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Aydan Özoğuz
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Frage von Fred K. •

Frage an Aydan Özoğuz von Fred K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Özoğuz,

in der FAS vom 28.05.2017 erfolgte unter der Überschrift "Berlin gehört den Clans" ein tendenziöser Artikel zum Thema Bandenkriminalität in der Berlin, der, ohne Beweise zu nennen, bestimmte Bevölkerungsgruppen einseitig vorverurteilte. Was werden Sie, als Bundesbeauftragte, sowie der Bundesjustizminister unternehmen, um diese Art von Berichterstattung zu unterbinden? Gilt für Teile der Bevölkerung nicht mehr die Unschuldsvermutung? Oder treffen die gemachten Aussagen zu und es gehen Kinder bestimmter Familien in Berlin in den Supermarkt, packen einige Einkaufswagen voll und gehen, ohne zu bezahlen, mit der stillschweigenden Androhung körperlicher Gewalt gegen Mitarbeiter?
Sehen Sie als Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration auch die im Artikel skizzierte Gefahr, dass syrische Flüchtlinge, wenn ihre Wünsche und Erwartungen nicht erfüllt werden, in grosser Zahl Teil der organisierten Kriminalität werden?

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Katz,

vielen Dank für Ihre Fragen.

Zunächst einmal muss ich betonen, dass ich als Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration natürlich keinen Einfluss auf mediale Berichterstattung nehmen, geschweige denn Artikel unterbinden kann. Gleichzeitig empfinde ich den an mancher Stelle des Artikels angeschlagenen Ton auch als befremdlich oder zumindest unglücklich. Es mag ja durchaus Einzelfälle von Supermarktdiebstählen oder ähnlichem geben, die wie im Artikel beschrieben ablaufen. Das Gefühl zu vermitteln, es handle sich dabei um regelmäßige und normalisierte Vorgänge, gegen die weder Polizei noch Ladeninhaber sich zu wehren wüssten, halte ich jedoch nicht nur für überzogen sondern auch für gefährlich. Dass zudem keine konkreten Belege oder Quellen für das Beobachtete genannt werden, macht es nicht besser. Da stimme ich Ihnen zu.

Auch sehr pauschale Aussagen wie „Und immer sitzen junge, dunkelhäutige, bärtige Männer am Steuer“ befördern sicherlich Vorbehalte und pauschale Diskriminierung. In einer Reportage wäre eigentlich etwas mehr Sachlichkeit und Differenzierung wünschenswert. Letztendlich sind reißerische Artikel wie dieser aber im Rahmen unserer Presse- und Meinungsfreiheit zulässig.

Auch die Prognosen des Autoren, syrische Flüchtlinge könnten sich innerhalb weniger Jahre und in großer Zahl mit kriminellen Akteuren zusammenschließen oder neue „Clans“ gründen, sehe ich als Teil der sehr skandalisierenden Berichterstattungsform. Ich habe ausdrücklich keinerlei Zweifel daran, dass es diese Formen der organisierten Kriminalität, auch unter Beteiligung von Banden und Großfamilien bspw. libanesischer Herkunft in Berlin und anderen Großstädten Deutschlands gibt. Eine vollkommene Machtlosigkeit von Polizei und Justiz zu zeichnen, halte ich aber für ebenso verzerrend, wie eine große Anfälligkeit von syrischen Flüchtlingen in den Raum zu stellen, für die es keine Anhaltspunkte gibt.

Letztlich nehme ich in meiner Funktion als Beauftragte nahezu täglich Stellung zur Situation von Flüchtlingen oder Eingewanderten – nicht immer wird dies auch aufgegriffen und veröffentlicht.

Mit freundlichen Grüßen

Aydan Özoğuz, MdB

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