Was werden Sie tun, um die Menschen in Bergkarabach (Arzach) vor dem aktuell stattfindenden Völkermord zu schützen? Sind Armenier:innen weniger wert als Ukrainer:innen?
Seit 8 Monaten blockiert Aserbaidschan die einzige Lebensader der (int. nicht anerkannten) Republik Arzach. Es fehlt an allem: lebensnotwendige Medikamente, Hygieneartikel, Lebensmittel, Babynahrung. Heute wurde der erste Tote durch Hunger gemeldet. Der Chef-Ankläger des IGH - Luis Moreno Ocampo - beschreibt diese Situation als Genozid in Ausführung. Die armenierfeindliche Rhetorik aserbaidschanischer Politiker - allen voran Präsident Aliyev - machen es klar, dass es Aserbaidschan rein um die Vernichtung der Armenier geht. Das wäre der zweite Genozid, dem die Armenier ausgesetzt sind. 1915 hat das Deutsche Kaiserreich mit dem Osmanischen Reich kollaboriert und Beihilfe zum Völkermord geleistet. Heute schweigt Deutschland erneut, aus Energieinteressen. Wie legitimieren Sie diese erneute Beihilfe zum Völkermord?
Sehr geehrte Frau Helen. S.
ich kann Ihren Unmut und die Wut auf das Verhalten der Bundesregierung im Konflikt in Bergkarabach absolut nachvollziehen, insbesondere was die monatelange Blockade des Latschin-Korridors angeht. Dies gilt besonders bezüglich der Eroberung der Republik Arzach, die erfolgt ist, nachdem Sie ihre Frage gestellt haben. Bei der Gelegenheit: entschuldigen Sie bitte meine verspätete Antwort, in den letzten Monaten waren (und sind) wir völlig mit dem Aufbau unserer neuen Partei beschäftigt gewesen.
Ich und meine Kolleginnen und Kollegen haben das Thema immer wieder angesprochen und kritisiert. Dies geschah und geschieht sowohl in den Ausschüssen des Deutschen Bundestags als auch in öffentlichen Statements. Ich habe der Bundesregierung zu diesem Thema unter anderem zwei schriftliche Fragen gestellt, die Sie einsehen können (https://dserver.bundestag.de/btd/20/038/2003859.pdf / https://dserver.bundestag.de/btd/20/052/2005289.pdf). Beide Antworten hierzu waren beschämend, die Bundesregierung kritisiert Aserbaidschan nicht für die Angriffe auf Armenien und bezüglich der Frage zum Latschin-Korridor flüchtet man sich in leere Worthülsen. Man will die Lage vor Ort lediglich "genau beobachten".
Die so oft gepredigte „wertebasierte Außenpolitik“ der grünen Ministerin Annalena Baerbock gilt augenscheinlich nur für ausgewählte Partner. Es ist offensichtlich, dass die Bundesregierung kollektiv schweigt, weil man sich von der Regierung von Ilham Alijew und den von ihm getätigten Öl- und Gaslieferungen abhängig gemacht hat.
Wir vom BSW treten unmissverständlich für eine andere Politik, die Diplomatie in den Mittelpunkt stellt und Unrecht unabhängig von eigenen Interessen benennt und bekämpft, ein.
Mit freundlichen Grüßen
Zaklin Nastic