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Zaklin Nastić
BSW
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Frage von Alex M. •

Frage an Zaklin Nastić von Alex M. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrte Frau Nastic,

welche Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung wären Ihres Erachtens derzeit (Anfang April 2021) angemessen? Oder sind die aktuellen Maßnahmen ausreichend?

Ihnen ist sicher die Petition für einen härteren Lockdown mit derzeit knapp 80.000 Unterzeichnern sowie die "NoCovid" Strategie bekannt. Wie stehen Sie dazu?

Beste Grüße
Alex Meier

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Meier,

meines Erachtens sind die aktuellen Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie zu ganzen Teilen nicht nachvollziehbar. Die Bundesregierung fabriziert seit Monaten ein Totalversagen. Keine klare Linie, keine Konsequenz und keinen sozialen Schutz für die von den Einschränkungen betroffenen.

Während die Verantwortung politisch vor allem in den privaten Bereich mit Einschränkungen der Grundrechte verortet und verlagert wird, wird in einem wichtigen Infektionsherd immer noch auf Freiwilligkeit gesetzt: dem Arbeitsplatz. Arbeitgeber müssen zur Testung ihrer Angestellten verpflichtet werden. Selbstverpflichtungen der Wirtschaft funktionieren nie (siehe Lieferkettengesetz, Klimaschutz oder Flexi-Frauenquote). Zudem müssen alle Angestellten, bei denen es möglich ist, ins Homeoffice geschickt werden, um Infektionen am oder auf dem Weg zum Arbeitsplatz zu unterbinden.

Um die aktuelle Infektionswelle zu brechen, fordere ich kurzfristig eine Stilllegung der kompletten nicht-systemrelevanten Produktionen für ca. 3 Wochen. Wenn Kinder von der Schule ferngehalten werden können, ist es nicht nachvollziehbar, dass Rüstungskonzerne weiter ihre Waffen schmieden und Angestellte in überfüllten Bussen und Bahnen anreisen und dann zu Massen in der Produktion stehen. Waffen und Panzer sind aktuell wirklich das Letzte, was Deutschland und die Welt brauchen. Das gilt aber auch für andere Industrien. Es werden sicher keine Grundrechte verletzt, wenn ein Kunde drei Wochen länger auf sein Auto warten muss, wir aber durch eine Stilllegung der nicht-systemrelevanten Produktionen die Infektionszahlen endlich entscheidend senken können. Ein dreiwöchiger kompletter Lockdown ist für die Wirtschaft meines Erachtens auch ein kleineres Übel als der nun schon Monate andauernde „Lockdown light“, der der Wirtschaft – vor allem den kleinen und mittelständischen Unternehmen und Soloselbständigen – massiv schadet und in Ungewissheit zurücklässt, aber nicht in der Lage ist, die Pandemie einzudämmen.

Bei Betriebsschließungen muss Kurzarbeitergeld gezahlt werden, welches für alle Beschäftigten in Kurzarbeit sofort auf 90 Prozent, im Niedriglohnbereich auf 100 Prozent erhöht wird. Für Selbständige darf die Überbrückungshilfe nicht allein auf
die Kompensation von Betriebskosten beschränkt werden, sondern es muss auch die Einkommenssicherung in Form eines fiktiven Unternehmerlohns in Höhe von monatlich 1.200 Euro garantiert werden.

Dazu müssen Sammelunterkünfte für Beschäftigte – etwa in der Fleischindustrie, Saisonarbeit, Baugewerbe u.a. –geschlossen und sofort durch Unterbringung in Hotels / Pensionen durch die Arbeitgeber ersetzt werden. Die Arbeitgeber müssen verpflichtet werden, zeitnah angemessenen Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Auch Sammelunterkünfte für Obdachlose und Geflüchtete müssen durch Unterbringung in Hotels und Pensionen ersetzt werden.

Zur Notwendigkeit dieser Maßnahmen hat natürlich das komplette Versagen der Bundesregierung und der EU bei der Impfstoffbeschaffung und der Teststrategie beigetragen. Den Regierenden war es leider wieder wichtiger, Pharmakonzernen ihre Gewinne zu garantieren, als die Bevölkerung zu schützen. Stattdessen müssen endlich die Patente für die Impfstoffe freigegeben werden, um möglichst schnell alle Länder und Menschen zu versorgen. Denn niemand ist sicher, wenn nicht alle sicher sind. Wir können das Virus nicht nur in Deutschland besiegen. Dann kommt es aus anderen Erdteilen in vermutlich neuen Mutationen wieder zurück. Die Länder des globalen Südens können bisher noch fast gar nicht impfen.

Zur Pandemiebekämpfung ist also ein wesentlich konsequenteres Vorgehen notwendig, das die Einschränkungen nicht ausschließlich auf das Private verlagert, sondern die Wirtschaft in die Pflicht nimmt bei gleichzeitiger Unterstützung für alle, die durch die Maßnahmen ihre Einkommen einbüßen.

Weitere Forderungen unserer Fraktion, die die Beantwortung Ihrer Frage übersteigen, finden Sie in diesem Positionspapier: https://www.linksfraktion.de/themen/positionspapiere/detail/die-dritte-welle-brechen-fuer-einen-strategiewechsel-in-der-pandemiebekaempfung/

Mit freundlichen Grüßen
Żaklin Nastic

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