Frage an Aydan Özoğuz von Holger D. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrte Frau Özoguz,
ich wende mich an Sie, weil Sie meine Wahlkreisabgeordnete sind, und weil Sie Mitglied der Bundesregierung sind.
Ich gehöre zu den von VW Betrogenen. Ich habe seinerzeit bewusst ein Dieselfahrzeug von VW erworben, weil ich einen Wagen mit geringem Schadstoffausstoß haben wollte. Ich habe den Versprechungen von VW geglaubt und deswegen deutlich mehr Geld für den Kauf aufgewendet, als ich es sonst getan hätte. VW baute in den Wagen eine Betrugssoftware ein, sodass der Wagen im Alltagsbetrieb eine Dreckschleuder ist. Ich werde deswegen gegen VW auf Rücknahme des Fahrzeugs klagen.
Nun unterstützt die Bundesregierung, der Sie angehören, VW dergestalt, dass der Firma durch das Umweltbundesamt folgende Lösung erlaubt wird: Durch ein einfaches Softwareupdate werden angeblich alle Probleme gelöst. Da dies technisch nicht funktioniert, bekommt VW eine „Ausnahmegenehmigung“, nach der die erlaubten Schadstoffwerte immer noch um das bis zu fünffache überschritten werden dürfen. Dies verschlechtert meine Stellung als Kläger vor Gericht erheblich. Gleichzeitig wird auch in unserer beider Heimatstadt Hamburg von der Landesregierung ein Fahrverbot für Dieselfahrzeuge wie meines diskutiert. Ich werde also mein Fahrzeug nicht mehr uneingeschränkt nutzen können.
Meine erste Frage an Sie ist: Warum unterstützt die Bundesregierung die Betrüger und nicht die betrogenen? Ich wäre nicht zufrieden, wenn Sie in Ihrer Antwort nur auf die Zuständigkeit von Minister Dobrindt (CSU) hinweisen würden. Eine Regierung verantwortet solche Maßnahmen gemeinschaftlich.
Meine zweite Frage an Sie ist: Falls die SPD die nächste Bundestagswahl gewinnen sollte, kann ich dann damit rechnen, dass ich als von VW Betrogener von der Regierung mehr Unterstützung erhalte?
Mit freundlichem Gruß aus Hamburg-Oldenfelde
Holger Dierks
Sehr geehrter Herr Dierks,
vielen Dank für Ihre Frage zur Unterstützung von Betroffenen des Abgasskandals. Ganz sicher sind die Leidtragenden in dieser Angelegenheit in erster Linie Verbraucherinnen und Verbraucher wie Sie. In gutem Glauben an die Umweltfreundlichkeit haben sich viele Menschen einen Diesel gekauft und stehen nun noch immer vor vielen ungeklärten Fragen. Die Bundesregierung hat sich daher gegenüber Volkswagen besonders für die Belange der Verbraucherinnen und Verbraucher eingesetzt. So wurde VW verpflichtet, innerhalb eines festen Zeitrahmens betroffene Fahrzeuge auf eigene Kosten gesetzeskonform umzurüsten. Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) hat die Beseitigung der Abschalteinrichtung für jedes Fahrzeugmodell geprüft. Alle umgerüsteten Fahrzeuge entsprechen somit wieder der Typgenehmigung und können weiter genutzt werden, ohne dass Nachteile beim Verbrauch oder der Leistung entstehen. Im Übrigen hat VW keine Ausnahmegenehmigung erhalten. Vielmehr wurde mit dem vom KBA freigegebenen Softwareupdate sichergestellt, dass die betroffenen PKW die Messwerte auf dem Rollenprüfstand und damit die Anforderungen der Typgenehmigung einhalten. Im realen Fahrbetrieb auf der Straße sind die Stickoxidwerte bei Diesel-PKW generell jedoch deutlich höher. Um dieses Problem zu lösen, wurde auf EU-Ebene ein völlig neues, technisch sehr anspruchsvolles Messverfahren entwickelt und eingeführt. Künftig müssen Schadstoffwerte bei der Typgenehmigung sowohl im Labor als auch auf der Straße eingehalten werden.
Die Bundesregierung konnte von VW außerdem eine Erklärung einfordern, auf die Einrede der Verjährung bis Ende 2017 zu verzichten, so wurde den Käufern und Käuferinnen betroffener Fahrzeuge über die gesetzliche Frist hinaus die Möglichkeit gegeben, ihre Ansprüche gegen VW gerichtlich geltend zu machen. Eine pauschale Schadensersatzzahlung (wie in den USA) ist zwar bei uns nicht durchsetzbar. Allerdings haben bereits mehrere Gerichte in Deutschland Ansprüche auf Schadensersatz zugesprochen. Verbrauchende sind in Europa also keineswegs rechtlos. Der im Bundestag eingesetzte Untersuchungsausschuss zum Abgasskandal empfiehlt jedoch, die Durchsetzung von Verbraucherrechten zu vereinfachen. Dies kann mit der Einführung der Musterfeststellungsklage gelingen. Leider wurde der entsprechende Gesetzentwurf von Heiko Maas in dieser Wahlperiode von der Union blockiert (siehe hierzu die Pressemitteilung meiner FraktionskollegInnen Eva Högl und Johannes Fechner: http://www.spdfraktion.de/presse/pressemitteilungen/musterfeststellungsklage-blockade-union-affront-gegen-verbraucherinnen ).
Mit freundlichen Grüßen
Aydan Özoğuz, MdB