Frage an Aydan Özoğuz von Karl-Heinz B. bezüglich Staat und Verwaltung
Sehr geehrte Frau Özoguz,
das beschlossene Verbot von Werkverträgen und Subunternehmen in der Fleischindustrie war überfällig und konsequent. Ein Mehrpreis von 10ct pro Kilo Fleisch wird den wenigsten Kunden stören, wenn er dafür mehr Hygiene erwarten kann. Zumal ein Teil durch die Lohnsteuer in das Steuersystem zurückfließt.
Dieses kann meiner Meinung nach nur der Anfang sein um das Gerechtigkeitsempfinden in Deutschland wiederherzustellen.
Was halten Sie von einer Ausdehnung des Subunternehmerverbotes auf z.B. folgende Bereiche?:
- Erntehelfer
- Paketboten
- Reinigungskräfte in Krankenhäusern und Pflegeheimen
Einige Länder knüpfen außerdem staatlicher Unterstützung von Unternehmen an Auflagen z.B.:
- Verbot der Ausnutzung von Steuerschlupflöchern
- Umweltauflagen (z.B. Air France – Verbot von Inlandsflügen)
- Umgehung von Tarifverträgen nicht zulässig
Meiner Meinung nach sollten die Hilfsgelder kein einseitiges bedingungsloses Geschenk sein, sondern auf Gegenseitigkeit beruhen. Ich meine damit nicht die Rückzahlung, sondern der Gesellschaft etwas zurückgeben. Außerdem sollte ein Konjunkturprogramm zur Verbesserung der Infrastruktur genutzt werden: Sanierung von öffentlichen Gebäuden und Straßen, Ausbau der Bahn und Radwege zur Energiewende. Wie sehen Sie das?
Mit freundlichen Grüßen
K. B.
Sehr geehrter Herr Brauer,
ich gebe Ihnen völlig Recht: auch in anderen Branchen bestehen Missstände, die es zu beheben gilt. Wir haben nun mit der Fleischindustrie begonnen, was längst überfällig war. Die vorgeschlagenen Änderungen liegen auf dem Tisch und sollen nach der parlamentarischen Sommerpause dann auch im Bundestag verabschiedet werden. Die Eckpunkte des „Arbeitsschutzprogramms für die Fleischwirtschaft“ finden Sie hier: https://www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/PDF-Pressemitteilungen/2020/eckpunkte-arbeitsschutzprogramm-fleischwirtschaft.pdf?__blob=publicationFile&v=3. Der Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion Rolf Mützenich hat kürzlich in einem Interview mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland deutlich gemacht, dass die SPD weiter Druck machen wird, um Missbrauch von Leih- und Werkverträgen auch in anderen Wirtschaftsbereichen zu unterbinden. Für die Branche der Paketboten haben wir im November 2019 immerhin schon eine Nachunternehmerhaftung einführen können. So wurde sichergestellt, dass Unternehmen für Sozialversicherungsbeiträge haften, die ein eingebundenes Subunternehmen abführen müsste.
Ein Konjunkturprogramm in einer solch schwierigen Situation kann natürlich nicht jeden erdenklichen Teilbereich unserer Gesellschaft abdecken. Mit diesem Paket setzen wir den Hebel dort an, wo Hilfen und Erleichterungen unser Land auch mit Blick auf die Zukunft voranbringen kann. Das Konjunkturpaket umfasst beispielsweise höhere Prämien für E-Autos, den Ausbau des Ladenetzes für Elektrofahrzeuge, eine Förderung der Wasserstofftechnologie, den Ausbau erneuerbarer Energien sowie massive Hilfen für Bahn und öffentlichen Nahverkehr, um ihren Takt dichter und das Schienennetz besser zu machen. Es enthält einen Kinderbonus und gleichzeitig die Senkung der Mehrwertsteuer.
Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen sollen durch eine Absenkung der EEG-Umlage vor zu stark steigenden Stromkosten geschützt werden und die Kommunen werden im Bereich der energetischen Gebäudesanierung unterstützt. Zudem müssen die Kommunen die schwere Last der weggebrochenen Gewerbesteuereinnahmen nicht alleine schultern. Der Bund beteiligt sich hier zur Hälfte (rund 5,9 Milliarden Euro), um die Gemeinden handlungsfähig zu halten. Sie sollen auch weiter in der Lage sein, in wichtige Bereiche wie die Bauwirtschaft oder das Handwerk zu investieren.
Unterm Strich versteht die SPD dieses größte Konjunkturpaket in der Geschichte der Bundesrepublik als wichtige und kraftvolle Unterstützung in dramatischen Zeiten mit dieser Pandemie.
Mit freundlichen Grüßen
Aydan Özoguz