Entscheidung des Petitionsausschusses abzuwarten.
Abschließend möchte ich darauf hinweisen, dass Sie selbstverständlich die Möglichkeit haben, auch auf direktem Weg mit dem Deutschen Bundestag, seinen Abgeordneten oder mir als seiner Präsidentin Kontakt aufzunehmen. Zum Beispiel über: https://www.bundestag.de
Mit freundlichen Grüßen
Bärbel Bas