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Andreas Larem
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Frage von Frank H. •

Guten Tag, in wie weit sehen Sie und Ihre Kollegen deutsche kleine Onlinehändler gefährdet durch die bis zum 13.12.24 umzusetzenden Vorgaben. Siehe hierzu auch den Link von IT-Recht.

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr H.,

vielen Dank für Ihre Anfrage zum Thema der im Dezember dieses Jahres in Kraft tretenden EU-Verordnung über die allgemeine Produktsicherheit (GPSR). Gerne möchte ich im Folgenden hierzu Stellung nehmen und ganz besonders auf Ihre zum Ausdruck gebrachten Befürchtungen hinsichtlich möglicher Nachteile für kleine Online-Händler eingehen. 

Zuallererst ist es für das Verständnis wichtig, zu wissen, dass EU-Verordnungen (anders als eine Richtlinie) unmittelbar in allen Mitgliedstaaten gelten. Der nationale Gesetzgeber hat als Ergebnis keinen Einfluss darauf.

Zum Hintergrund: Wie Ihnen bewusst sein wird, ersetzt die neue EU-VO die davor gültige Produktsicherheitsrichtlinie. Ziel ist die Stärkung von Verbraucherschutzniveau und Marktüberwachung sowie die Reduzierung der Zahl unsicherer Produkte, die auf den europäischen Markt gelangen. Die EU-Kommission hat im Kontext der Gesetzesverhandlungen das Ziel verfolgt, dass Verbraucher:innen vor allen Produkten sicher sein sollen. Deswegen hat sie sich schlussendlich gegen Ausnahmen für kleine und mittlere Unternehmen positioniert.  

Zudem will die Reform sicherstellen, dass der Rechtsrahmen an die Wirklichkeit eines immer stärker zunehmenden Online-Handels bzw. Gefahren im Netz angepasst und diesbezüglich bestehende Schutzlücken im Sinne der Verbraucher:innen geschlossen werden. Aus diesem Grund richtet sich die Verordnung insbesondere auch an Einfuhren aus Drittstaaten und verpflichtet nicht in der EU ansässige Unternehmen (Hersteller) zur Benennung einer verantwortlichen Person in der EU, an welche man sich als Verbraucher:in wenden kann.

Es ist die hierdurch ermöglichte Stärkung der Sicherheit der Konsument:innen sowie die zudem mit der Reform verfolgten Vereinheitlichung der Regeln im EU-Binnenmarkt, die des Weiteren zur einem besseren Schutz des Wettbewerbs beitragen, welche die Befürwortung der GPSR durch die SPD begründen.

Dennoch sehen wir als SPD-Bundestagsfraktion zusätzlichen Handlungsbedarf im Online-Handel, v. a. aufgrund des steilen Aufstiegs der chinesischen Händler Temu und Shein. Insbesondere fordern wir Maßnahmen, mit denen der Flut an billigen, oft unsicheren bzw. gefährlichen Produkten, die aus China auf den deutschen und europäischen Markt gelangen, Einhalt geboten werden kann. Hier setzen wir uns für eine Abschaffung der 150-Euro-Zollfreigrenze, massiv ausgeweitete Zollkontrollen sowie eine Stärkung der Marktüberwachung ein. Mittels dieser Maßnahmen würden auch kleinere europäische Händler bzw. Plattformen gestärkt werden könnten.

Folgendes ist mir wichtig, anzumerken: Die zunehmende Dominanz großer Player ist auch der SPD im Allgemeinen wie der sozialdemokratischen Fraktion im EU-Parlament im Besonderen bewusst. In dieser Entwicklung erkennen wir potenzielle Nachteile für kleine Händler – das Problem haben wir also bereits erkannt. Durch Zustimmung zum Digital Markets Act (07/2022) sowie zum Digital Services Act (10/2022) hat die SPD-Fraktion im EU-Parlament sich für einen besseren Schutz kleiner Online-Händler stark gemacht.

Es braucht handlungsfähige Marktaufsichtsbehörden und eine Wettbewerbsaufsicht, die den Verbraucher:innenschutz an die erste Stelle setzen. Den Verbraucher:innen darf nicht die alleinige Verantwortung für die Durchsetzung von Marktregeln auferlegt werden. Deshalb müssen insbesondere Online-Marktplätze auch künftig stärker in die Verantwortung genommen werden, eigene Prüfpflichten bekommen und für Fahrlässigkeit in die Haftung genommen werden. 

Alles in allem würde ich sagen, dass nicht verschärfte Regeln für Produktsicherheit das Problem sind, denn diese sind aus verbraucherpolitischer Sicht zu begrüßen. Oberstes Gebot muss stets sein, dass keine unsicheren Produkte auf den Markt gelangen, die Verbraucher:innen einer Gefahr aussetzen. Dafür braucht es Regeln wie Informations- und Kennzeichnungspflichten. Von Teilen der Wirtschaft werden solche Regeln leider oftmals pauschal als Bürokratie kritisiert (Lieferkettengesetz).

Das Problem sind nach meinem Dafürhalten eher die unzureichende Umsetzung der Regeln und weiter bestehende Lücken. Aus diesem Grund versucht die SPD auf nationaler sowie auf europäischer Ebene eine bessere Regulierung großer Player zu erreichen. Diese müssen endlich stärker in die Verantwortung genommen werden. Denn dann können auch nicht mehr massenhaft minderwertige Produkte auf den europäischen Markt gelangen, was wiederum neben dem grundsätzlichen Verbraucher:innenschutz auch die Position europäischer Unternehmen verbessert, die sich an die Regeln halten. Und nicht zuletzt gilt für uns als SPD, dass der Zoll mit mehr Personal ausgestattet werden muss. Aus unserer Sicht ist nur auf diese Weise eine massive Ausweitung der Kontrollen zu stemmen. 

Ich hoffe, das hilft Ihnen ein bisschen weiter. Ich kann Ihnen versichern, dass wir als SPD an der Seite kleiner Unternehmen stehen. Machtmissbrauch großer Unternehmen auf Kosten von Verbraucher:innen muss gestoppt werden. 

Mit freundlichen Grüßen

Ihr 

Andreas Larem

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