Frage an Aydan Özoğuz von Leonie E. bezüglich Staat und Verwaltung
Sehr geehrte Frau Özoguz,
es gibt keine Fortbildungspflicht bei Abgeordneten, hier wird häufig das freie Mandat angeführt.
Während es innerhalb der Exekutive und Judikative solche Verpflichtungen gibt (z.B. Fortbildungen für Richter in HH seit 2019, trotz richterlicher Unabhängigkeit), fehlt diese Fortbildungspflicht in der Legislativen scheinbar.
Wie stehen Sie zu verpflichtenden Fortbildungen für Abgeordnete?
Mit freundlichen Grüßen,
Leonie Engelfried
Sehr geehrte Frau Engelfried,
vielen Dank für Ihre Frage.
Zunächst ist richtig, dass Abgeordnete des Bundestages nach ihrer Wahl in ihrem Mandat frei und in erster Linie ihrem Gewissen unterworfen sind. Eine Pflicht zur Fortbildung gibt es, wie Sie richtig sagen, nicht. Ich glaube aber auch nicht, dass diese notwendig ist.
Zum einen gibt es ein bestehendes Fortbildungsangebot des Bundestages (z.B. IT-Schulungen, Sprachkurse etc.) sowohl für Abgeordnete als auch ihre Mitarbeiter, die genutzt werden. Zum anderen kann ich aus meiner Erfahrung berichten, dass ich mich - gerade auch als Wahlkreisabgeordnete - regelmäßig in neue Themenkomplexe einarbeiten muss, die von Bürgerinnen und Bürgern vorgetragen werden. Ob es Krankenkassen, die Wohnsituation, das Transplantationsgesetz oder das neue Waffengesetz betrifft - um nur ein paar Beispiele zu nennen - in allen Themen muss ich mich mit meinem Team schnell auf den aktuellen Stand bringen und auch weiterhelfen. Darüberhinaus geben Treffen und Gespräche, die wir jeden Tag mit Einzelpersonen, Verbänden, Unternehmen usw. führen, immer wieder neuen Input und praktische Einblicke, die für unsere Entscheidungen ja auch sehr wichtig sind. Wie auch andere Abgeordnete lasse ich mir darüberhinaus in manchen Bereichen auch ganze Tage die Besonderheiten des Berufsalltags zeigen, wie z. B. ein „Praktikumstag“ in einem Kinderkrankenhaus in meinem Wahlkreis.
Dass es für Richter in Hamburg seit Dezember vergangenen Jahres eine Fortbildungspflicht gibt geht übrigens damit einher, dass die Justizbehörde sich auch verpflichtet, ein entsprechendes Fortbildungsangebot bereitzustellen. Die Stadt Hamburg versucht so, die Qualität der Rechtsprechung dauerhaft zu gewährleisten, was ich grundsätzlich begrüße. Der Hauptunterschied zu Abgeordneten ist hier aber sicherlich, dass Richter ihre Tätigkeit im Dienst des Staates ausüben, was auch eine Verpflichtung erst möglich macht.
Mit freundlichen Grüßen
Aydan Özoguz