Warum arbeitet unser Auswärtiges Amt mit Sympathisanten von Faschisten zusamen, solange wie es sich nicht um die AFD handelt?

Sehr geehrte Frau. R.,

vielen Dank für Ihre Frage. Der Krieg in der Ukraine beschäftigt uns in Deutschland weiterhin sehr und es ist wichtig, über die Geschehnisse zu sprechen und sich auszutauschen, sei es innerhalb der Familie, im Freundes- und Bekanntenkreis, am Arbeitsplatz oder in der direkten Kommunikation mit Abgeordneten.

Krieg bedeutet immer eine Ausnahmesituation für die Menschen, welche von ihm betroffen sind und wir dürfen nicht in simplifizierten Dualismen denken, bei denen wir uns den Kampf zwischen einer guten und einer schlechten Seite vorstellen. Ein solches Schwarz-Weiß denken wird der Komplexität eines Kriegs nicht gerecht. Andererseits dürfen wir aber auch nicht durch die Überbetonung einzelner Fakten eine künstliche Ausgewogenheit (false balance) bei der Beurteilung der Kriegsparteien schaffen.

Gerne möchte ich auf die von Ihnen genannten Punkte eingehen:

1. Zu Botschafter Andrij Melnyk: Es stimmt, dass Herr Melnyk in den vergangenen Jahren immer wieder mit streitbaren Aussagen aufgefallen ist, u.a. mit einem Tweet vom 27. April 2015, in dem er Stepan Bandera als „our hero“ bezeichnet. Bereits damals, vor 7 Jahren, positionierte sich Michael Roth, seiner Zeit SPD-Staatssekretär und heutiger Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses, explizit zu diesem Tweet, was auch im Artikel der Frankfurter Rundschau (FR) genannt wird, den sie geteilt haben. (Hier noch einmal der vollständige Link: https://www.fr.de/politik/ukraine-botschafter-andrij-melnyk-asow-regiment-ultra-rechts-nationalistisch-91425243.html, letzter Zugriff: 11.04.2022). Im Artikel der FR wird auch auf Melnyks Unterstützung des Asow-Regiments eingegangen. Im Beitrag des Deutschlandsfunks, auf welchen Sie ebenfalls verwiesen haben, wird pointiert skizziert, warum das Asow-Regiment kritisch zu sehen ist, aber auch, wie es sich seit 2014 verändert bzw. „entideologisiert“ hat.
   Natürlich werde ich als Abgeordneter und Mitglied des Auswärtigen Ausschusses weiterhin aufmerksam verfolgen, wie sich Herr Melnyk äußert und bei Bedarf klar auf Meinungsverschiedenheiten hinweisen. Zeitgleich habe ich aber auch erhöhtes Verständnis für provokante Aussagen von Herrn Melnyk und anderen Menschen aus der Ukraine, welche sich in einer sehr schwierigen Ausnahmesituation mit hohem Stresspegel befinden.
2. Zu Kriegsverbrechen: Mutmaßliche Kriegsverbrechen müssen untersucht und schonungslos aufgeklärt werden, egal, von wem sie verübt wurden. Momentan besteht das Problem, dass sich Informationen in vielen Fällen nicht unabhängig überprüfen lassen. Ich gehe fest davon aus und werde mich dafür stark machen, dass es unabhängige Untersuchungen und eine juristische Aufarbeitung geben wird.

Abschließend möchte ich erneut betonen, dass ich weder eine simplifizierte dualistische Sichtweise einnehmen möchte noch zu einer „false balance“ beitragen möchte, die ich eingangs kritisiert habe. Russland und die Ukraine dürfen nicht mit zweierlei Maß bewertet werden und werden es auch nicht. Es gelten dieselben moralisch-ethischen Ansprüche, dieselben Werte und dieselben internationalen Gesetze.

Es muss aber auch klar benannt werden, dass es sich um einen Angriffskrieg seitens Russland handelt, und uns bislang vor allem vermeintliche und bereits belegte schwerwiegende Kriegsverbrechen bekannt sind, die von Russland verübt wurden. Russland ist für den Ausbruch dieses Krieges verantwortlich, das sage ich ganz deutlich.

Wie wir alle wünsche auch ich mir ein Ende des Krieges, und werde mich auch weiterhin dafür einsetzen.