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Amira Mohamed Ali
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Frage von Marlies B. •

Finden Sie es vertretbar, wenn jetzt auch Bürger mit natürlicher Immunität und Impfgeschädigte zu einer Covid-Impfung verpflichtet werden, obwohl sie keinen befriedigenden Fremdschutz bietet?

Aktuell erkranken laut RKI selbst dreifach Geimpfte in der Altersgruppe 18 bis 59 genauso häufig an Covid 19 wie nicht Geimpfte.
Siehe RKI-Wochenbericht vom 31.03.2022, S. 27, Abb. 21:

https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Situationsberichte/Wochenbericht/Wochenbericht_2022-03-31.pdf?__blob=publicationFile

Eine Grundimmunisierung durch überstandene Krankheit wird auch mit Nachweis (z. B. T-Zellen-Test) regelmäßig nicht anerkannt. Medizinisch ist das nicht nachvollziehbar.
Zur Bedeutung natürlicher Immunität siehe das Schreiben von 81 Wissenschaftlern zur Covid-19-Impfpflicht vom 09.03.22, S. 12 f.:

https://7argumente.de/

Zu schweren Nebenwirkungen mit und ohne Todesfolge siehe a.a.O., S. 29 ff..
Wie kann man Impfgeschädigten bzw. ihren Angehörigen eine strafbewehrte Impfpflicht zumuten? Das kann ich nicht begreifen; Und viele andere Mitbürger können es auch nicht;

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Antwort von
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Sehr geehrte Frau B.,

vielen Dank für Ihre Frage.

Ich bin sehr für das Impfen und für eine schnelle Erhöhung der Impfquote. Allerdings bin ich nicht davon überzeugt, dass dafür eine Impfpflicht eingeführt werden muss. Andere Maßnahmen, die weniger stark in die Grundrechte eingreifen, sind längst nicht ausgeschöpft. Deshalb lehne ich nach derzeitigem Stand sowohl eine allgemeine als auch eine altersbezogene Impfpflicht ab.

Stattdessen brauchen wir die gezielte Ansprache der Bürgerinnen und Bürger, eine Impfkampagne in ärmeren Wohngebieten sowie die Bereitstellung von genügend Impfstoff und Impfterminen. Wer sich impfen beziehungsweise boostern lassen will, muss das sofort, wohnortnah und unkompliziert können.
       
In Bremen konnte die Gesundheitssenatorin der LINKEN, Claudia Bernhard, durch Aufklärung, niedrigschwellige Angebote, beharrliches Werben und mittlerweile auch die freie Impfstoffwahl die höchste Impfquote in Deutschland erreichen.

Die Debatte um eine Impfpflicht lenkt meiner Meinung nach davon ab, dass endlich die Impfstoff-Patente freigegeben werden müssen, wie es zum Beispiel Südafrika und Indien bei der Welthandelsorganisation beantragt haben. Nur so wird gewährleistet, dass weltweit genug Impfstoff zur Verfügung steht. Die Ausbreitung neuer und möglicherweise noch gefährlicherer Virus-Varianten könnte dadurch verhindert werden. Bisher lehnt die neue Regierung unter Olaf Scholz das ab.
       
Darüber hinaus setzt sich meine Fraktion DIE LINKE im Bundestag für die Wiederherstellung eines leistungsfähigen und auskömmlich finanzierten Gesundheitssystems in öffentlicher Hand ein. Dass die medizinische Versorgung von Corona-Patienten die Krankenhäuser ans Limit bringt ist auch eine Folge des jahrzehntelangen Spar- und Privatisierungskurses in der Gesundheitspolitik, der dringend korrigiert werden muss.
       
In diesem Zusammenhang ist es ein fatales Signal, dass die neue Ampel-Regierung den von der Fraktion DIE LINKE im Bundestag geforderten Corona-Bonus für alle Pflegekräfte so lange aufgeschoben hat. Erst kürzlich ergab eine Umfrage, dass mittlerweile 40 Prozent der Pflegenden erwägen ihren Beruf zu verlassen. So darf es nicht weitergehen. Wir müssen dafür sorgen, dass mehr ausgebildete Fachkräfte in die Gesundheitsberufe zurückkehren.
       
Des Weiteren sind die immer wieder auftretenden Engpässe bei der Versorgung mit Corona-Schnelltests zu beheben, zum Beispiel durch den Aufbau von staatlichen Produktionskapazitäten und wir brauchen endlich Luftfilter-Anlagen in allen Schulklassen und Kita-Gruppenräumen.

Meiner Meinung nach sind all das Maßnahmen, die vor der Debatte über die Einführung einer Impfpflicht stehen müssen.

Mit freundlichen Grüßen
Amira Mohamed Ali

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