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Andreas Stoch
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Frage von Edgar R. •

Frage an Andreas Stoch von Edgar R. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Herr Stoch,

herzlichen Dank an Sie für die Möglichkeit, zu einem wesentlichen Thema, Fragen stellen zu können!
Meine zwei brennendsten Fragen zum Friedensbeitrag: Wie können Sie sich in Gegenwart von unserer Generation, den negativen Politikwechsel gegenüber von Russland und China erklären? Und welche gegensteuernden Maßnahmen unternimmt Ihre Partei, z. B. im Bund, um eine brandgefährliche Konfliktsituation für die nahe Zukunft abzuwenden?

Diese Fragestellung beruht natürlich unter der Berücksichtigung von einigen bekannten Stolpersteinen und Reibungspunkten innerhalb der Ost-Westbeziehungen, welche zu den bekannten Gegenargumenten führten.
Wenn man diese einmal nach Ost-West gegeneinander aufrechnet, findet man erstaunlicherweise mehr irritierende Fakten auf Seiten des Westens.

Begleitgedanken zu den Fragen an Sie:
Besonders die älteren, „kriegsnäheren“ Generationen wundern sich, warum man seit einigen Jahren einen solchen offensichtlichen Politikwechsel durch die westliche Seite vollziehen konnte.
Ist es nicht so, dass die stetig gebrauchten Argumente von unserer Seite die Friedensbewegungen haben ermüden lassen?
Ist es nicht so, dass wir aus der Geschichte diese Form von kurzsichtigen Argumenten vor vielen Kriegsausbrüchen kennen?
Ist es nicht so, dass Beziehungspflege mehr hilft, als Vorhaltungen, Aufrechnungen, Einmischungen, Druck und ständig neue Sanktionen?
Ist es nicht so, dass man zur wahren Konfliktlösung, Ehrlichkeit und Akzeptanz vorweisen muss, um gemeinsam von einem Ausgangspunkt starten zu können??
Ist es nicht so, dass alleine der Wille zum Ziel eines gemeinsamen Friedens die entscheidende Basis bietet, ohne Voreinstellungen??
Warum haben die alten warnenden Sätze, wie z. B., „nie wieder Krieg“, ihre Greifbarkeit und Wirkung verloren?

Über eine Antwort freue ich mich!

In Hochachtung

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Reinbold,

danke für Ihre Nachricht.

Die Beziehungen zu Russland und China stehen aufgrund der hervorgehobenen Bedeutung, die die beiden Länder für Deutschland und die Europäische Union haben, selbstverständlich im Hauptfokus sozialdemokratischer Außenpolitik – auch wenn ich mich als Landespolitiker schwerpunktmäßig auf die Landespolitik und ihre Zuständigkeit für unser Bundesland Baden-Württemberg konzentriere.

Leider befinden wir uns gerade in einer tiefen Vertrauenskrise zwischen dem Westen und Russland. Der Besuch von Josep Borrell, dem Hohen Vertreter der EU für Außen- und Sicherheitspolitik, in Moskau zeigte erneut, dass mit der aktuellen russischen Führung keine strategische Partnerschaft möglich ist. Russland hat mit der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim und der Unterstützung der Separatisten in der Ostukraine gegen leitende Prinzipien unserer europäischen Sicherheits- und Friedensordnung – wie die Unverletzlichkeit von Grenzen und die Souveränität anderer Staaten – verstoßen. Von den Giftattacken auf Alexei Nawalny und die Skripals über den Tiergartenmord im Herzen unsere Hauptstadt bis zum Hackerangriff auf den Deutschen Bundestag – die Vielzahl an schrecklichen Taten hat das Verhältnis zwischen Russland und dem Westen schwer beschädigt. Trotzdem dürfen wir die Brücken nach Russland nicht einreißen lassen. Der Dialog zwischen unseren Gesellschaften, aber auch der zur russischen Führung bleibt wichtig. Denn wir brauchen weiterhin die Kooperation mit dem Kreml, wenn wir etwa bewaffnete Konflikte wie in Libyen oder Syrien nachhaltig lösen wollen. Die SPD-Bundestagsfraktion hat sich im Jahr 2018 mit der Frage beschäftigt, welche Auswege es aus der tiefen Vertrauenskrise zwischen dem Westen und Russland gibt, wie also heute eine neue Ostpolitik aussehen könnte, die den veränderten Rahmenbedingungen Rechnung trägt. Das Produkt dieses Arbeits- und Denkprozesses ist das Positionspapier mit dem Titel: „Dialog – Vertrauen – Sicherheit. Voraussetzungen und Impulse für eine zeitgemäße sozialdemokratische Entspannungspolitik“, das ich hier gerne für Sie verlinke: https://www.spdfraktion.de/system/files/documents/positionspapier-spdfraktion-dialog-vertrauen-sicherheit-20181009.pdf

Der Blick nach Fernost zeigt ein China, das immer selbstbewusster seine nationalen Interessen auf der internationalen Bühne durchsetzt. Auch China ist für uns ein wichtiger Partner, mit dem sich die Zusammenarbeit bei vielen Themen lohnt – und zwar für beide Seiten. Denn nur gemeinsam werden wir die globalen Probleme unserer Zeit lösen, wie den Klimawandel oder globale Gesundheitskrisen wie die aktuelle Corona-Pandemie. China ist für uns aber ein auch wirtschaftlicher und technologischer Wettbewerber. Und in der aktuellen Corona-Krise zeigt sich einmal mehr, dass China darüber hinaus auch ein Systemgegenspieler ist. Zwei Modelle stehen sich gegenüber: der demokratische Rechtsstaat mit freier Marktwirtschaft und die Überwachungs-Diktatur mit gelenkter Staatswirtschaft. Für uns ist dabei klar, dass wir nur gemeinsam mit unseren europäischen Freunden erfolgreich unsere Werte und Interessen gegenüber der in letzter Zeit immer rücksichtsloser auftretenden Großmacht China verteidigen können. Dabei ist die feste Verankerung in der westlichen Sicherheits- und Wertegemeinschaft unser Fundament für einen politischen Dialog auf Augenhöhe mit Peking. Aufgrund der verstärkten Bedeutung Chinas für unsere Gesellschaft, Politik, Wirtschaft und die internationale Ordnung hat sich die SPD-Bundestagsfraktion umfassend mit der chinesischen Herausforderung beschäftigt und als erste Fraktion im Parlament ein eigenes Positionspapier zu China erstellt. Gerne verlinke ich Ihnen hier das Dokument mit dem Titel „Souverän, regelbasiert und transparent. Eine sozialdemokratische China-Politik“: https://www.spdfraktion.de/system/files/documents/positionspapier_china.pdf

Mit freundlichen Grüßen

Andreas Stoch

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