Die britische Dailymail bringt ins Spiel, dass Omikron 100x weniger tödlich sein könnte als Delta und vergleicht mit Grippe. Warum wird das ignoriert und munter an einer Impfpflicht gestrickt?

Sehr geehrter Herr H.,

ich teile nach derzeitigem Kenntnisstand die Einschätzung, dass die Omikron Variante tendenziell zu milderen Verläufen führt als vorherige Varianten des Corona Stammes; hieraus ergeben sich Fragen für das weitere Verfahren in dieser Pandemie.  

Bund und Länder haben unterdessen beispielsweise die Quarantäne-Regeln modifiziert, um Engpässe in der kritischen Infrastruktur (Polizei, Pflege, etc.) zu vermeiden, dies ist als Reaktion auf die Eigenschaften Omikrons zurückzuführen.

Ich kann Ihnen also nicht zustimmen, dass all das „ignoriert“ wird, wie Sie schreiben. Es kommt allerdings zu unterschiedlichsten Bewertungen der neuen Daten, das verrät uns nicht zuletzt ein Blick ins europäische Ausland. Die Entscheidung der STIKO, den Genesenenstatus auf drei Monate zu verkürzen, erscheint mir ziemlich willkürlich, insbesondere da die Schweiz den Zeitraum im letzten Jahr auf 12 Monate verlängert hat.

Der seit geraumer Zeit in harscher Kritik stehende Vorsitzende der STIKO, Herr Mertens, spricht sich klar gegen eine allgemeine Impfpflicht aus. Auch der deutsche Ethikrat möchte seine Empfehlung pro Impfpflicht aus 2021 temporär verstanden wissen: Hier behält man sich vor, neue Entwicklungen, etwa hinsichtlich der Eigenschaften von Omikron, zu bewerten und sich ggf. erneut zu positionieren.

Wie an andere Stelle bereits erwähnt, kann ich mich der Forderung nach einer allgemeinen Impfpflicht nach intensiver Abwägung in diesem Fall nicht anschließen. Die Linke steht in der Tradition der Aufklärung und das Beispiel Bremen zeigt ganz praktisch, dass durch intensives Zugehen auf die Bevölkerung eine überdurchschnittlich hohe Impfquote erreichbar ist. Zudem halte ich eine Impfpflicht auch verfassungsrechtlich für bedenklich. Nicht, weil ein Eingriff in die körperliche Unversehrtheit per Gesetz grundsätzlich nicht möglich wäre, gerade wenn es um den Schutz anderer geht, wie etwa bei der Masernimpfung. Aber durch den Staat ausgeübter Zwang zu einem Eingriff in die körperliche Unversehrtheit muss geeignet, erforderlich und angemessen sein. Bei der Masernimpfung sprechen wir von einer zweimaligen Immunisierung im Kleinkindesalter, die für den Rest des Lebens nahezu 100%igen Schutz bietet. Bei den gegen COVID-19 in Deutschland verfügbaren Impfstoffen liegt die Wirksamkeit weit niedriger. Zudem können auch Geimpfte, wenn auch zu einem geringeren Grad, das Virus an andere übertragen. Vor allem aber ist nicht klar, wie oft die COVID-19-Impfung erforderlich sein wird. Dass der Impfschutz schon nach einigen Monaten nachlässt, ist längst hinlänglich bekannt.

Des Weiteren könnte eine noch größere Verunsicherung unter der Bevölkerung verursacht werden, die sogar eine kontraproduktive Wirkung entfalten könnte.

Auch die Umsetzung der Impfpflicht wirft Fragen auf: Denn wer verhängte Bußgelder nicht zahlt oder zahlen kann wird in letzter Konsequenz, entgegen anderslautenden Beteuerungen, natürlich im Gefängnis landen, um die Strafe „abzusitzen“. Berufsverbote in körpernahen Dienstleistungen, im Gesundheitswesen etc. sind aus der sogenannten berufsbezogenen Impfpflicht ableitbar.

Mit freundlichen Grüßen

Zaklin Nastic