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Axel Knoerig
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Frage von Harm E. •

Frage an Axel Knoerig von Harm E. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Guten Tag Herr Knoerig,
ich möchte gern von Ihnen wissen, wie Sie zum Thema Krieg und Frieden stehen? Und zwar insbesondere zu den NATO-Aktivitäten, die sich seit der deutschen Wiedervereinigung in Süd-Ost-Europa, im Nahen Osten, Nordafrika und Afghanistan entwickelt haben. Wenn ich richtig informiert bin, sind die Aktivitäten der NATO in den Ländern dieser Regionen nicht durch das Völkerrecht gedeckt. Somit befindet sich Deutschland in einer heiklen Situation, da unser Grundgesetz - meiner Meinung nach - ein Engagement der Bundeswehr nur erlaubt, wenn der Verteidigungsfall vorliegt. Und das ist offensichtlich nicht der Fall gewesen.
Wie haben Sie bei den Entscheidungen des Bundestages zu den Einsätzen in Afghanistan, Syrien, dem damaligen Jugoslawien abgestimmt? Wenn Sie diesen Einsätzen zugestimmt haben, würde ich gern ihre Begründung erfahren.

Es ist ja nicht ganz abwegig, dass zukünftig die militärischen Auseinandersetzungen in den von mir genannten Regionen noch weiter eskalieren und unser Land in einen Krieg hineingezogen wird. Darum ist für mich auch die Postion der Kandidaten für den nächsten Bundestag von besonderer Bedeutung.

Mit freundlichen Grüßen

H. E.

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Sehr geehrter Herr E.,

haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage vom 30. August zu den Einsätzen der NATO.

Zu Ihrer Frage: Die NATO-Einsätze in Süd-Ost-Europa, Nordafrika, Afghanistan sind alle völkerrechtlich abgesichert. Der Einsatz der NATO erfolgt durch Artikel V NATO-Vertrag, der eine Beistandspflicht aller Bündnispartner vorsieht, wenn einer der Bündnispartner im Sinne von Art. 51 UN-Charta angegriffen wird. Art. 51 der UN-Charta gibt jedem Mitglied ein Recht auf Selbstverteidigung gegen einen bewaffneten Angriff, bis der UN-Sicherheitsrat geeignete Maßnahamen zur Sicherung des internationalen Friedens getroffen hat. Als völkerrechtliche Grundlage gelten die Resolutionen des UN-Sicherheitsrates. Alle von Ihnen genannten NATO-Einsätze sind völkerrechtlich legitimiert, hier gibt es keine rechtsfreien Räumen. Bei ISAF (International Security Assistance Force) in Afghanistan ist es beispielsweise die Resolution 1386 (2001) des UN-Sicherheitsrates, wonach die NATO die Führung hat und Staaten wie Deutschland, das Vereinigte Königreich, Kanada und die Türkei unterstützen. Der Einsatz endete am 31. Dezember 2014.

Für den Auslandseinsatz der Bundeswehr gilt nicht der Verteidigungsfall nach Art. 115a Grundgesetz, sondern das Grundsatzurteil des Bundesverfassungsgerichtes vom 12. Juli 1994, wonach für Auslandseinsätze Art. 24 Absatz 2 Grundgesetz herangezogen wird. Art. 24 Abs. 2 GG kommt zum Einsatz, wenn es sich um friedenssichernde Einsätze im Rahmen kollektiver Sicherheitssystem wie der UN, der NATO und mittlerweile auch der EU (Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik, GSVP) handelt. Ebenso gilt Art. 87 a GG, nachdem der Einsatz nach Haushaltsplan erfolgt und dem Parlamentsvorbehalt unterstellt ist.

Ich möchte aber darauf hinweisen, dass die Einsatzszenarien der Bundeswehr im Ausland unterschiedliche Fallkonstellationen hatten, die aber alle grundgesetzkonform sind.
Art. 24 Abs. 2 GG kommt dann zum Zuge, wenn es sich um klassische friedenssichernde Einsätze im Rahmen kollektiver Sicherheitssysteme wie der UN und der NATO handelt. Solchen Einsätzen liegt ein entsprechendes Mandat des UN.Sicherheitsrates zugrunde, das durch die NATO bzw. die EU ausgeführt wird. Der größte Teil der Einsätze der Bundeswehr betraf bislang ein solches Einsatzszenario.

Im Kontext der kollektiven Verteidigung kann Art. 24 Abs. 2 GG die geeignete Rechtsgrundlage sein, wenn eine entsprechende Mandatierung durch den UN-Sicherheitsrat vorliegt. So etwa die Operation „Enduring Freedom“, dem der NATO-Bündnisfall zu Grunde lag oder wenn das Verteidigungsbündnis selbst handelt.

Aber es bleiben zunehmend Einsatzszenarien, in denen die Bundeswehr unilateral (Evakuierungseinsätze) oder aber multilateral, jedoch außerhalb eines kollektiven Sicherheitssystems handelt, z.B. weil kein Mandat des UN-Sicherheitsrates vorliegt wie im Falle des Ausbildungseinsatzes der Bundeswehr in Erbil / Irak 2015 oder weil das Mandat keine ausdrückliche Ermächtigung zum Waffeneinsatz enthält, wie im Fall des Tornado-Einsatzes gegen den „IS“ in Syrien.
In diesen Fällen bieten Art. 87a Abs. 2 GG (in Verbindung mit Art. 51 UN-Charta) eine klare verfassungsrechtliche Grundlage für die kollektive Selbstverteidigung in Gestalt der Nothilfe zugunsten eines NATO-Bündnispartners, eines EU-Mitgliedsstaates oder eines nicht verbündeten Drittstaates.

Sie fragen nach meinen Abstimmungen: Zum Zeitpunkt des Einsatzes der UN-Blauhelm-Mission in Jugoslawien Mitte der 199er Jahre war ich noch kein Bundestagsabgeordneter. Zu den ISAF-Mandaten in Afghanistan gab es Abstimmgen im Bundestag am 18. November 2009, am 09. Februar 2010, am 13. Januar 2011, am 25. März 2011, am 14 Dezember 2011, am 18. November 2012, am 5. Februar 2014, am 19. November 2014 und zuletzt am 18. November 2015, an denen ich teilgenommen habe. Zum Bundeswehreinsatz gegen den IS in Syrien war die Abstimmung am 4. Dezember 2015.

Ich habe allen Einsätzen zugestimmt, weil ich hinter dem Auftrag der Bundeswehr stehe. Ich bin selber aktiver Oberstleutnant der Reserve und absolviere jedes Jahr Reserveübungen.

Mit besten Grüßen

Axel Knoerig MdB

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