Frage an Amira Mohamed Ali von Roland W. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Ali,
für meine Begriffe ist das Desaster von Thüringen gerade noch einmal ausgeblieben.
Wenn ich sehe, dass die Thüringer FDP, CDU und die sog. Werteunion durchaus zum Steigbügelhalter von AfD-Einflussnahme auf Regierungsgeschicke werden können, sollte sich unsere Demokratie nicht deutlicher wehrhaft zeigen durch konsequente Auflösung rechter Vereinigungen und Aufmärsche, Verhaftung bei Zeigen des Hitlergrußes, Platzverweis bei rassistischen Ausfällen etc.?
Allein auf Bildung und Geduld zu setzen, wird m.E. dem Problem nicht gerecht, das mangelnde Aufzeigen von Grenzen ermutigt Rechtsextreme und gibt ihnen ein Überlegenheitsgefühl.
Mit freundlichem Gruß, R. W..
Sehr geehrter Herr W.,
ich danke Ihnen für Ihre Anfrage und entschuldige mich für die verspätete Beantwortung.
Ich gebe Ihnen Recht, dass sich unsere Demokratie wehrhaft gegen rechtsradikale und rechtsextreme Tendenzen zeigen muss. Aufklärung und Bildung sind wichtige Bestandteile im Kampf gegen neofaschistische Tendenzen, aber das allein reicht nicht aus. Es ist völlig kontraproduktiv, dass die Förderung von Initiativen gegen Rechts in den vergangenen Jahren immer von Kürzungen bedroht war. Es ist ein großes Problem, dass die rechte Gefahr immer noch verharmlost wird – trotz Terrorangriffen wie in Hanau und Halle und trotz dem NSU-Komplex, in dem die Verstrickung staatlicher Behörden in rechten Netzwerken offenkundig wurde.
Ich stimme Ihnen zu, dass Gesetzesverstöße von Rechtsextremisten konsequenter geahndet werden müssen. Die Linksfraktion fordert außerdem, Projekte und Initiativen gegen Rechts sowie Beratungsstellen für Opfer rechtsextremer und rassistischer Gewalt zu fördern, dauerhaft finanziell zu sichern und auszubauen. Auch eine unabhängige Beobachtungsstelle für Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus muss endlich eingerichtet werden.
Wir fordern, Polizei und Justiz stärker für die Themen Rechtsextremismus und Rassismus zu sensibilisieren. Dazu gehört auch, einzugreifen, wenn verfassungsfeindliche Symbole gezeigt werden oder anderen Menschen aufgrund ihrer Hautfarbe, Religion, sexueller Orientierung oder ähnlichen Kriterien ihre Grundrechte abgesprochen werden.
Das Zurückdrängen von rechten Überzeugungen ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die einen langen Atem erfordert. Dies gilt umso mehr, als mit der AfD eine rechtsnationale Partei existiert, in deren Reihen Faschisten geduldet werden, und die durch ihre Hassreden rechtes Gedankengut verbreitet und versucht, den Diskurs in diesem Land weiter nach rechts zu verschieben.
Mit freundlichen Grüßen
Amira Mohamed Ali