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Adis Ahmetović
SPD
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Frage von Hilmar B. •

Offenbar wurden erfundene Interviews in deutschsprachigen Medien publiziert. Sind Sie der Meinung, dass der Gesetzgeber sicherstellen sollte, dass Fantasien nicht als Fakten publiziert werden dürfen?

Bericht auf der Seite von UberMedien.

https://uebermedien.de/103862/nius-und-die-erfundenen-zitate/?utm_sourc…

Zitat: „Nius“ und „Exxpress“ werfen also zwei komplett verschiedene Sachen in einen Topf und vermischen sie gründlich. Und das nicht nur im ersten Absatz, sondern in jedem. Jedes Fake-Zitat, das „Nius“ Lars Feld zuschreibt, hat Ähnlichkeiten mit echten Zitaten Felds aus dem „Focus“-Interview. Nur wird es jedes Mal umgebaut und in einen falschen Zusammenhang gestellt. Es sieht sehr danach aus, dass hier eine KI am Werk war.

Zitatende.

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr B,

vielen Dank für Ihre Nachricht und Ihre wichtige Frage.

Der Fall, den Sie ansprechen, die Berichterstattung von Übermedien.de über das Online-Medium NIUS, ist ein aufschlussreiches Beispiel dafür, wie schnell die Grenze zwischen Meinung, journalistischer Nachlässigkeit und gezielter Desinformation verschwimmen kann. Mehrfach wurden dort reale Zitate so verändert und umgestellt, dass sie inhaltlich etwas völlig anderes aussagen als ursprünglich intendiert. Ob das absichtlich geschah oder durch einen fahrlässigen Einsatz Künstlicher Intelligenz verursacht wurde, ist letztlich zweitrangig. Entscheidend ist: Solche Vorgänge sind gefährlich, weil sie nicht nur Fehlinformationen verbreiten, sondern auch das Vertrauen in seriöse, faktenbasierte Berichterstattung insgesamt untergraben.

Ich vertrete daher die klare Haltung, dass die gezielte oder grob fahrlässige Verbreitung von Desinformation nicht folgenlos bleiben darf. Weder durch Menschenhand noch durch algorithmische oder KI-basierte Prozesse. 

Gleichzeitig gilt: Die Pressefreiheit ist ein unverzichtbares Fundament unserer demokratischen Gesellschaft. Sie schützt die freie, kritische und vielfältige Berichterstattung über Politik, Regierungshandeln und gesellschaftliche Entwicklungen. Gerade in einer wehrhaften Demokratie müssen wir deshalb zweierlei leisten: die Pressefreiheit entschieden verteidigen und dort handeln, wo sie instrumentalisiert oder missbraucht wird, um gezielt falsche Narrative zu streuen oder das Vertrauen in demokratische Institutionen zu beschädigen.

Gegen konkrete Falschdarstellungen gibt es bereits heute wirksame rechtliche Mittel: Wer falsch oder irreführend zitiert oder dargestellt wird, hat das Recht auf Gegendarstellung, Berichtigung, Unterlassung oder im Extremfall auch Schadensersatz. Diese Ansprüche sind im Presserecht sowie im allgemeinen Persönlichkeitsrecht verankert und gelten selbstverständlich auch gegenüber Online-Medien wie NIUS. Zudem können Betroffene sich an den Deutschen Presserat wenden. Als Organ der freiwilligen Selbstkontrolle überprüft er Verstöße gegen den Pressekodex und kann öffentliche Rügen aussprechen, die ein wichtiges Signal an die Öffentlichkeit senden.

Doch diese Instrumente stoßen an ihre Grenzen, wenn Desinformation systematisch und in hoher Geschwindigkeit über digitale Kanäle verbreitet wird - insbesondere über soziale Netzwerke, Messenger oder fragwürdige Newsportale. Deshalb war es uns als SPD besonders wichtig, auf europäischer Ebene mit dem Digital Services Act (DSA) ein neues Regelwerk zu schaffen. Der DSA ist seit Februar 2024 vollständig in Kraft. Er verpflichtet große Online-Plattformen und Suchmaschinen, sogenannte Very Large Online Platforms (VLOPs), dazu, wirksame Maßnahmen gegen die Verbreitung illegaler Inhalte und systematische Desinformation zu ergreifen. Dazu gehören unter anderem die Kennzeichnung von KI-generierten Inhalten, die Transparenz über Empfehlungsalgorithmen, ein klares Verfahren für NutzerInnen-Beschwerden und die Pflicht, Risikobewertungen durchzuführen, wenn Plattformen zur Verbreitung gesellschaftsschädlicher Inhalte beitragen. Als SPD setzen wir uns nun dafür ein, dass der DSA in Deutschland ambitioniert umgesetzt wird. Wir fordern klaren Zuständigkeiten, ausreichend Personal bei den Aufsichtsbehörden und wirksamen Sanktionen bei Verstößen. Denn Gesetze helfen nur dann, wenn sie durchgesetzt werden.

Um es also auf den Punkt zu bringen: Ja, der Gesetzgeber hat die Pflicht, den Rahmen so zu setzen, dass gezielte Täuschung, Manipulation und die Aushöhlung öffentlicher Debatten nicht folgenlos bleiben. Doch Regulierung allein reicht nicht. Desinformation entfaltet vor allem dort Wirkung, wo sie nicht als solche erkannt wird. Deshalb ist mir persönlich auch die Medienkompetenz ein zentrales Anliegen, und zwar von der Schule bis zur Erwachsenenbildung. Vereine wie Journalismus macht Schule oder die Förderung unabhängiger Faktencheck-Plattformen wie Correctiv oder dpa-Faktencheck sind wichtige Bausteine einer aufgeklärten Gesellschaft und widerstandsfähigen Demokratie. Über kritische Fragen wie die Ihre freue ich mich daher immer! 

Ich hoffe, ich konnte Ihnen meinen Standpunkt darlegen. 

Mit freundlichen Grüßen

Adis Ahmetović, MdB 

 

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