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Adis Ahmetovic
SPD
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Frage von Silke H. •

Sind Sie persönlich damit einverstanden, ein Embargo von russischem Öl und Gas weiterhin abzulehnen? I

Sehr geehrter Herr Ahmetovic,
sind Sie persönlich mit der Haltung der Bundesregierung einverstanden, ein Embargo von russischem Öl und Gas weiterhin abzulehnen? Ich schäme mich für diese Haltung, die die wirtschaftlichen Interessen der deutschen Industrie und Bevölkerung über alles stellt. Wie ist die Haltung dazu in der Fraktion der SPD und wie kann die Fraktion oder wie können Sie persönlich Einfluss nehmen, falls Sie diese Haltung der Regierung nicht teilen? Ich kann die Politik nicht verstehen, die der Bevölkerung nichts zumutet. Statt uns darauf einzuschwören und vorzubereiten, dass eine entschiedene Unterstützung der Ukraine bzw. Bekämpfung von Putin nicht ohne Opfer möglich ist, verteilt die Regierung Energiegelder und verzichtet weiterhin auf Tempolimits. Ich würde mich über eine ehrliche Antwort freuen. Mit freundliche Grüßen, S. H.

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau H.,

vielen Dank für Ihre Frage. Ich habe vollstes Verständnis für Ihren Unmut über die aktuelle Situation. Die Bilder, welche uns aus der Ukraine erreichen, lassen uns nicht kalt, sondern sie erschüttern uns, sie machen uns fassungslos und sie stellen uns vor die Frage, ob wir genug getan haben und derzeit tun, um die Ukraine zu unterstützen und den brutalen Angriffskrieg Russlands zu verhindern bzw. seine Auswirkungen abzumildern. Dies ist keine leere Floskel, sondern eine ehrliche und persönliche Antwort, nach der Sie ja zu Recht fragen.

Beim Thema Sanktionen entscheidet Deutschland nicht alleine, sondern die Sanktionen werden einstimmig von den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union getroffen. Dieses gemeinsame und geschlossene Handeln auf EU-Ebene ist wichtig damit die Sanktionen ihre volle Wirkung entfalten können. Am vergangenen Freitag wurde das fünfte „EU-Sanktionspaket als Reaktion auf Russlands Invasion in die Ukraine“ auf den Weg gebracht. Dieses umfasst u.a. ein Einfuhrverbot für Kohle und andere feste fossile Brennstoffe aus Russland, was ein wichtiger Schritt ist. Eine anschauliche Übersicht zu den Sanktionen finden Sie unter dem folgenden Link (sowie den untergeordneten Link auf der Seite):
https://www.consilium.europa.eu/de/policies/sanctions/restrictive-measures-against-russia-over-ukraine/history-restrictive-measures-against-russia-over-ukraine/

Fakt ist: Wie viele andere Länder der Europäischen Union ist auch Deutschland stark von fossilen Energieträgern abhängig, insbesondere von Erdöl, welches zu einem Großteil aus Russland kommt. Diese Abhängigkeit wird derzeit unter Hochdruck kontinuierlich abgebaut, und Ziel ist es, bis Jahresende nahezu unabhängig von russischen Öllieferungen zu sein: https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Pressemitteilungen/2022/03/20220325-habeck-deutschland-reduziert-energie-abhangigkeit-von-russland-mit-hohem-tempo-mussen-aber-weiter-besonnen-agieren.html

Ein abruptes Embargo von Ölimporten würde die Wirtschaft Deutschlands stark treffen. Entscheidend sind nicht nur das Thema Heizen bzw. die Nutzung von Energie, sondern auch die Verwendung von Öl als essentiellen Rohstoff für die Herstellung bestimmter Produkte.

Es geht nicht darum, dass alle Menschen in Deutschland im nächsten Winter ein bisschen weniger heizen oder auf Luxusprodukte verzichten müssten, sondern das Ölembargo würde alle Wirtschaftszweige massiv treffen. Schon jetzt beobachten wir die Folgen der Inflation, alles wird teurer. Das Ölembargo würde den Preisanstieg deutlich verschärfen, und im schlimmsten Falle zu einer Massenarbeitslosigkeit führen. Als überzeugter Sozialdemokrat ist es mir in diesem Zusammenhang wichtig zu betonen, dass wir insbesondere Menschen mit geringen Einkommen und prekär Beschäftige im Blick behalten, die besonders stark vom Ölembargo betroffen wären. Auch wenn ich ihre Unzufriedenheit verstehen kann, geht es nicht darum, der Bevölkerung nichts zuzumuten oder keine Opfer bringen zu wollen, sondern um verantwortliches Handeln und den Blick für soziale Gerechtigkeit. Die Maßnahmenpakete zur Abmilderungen der wirtschaftlichen Folgen des Krieges, u.a. die von Ihnen genannten Energiegelder, sind kein Geschenk an die Bevölkerung, sondern sollen insbesondere die sozialen Folgen abmildern. Beim Thema Tempolimit konnte sich die FDP im Koalitionsvertrag (S.52) durchsetzen. Ob es zeitlich begrenzte Tempolimits geben wird, kann ich nicht sagen, ich würde sie aber begrüßen.    

Zum Schluss noch ein paar kurze Worte zur Haltung der SPD-Bundestagsfraktion und den Möglichkeiten der Einflussnahme einzelner Abgeordneter: In der aktuellen Legislaturperiode sind wir die größte Fraktion im Deutschen Bundestag mit vielen Abgeordneten, unter denen es verschiedene Einschätzungen zur Lage und zur Möglichkeit eines Öl- und Gasembargos gibt. Selbstverständlich stehen wir in einem engen innerfraktionellen Austausch und wägen die unterschiedlichen Argumente sorgsam ab. Abgeordnete, welche die Entscheidungen nicht teilen, haben immer die Möglichkeit, dies intern sowie öffentlich kundzutun. Die SPD-Fraktion steht derzeit aber geschlossen hinter den aktuellen Entscheidungen der Bundesregierung und trägt diese mit.   

Auch wenn dies keine leichte Entscheidung ist, lehne auch ich ein sofortiges Embargo für Öl und Gas zum jetzigen Zeitpunkt ab, und unterstütze die kontinuierliche verantwortungsvolle Reduzierung der Öl- und Gasimporte aus Russland.   

Erneut vielen Dank für Ihre wichtige Frage.

Adis Ahmetović, MdB

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