Sehr geehrte Frau Özoğuz, Welche Ziele haben Sie Bundestagsvizepräsidentin. Und was haben Sie bereits in dieser Funktion erreicht?
Sehr geehrter Herr A.,
haben Sie herzlichen Dank für Ihre Fragen und entschuldigen Sie bitte die verspätete Antwort.
Ich bin meiner Fraktion sehr dankbar für das mir entgegengebrachte Vertrauen, mich zu Beginn dieser Legislatur für das Amt der Vizepräsidentin vorzuschlagen. Seit meiner Wahl habe ich verschiedene Aufgaben, die mit diesem Amt verbunden sind, arbeite gleichzeitig auch als Abgeordnete und bin ganz besonders als Wahlkreisabgeordnete vor Ort unterwegs.
Nicht erst in diesen schwierigen Zeiten ist es mir wichtig, mit den Menschen darüber zu sprechen, was sie von uns Abgeordneten erwarten, was wir besser machen können und wie wir notwendige Reformen umsetzen, die sozial gerecht sind. Dafür besuche ich Veranstaltungen und Institutionen in meinem Wahlkreis und an vielen Orten, zu denen ich auch von meinen Kolleginnen und Kollegen eingeladen werde.
Sehr regelmäßig mache ich Veranstaltungen im Wahlkreis, um Rückmeldungen zu unseren Gesetzesinitiativen und den alltäglichen Sorgen zu erfahren. Beispielsweise zur Energiepolitik, zu den vielen Hilfen, die wir zur Verfügung stellen, aber auch zur Gefahr, die von Reichsbürgern ausgeht, war die Resonanz sehr groß und wir hatten lebhafte Diskussionen mit kundigen Referenten. Daneben bin ich auf einer Demokratietour unterwegs, um Menschen zu treffen, die sich für das Gemeinwohl einsetzen. Gerade in herausfordernden Zeiten möchte ich mit allen Menschen ins Gespräch kommen, gerade auch bei inhaltlichen Differenzen. Genau das macht eine gesunde Demokratie aus: Dass wir darüber diskutieren, wie wir unsere Gesellschaft am besten voranbringen, was wir tun können, damit es allen gut geht.
Als Vizepräsidentin leite ich Bundestagssitzungen und versuche immer wieder darauf hinzuwirken, dass die Themen gern auch sehr lebhaft diskutiert werden - was natürlich nicht bei jedem Thema der Fall ist - die Diskussion aber immer von einer anständigen Grundhaltung getragen sein sollte. Das ist mitunter nicht so einfach. Natürlich gibt es bei hitzigen Debatten auch mal Momente, in denen Worte fallen, die nicht unbedingt einer parlamentarischen Sprache entsprechen. Aber als Bundestag haben wir eine Vorbildfunktion, Debatten sachlich und ordentlich zu führen. Leider legen es einige wenige Abgeordnete offensichtlich genau darauf an, zu beleidigen oder andere verächtlich zu machen. Da müssen wir als Präsidium ganz klar Grenzen setzen. Die Meinungsfreiheit ist ein sehr hohes Gut, wir schützen sie, wenn wir uns nicht gegenseitig „mundtot“ machen.
In diesem Amt leite ich auch die Rechtstellungskommission, die es beispielsweise zur Aufgabe hatte, für die Veröffentlichung aller Nebeneinkünfte und in dieser Hinsicht für klare Regeln zu sorgen. Das klingt leichter als es ist. Auf der einen Seite sollen die Abgeordneten ja unabhängig sein, gleichzeitig müssen wir darauf achten, dass ihre Berufe durch die Veröffentlichung vieler Daten und Kunden keinen Nachteil oder Schaden erfahren. Nachdem wir zunächst die in der vergangenen Wahlperiode reformierten Verhaltensregeln durch Ausführungsbestimmungen konkretisiert haben, hat die Rechtstellungskommission die gewonnenen Erfahrungen inzwischen ausgewertet und gegenüber dem Ältestenrat (ein geschäftsführendes Gremium) Empfehlungen für weitere Anpassungen ausgesprochen.
Als Abgeordnete bin ich auch Mitglied im Auswärtigen Ausschuss und stellvertretendes Mitglied in der Enquête-Kommission zu Afghanistan. Auch in diesem Bereich gibt es sehr viel zu tun und zu meinen außenpolitischen Themen halte ich auch einige Vorträge außerhalb des Parlaments. Ein mir sehr wichtiges Thema möchte ich exemplarisch nennen. Im letzten Jahr habe ich als Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages am Gedenktag von Srebenica teilgenommen. Bei meinem Besuch dort habe ich einige Initiativen von Menschen kennengelernt, die im Krieg im Lager waren und furchtbare Dinge erlebten und die sich seitdem dafür einsetzen, dass ihre Täter zur Verantwortung gezogen werden. Tatsächlich ist die Aufarbeitung der Kriegsverbrechen sehr schleppend. Daraufhin habe ich einige dieser Betroffenen nach Deutschland eingeladen, um sie mit Juristen und Organisationen zusammen zu bringen, von deren Erfahrung sie profitieren können. Zwei Tage habe ich die Gruppe hier begleitet und wir haben sehr positive Rückmeldungen von ihnen bekommen. Auch wenn es mühselig ist, Stück für Stück kommen wir hoffentlich weiter. Und dieses Wissen konnte ich dann auf meine Besuche in Warschau oder Belgrad mitnehmen.
Für die SPD-Fraktion leite ich auch den Gesprächskreis Südasien, der regelmäßig tagt und zu dem wir immer wieder Experten einladen, die interessierten Abgeordneten, deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern oder auch NGOs und Think Tanks die neuesten Entwicklungen in den Ländern Südasiens und des Indo-Pazifiks darstellen.
Und ich möchte auch nicht versäumen zu erwähnen, dass ich die Landesgruppensprecherin der SPD-Abgeordneten aus Hamburg bin und in dieser Funktion auch meine kleine, aber sehr feine Landesgruppe vertreten und gemeinsam mit den Abgeordneten der Hamburger Bürgerschaft, der Bezirksversammlungen und unserer Landesgruppe die wichtigen Themen für Hamburg erörtern und voranbringen darf.
Mit besten Grüßen
Aydan Özoğuz