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Aydan Özoğuz
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Frage von Antje-Monika A. •

Frage an Aydan Özoğuz von Antje-Monika A. bezüglich Wirtschaft

wie stehen Sie zu TTIP und CETA?

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Ahrens,

vielen Dank für Ihre Frage zu den Handelsabkommen TTIP und CETA, auf die ich gerne antworten möchte.

Dass die ohnehin schon intensiven Investitions- und Handelsbeziehungen zwischen Kanada bzw. USA und der Europäischen Union durch umfassende Abkommen gestützt werden sollen, ist grundsätzlich nichts Schlechtes. Unsere exportorientierte Wirtschaft - und das betrifft vor allem auch kleine und mittelständische Betriebe - würde mit den Abkommen einen verbesserten Marktzugang für Industriegüter, landwirtschaftliche Produkte und Dienstleistungen erhalten. Es geht entgegen vieler Behauptungen auch nicht um die Absenkung von Standards, sondern um eine Vereinfachung des Exports bei Beibehaltung oder Verbesserung der Standards. Rote Linien dürfen dabei allerdings nicht überschritten werden. Die Arbeitnehmerrechte und Arbeitsstandards, das Recht der Mitbestimmung, der Betriebsverfassung und der Tarifautonomie dürfen nicht in Frage gestellt werden. Dies heißt: Nationale Gesetze oder Vorschriften eines EU-Mitgliedsstaates für Beschäftigung oder soziale Sicherungsmaßnahmen, die Vorschriften über Lohnverhandlungen, das Streikrecht, Mindestlöhne und Tarifverträge bleiben unberührt. Schmutzigen Wettbewerb durch Lohndumping wollen wir nicht. Es soll ein Mechanismus zur wirksamen Anwendung der ILO-Kernarbeitsnormen in einem eigenen Kapitel geschaffen werden. Bestimmungen zur Unterstützung international anerkannter Standards zur verantwortlichen Unternehmensführung (CSR-Standards) dürfen ebenso nicht fehlen. Die Daseinsvorsorge darf nicht gefährdet werden. Einen direkten oder indirekten Zwang zu Privatisierungen wird es nicht geben. Wenn unterschiedliche Schutzniveaus existieren, dürfen diese durch das Abkommen nicht nivelliert werden. Dies betrifft zum Beispiel den Umwelt- und Verbraucherschutz oder auch den Datenschutz. Das Abkommen soll durch hohe Standards für Verbraucherschutz, Nachhaltigkeit und die Berücksichtigung von Arbeitnehmerinteressen Maßstäbe für andere Handelsabkommen setzen.
Trotzdem kann ich viele weitere Kritikpunkte an den Verhandlungen, wie die zu Beginn mangelnde Transparenz oder ungeklärte Fragen der nationalen Mitbestimmungsmöglichkeiten, gut nachvollziehen. Der wohl am häufigsten in den vergangenen Wochen und Monaten an mich herangetragene Kritikpunkt betrifft den Streitschlichtungsmechanismus für Investorenklagen in CETA und TTIP. Während in anderen Ländern der Europäischen Union dieses Instrument als sehr wünschenswert betrachtet wird, sorgt es innerhalb der deutschen Bevölkerung für Kritik. Wir sind grundsätzlich der Auffassung, dass Investitionsschutzbestimmungen in diesen Abkommen entbehrlich sind. Allerdings zeigt ein aktuelles Gutachten des Bundeswirtschaftsministeriums, dass die Investitionsschutzbestimmungen in CETA weit hinter dem Schutz für Investoren im deutschen Verfassungsrecht und auch dem EU-Unionsrecht zurückbleiben. Insbesondere ist im CETA-Entwurf eine Regelung enthalten, der zufolge nicht-diskriminierende staatliche Maßnahmen im öffentlichen Interesse, wie z.B. Umwelt oder Gesundheitsschutz, im Grundsatz keine entschädigungspflichtige indirekte Enteignung darstellen. Ausnahmsweise kann dies nur dann der Fall sein, wenn diese Maßnahme „manifest unverhältnismäßig“ ist. In diesem Fall wäre auch nach deutschem Recht ein Schadensersatz fällig.
Die Europäische Kommission hat im CETA-Abkommen bereits erste Schritte hin zu einem modernen Investitionsschutz eingeschlagen. Dennoch halten wir die Rechtssysteme in den USA und Kanada für grundsätzlich vergleichbar mit denen der EU und daher Investor-Staat-Schiedsverfahren für Auslandsinvestitionen für nicht erforderlich. Das derzeitige Recht des internationalen Investitionsschutzes und die darauf beruhende Schiedsgerichtsbarkeit bedürfen aus Sicht der SPD-Bundestagsfraktion jedenfalls einer umfassenden Reform. Die Handelskommissarin Cecilia Malmström hat bei der Vorstellung der Konsultationsergebnisse bereits konkrete Punkte angesprochen, zu denen die Kommission Vorschläge unterbreiten wird. Auch wir in der SPD entwickeln Vorschläge zur Modernisierung des Investitionsschutzes insbesondere durch Verbesserung der Transparenz, Sicherstellung der Unabhängigkeit der Schiedsgerichte und der Möglichkeit einer Berufungsinstanz, um rechtsstaatliche Grundsätze in Schiedsgerichtsverfahren zu gewährleisten. Die Einrichtung eines „Internationalen Handelsgerichtshof“ wäre aus Sicht der SPD eine gute Lösung. Ein entsprechendes Konzept wurde von Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel und anderen führenden europäischen Sozialdemokraten vorgelegt: http://www.spd.de/linkableblob/127484/data/20150223_ceta_isds_papier_madrid.pdf
Ich hoffe, Ihnen mit meinen Schilderungen meine und die Position der SPD-Bundestagsfraktion etwas verdeutlicht zu haben. Gerne möchte ich Sie in diesem Zusammenhang auch auf die ausführliche Debatte von Bundestagsfraktion und Partei auf der Freihandelskonferenz aufmerksam machen, die am 23. Februar 2015 in Berlin stattgefunden hat und deren wesentlichen Inhalte auf http://www.spd.de/aktuelles/127486/20150223_spd_freihandelskonferenz.html zusammengefasst sind.

Mit freundlichen Grüßen

Aydan Özoğuz, MdB

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