Frage an Aydan Özoğuz von Jürgen K. bezüglich Gesundheit
Guten Tag sehr geehrte Frau Özoğuz,
wie man heute aus der Presse erfahren kann, hat sich ihr Parteigenosse Olaf Scholz offenbar entschlossen, den Vorschlägen der ExxonMobile zu entsprechen und das Fracturing auf städtischem Boden mit den bekannten Argumenten der "bergrechtlichen Zwänge" zu ermöglichen.
Da ich seit vielen Jahren gegen die Grundwasservergiftungs- und Bodenzerstörungspolitik der niedersächischen Besitzstands- und Klientelinteressenpolitikvertreter im Rahmen meiner Möglichkeiten zu bekämpfen bemüht bin, stellt sich mir heute die Frage, ob die hinter- resp. untergründigen Vernetzungen von Herrn Scholz zu seinen Bilderbergkonferenzkontakten hier möglicherweise die gleiche Rolle spielen könnten, wie dies in Niedersachsen im Bereich der Begünstigungs- und Subventionierungspolitik zu Gunsten der Erdöl-/Erdgaskonzerne, der Atommüllentsorgungsunternehmen, der Masttierfleichproduktionskonzerne und der Güllegroßproduktionsindustrie der sogen. Biogasanlagenbetreiber seit vielen Jahren so erfolgreich der Fall gewesen ist.
Da sich für mich aus diesen "politischen Machenschaften" ganz explizit Grundgesetzverletzungspolitik ergibt, würde mich Ihre Position zu dieser Entwicklung interessieren und zu welchen Schritten Sie sich entschließen werden, um die Bürger der Stadt vor einer derartige Existenzbedrohungspolitik zu bewahren. Meine persönliche Wahlentscheidung und meine maßgeblichen Beeinflussungsmöglichkeiten auf die Wahlentscheidungen meiner Familienmitglieder wird von Ihrer Antwort entscheidend beeinflusst.
Mit herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit und Antwort verbleibe ich
mit freundlichem Gruß
Jürgen Klinger
Sehr geehrter Herr Klinger,
vielen Dank für Ihre Frage zum Thema Fracking in den Vierlanden. Ich möchte Sie zunächst wie schon in meiner Antwort auf Ihre Frage zur Altenpflege darauf hinweisen, auf sensible Sprache zu achten. Von „politischen Machenschaften“ oder „Grundgesetzverletzungspolitik“ zu sprechen, finde ich nicht angebracht.
Natürlich kann ich Ihre Besorgnis und Ihren Ärger zum Thema Fracking in den Vierlanden gut nachvollziehen. Das Fracking ist eben eine Methode der Gasförderung, über dessen Risiken und Auswirkungen auf die Umwelt weitestgehend noch sehr wenige Erkenntnisse gewonnen werden konnten, und die viele Bürgerinnen und Bürger zurecht kritisch sehen. Das ist auch bei uns Sozialdemokraten so.
Nach jahrelangem Nichtstun hat Schwarz-Gelb Ende Februar 2013 dagegen im Schnellverfahren eine Schmalspurregelung für das Fracking vorgelegt, das aber selbst in der CDU-Bundestagsfraktion auf so massiven Widerstand stößt, dass es von der Tagesordnung des Bundekabinetts vom 15. Mai 2013 heruntergenommen werden musste.
Bundesumweltminister Altmaier und Bundeswirtschaftsminister Rösler hatten sich auf ein Gesetz geeinigt, das Fracking grundsätzlich erlauben soll. Dort steht zwar eine strikte Umweltverträglichkeitsprüfung für zukünftige Förderungen drin, aber die Regelungen bleiben größtenteils hinter den Anforderungen zurück, darum hätte die SPD-Fraktion auch nicht zugestimmt. Der Bundesregierung scheinen beim Fracking wirtschaftliche Interessen vor den Schutz von Mensch und Umwelt zu gehen. Vollkommen falsch ist zum Beispiel, dass die Bundesregierung in Bohrfeldern, für die es bereits einen Rahmenbetriebsplan gibt, keine Umweltverträglichkeitsprüfungen anstrebt. Keine Aussage findet sich beim Gesetzentwurf der Bundesregierung zu giftfreien Frackfluiden, die bereits von den Bohr-Unternehmen selbst in Aussicht gestellt wurden. Auch ein Verbot des Verpressens der Rückflüsse in den Untergrund fehlt. Damit ist die Vorlage der Bundesregierung, sofern das Bundeskabinett diese irgendwann verabschieden wird, für uns Sozialdemokraten nicht zustimmungsfähig – auch nicht im Bundesrat, wo wir den Unsinn aufhalten würden.
Die von SPD und Grünen geführten Landesregierungen hatten im Bundesrat nach ausführlicher Debatte und auf Grundlage der bisher bekannten Gutachten zum Fracking am 1. Februar 2013 eine klare Entschließung (Bundesratsdrucksache 754/12; http://www.bundesrat.de/cln_330/nn_2372724/SharedDocs/Drucksachen/2012/0701-800/754-12_28B_29,templateId=raw,property=publicationFile.pdf/754-12%28B%29.pdf ) durchsetzen können: Darin ist ein Moratorium gefordert („auf Grund der aktuellen wissenschaftlichen Datenlage ist es nicht verantwortbar, zu diesem Zeitpunkt Vorhaben zur Aufsuchung und Gewinnung von Erdgas aus unkonventionellen Lagerstätten mit dem Einsatz der Fracking-Technologie mit umwelttoxischen Chemikalien zu genehmigen“) und wissenschaftlich begleitete Einzelbohrungen, deren Auswirkungen dann ausführlich ausgewertet werden können.
Es stimmt nicht, dass Hamburgs Bürgermeister Scholz das Fracking in den Vier-und Marschlanden bereits genehmigt und ermöglicht hätte. Es wurde bisher lediglich vom zuständigen niedersächsischen Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie eine befristete Genehmigung zur Prüfung erteilt, ob es in den Vierlanden überhaupt nennenswerte Gasvorkommnisse gibt. Der Hamburger Senat unterstützte ausdrücklich den von mir zitierten Bundesratsbeschluss. Hamburgs Umweltsenatorin Jutta Blankau sagte im März 2013 zum Thema Fracking, dass sich Wirtschaftsbehörde und Umweltbehörde völlig einig seien, dass mit dem heutigen Wissen und angesichts der noch nicht abgeschlossenen Klärung möglicherweise bestehender Risiken derzeit ein Antrag, auf Hamburger Gebiet Erdgas mittels Fracking zu fördern, keine Aussicht auf Erfolg haben würde.
Und auch in unserem SPD-Wahlprogramm für die Bundestagswahl 2013 steht: „Wir setzen uns für einen Verzicht des Einsatzes von Fracking ein, bis alle Risiken für Gesundheit und Umwelt bewertet und ausgeschlossen wurden. Dieses Moratorium soll solange gelten, bis Fracking-Methoden ohne den Einsatz giftiger Chemikalien, die zu einer schädlichen Veränderung des Grund- und Trinkwassers führen, zur Verfügung stehen.“
Ich hoffe, Ihnen Ihre Frage ausreichend beantwortet zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Aydan Özoguz, MdB