Frage an Aydan Özoğuz von Holger S. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrte Frau Özoğuz,
nach mehreren Fragen bezüglich Lohndumping durch Leiharbeit und Subunternehmer hier auf Abgeordnetenwatch, möchte ich Sie zu dieser Frage befragen.
In Hamburg ist beispielsweise das Thema Leiharbeit bei Asklepios ein großes Thema, wo ganze Abteilungen durch Leihfirmen wie die PSG oder Fremdfirmen wie die Asklepios Dienstleistungsgesellscaft besetzt werden.
Soeben sah ich die Reportage "45 Min - Die Paketsklaven" des NDR (online unter http://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/45_min/videos/minuten393.html ). Auch bei DHL/ Post werden Mitarbeiter durch Subfirmen eingesetzt. Im Arbeitsvetrag heißt es gesetzeswidrig "Das Entgelt von 1200€ (brutto) wird bei mindestens 40 Stunden pro Woche ausbezahlt. Der Arbeitnehmernehmer verpflichtet sich unbezahlte Überstunden in nicht festgelegter Höhe, soweit erforderlich zu leisten." Als der Reporter in der Reportage sich beim Chef über die Arbeitsbedingungen beschwerte und ansprach einen Betriebsrat gründen zu wollen, erhielt er sofort die fristlose Kündigung. Soweit zum Thema Arbeitnehmerschutz (bitte die Reportage ansehen).
Deutschland wird eine Zweiklassengesellschaft mit immer mehr Reichen und vor allem immer mehr armen Menschen. Die wie in der Reportage gezeigt wird trotz harter Arbeit in mehr als 40h nicht leben können.
In Luxemburg und Australien gilt nach Wikipedia ein Stundenlohn von knapp über 10€.
Wie stehen Sie und die SPD zum Thema Mindestlohn? Können Sie sich eine Höhe wie in Luxemburg und Australien vorstellen?
Was werden Sie persönlich tun um die Ausbreitung der Leiharbeit und den Einsatz von weiteren Subunternehmern zu verhindern?
Wie kann die Stadt Hamburg als Teilhaber von Asklepios, einen solch großen Einsatz von Leiharbeitern und Subunternehmern unterstützen/ zulassen? Details bei der Seite von Herrn Egloff.
Bitte tun Sie etwas gegen diese Zwei-Klassen Gesellschaft, in der man trotz Vollzeitberuf nicht von dem Lohn Leben kann.
Mit freundlichen Grüßen
Holger Stahmer
Sehr geehrter Herr Stahmer,
vielen Dank für Ihre Frage zur Zeit- bzw. Leiharbeit.
Den Beitrag des NDR zu den Paketdienstleistern habe ich zur Kenntnis genommen und es hat mich tief bewegt, unter welchen Bedingungen Leiharbeiter dort bisweilen arbeiten sollen.
Wir nehmen schon seit geraumer Zeit sehr besorgt wahr, dass Leiharbeit zunehmend als Instrument zu Tarifflucht und Lohndrückerei genutzt wird, um Stammbelegschaften Zug um Zug durch Leiharbeitnehmer zu ersetzen und die Lohnkosten zu senken. Auf dem SPD-Bundesparteitag vom 4. Dezember 2011 haben wir deshalb noch einmal bekräftigt, dass wir das mitunter große Einkommensgefälle und die in der Regel schlechteren Arbeitsbedingungen bei Leiharbeitnehmerinnen und -arbeitnehmern nicht hinnehmen wollen. Das muss sich ändern!
Wie Sie vielleicht wissen war es die SPD, die gegen den langen Widerstand von CDU/CSU und FDP durchgesetzt hat, dass eine Lohnuntergrenze für den Bereich der Leiharbeit gelten wird. Das ist gut, reicht aber nicht aus. Wir wollen, dass der Grundsatz, „gleiches Geld für gleiche Arbeit“ am gleichen Ort für Stammbeschäftigte und Leiharbeiter endlich ohne Ausnahme gelten muss.
Darüber hinaus setzt sich die SPD zusammen mit den Gewerkschaften für einen allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro/Stunde ein. Es ist doch das Verständlichste der Welt, dass ein Mensch, der Vollzeit arbeitet, von seinem Lohn leben können und nicht ergänzend auf Hilfe des Staates angewiesen sein muss. Wie beim Mindestlohn in der Zeit- bzw. Leiharbeit haben wir in der SPD in den letzten Jahren konsequent jede sich bietende Gelegenheit ergriffen, um die Ausweitung branchenbezogener Mindestlöhne gegen die CDU/CSU durchzusetzen, mussten das aber Branche für Branche abtrotzen. Ein allgemeiner Mindestlohn ist, wie Sie sich vorstellen können, in den Verhandlungen mit der CDU/CSU in den letzten Jahren leider noch nicht gelungen, hier müssen die Wählerinnen und Wähler bei der nächsten Bundestagswahl mit ihrem Kreuz an der richtigen Stelle nachhelfen.
Die im November 2011 von der CDU verkündeten Pläne für “Lohnuntergrenzen“ werden an dieser Einschätzung nichts ändern, wenn man sich den Beschluss ganz genau durchliest. Mit einem allgemeinen Mindestlohn dieser nämlich nichts zu tun.
Bei Asklepios war es der CDU-geführte Senat unter Ole von Beust, der den Verkauf damals durchsetzte – gegen den erbitterten Widerstand der SPD-Bürgerschaftsfraktion. Seitdem machen sich dort die von mir eingangs beschriebenen Entwicklungen breit. Unsere Anträge im Deutschen Bundestag zur Verbesserung der Bedingungen von Zeit- bzw. Leiharbeitnehmern hat die Regierungskoalition allesamt abgelehnt.
Mit freundlichen Grüßen
Aydan Özoğuz, MdB