Frage an Zaklin Nastić von Uwe S. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrte Frau Nastic,
finden sie es richtig, dass bei Hilfspakete durch den Staat immer die Armen übergangen werden?
1. Was ist mit den Rentner (Frührentner) die auf ein Nebeneinkommen
angewiesen sind und jetzt diese nicht mehr ausüben können !?
2. Und die ALG2 Bezieher, die jetzt teuer einkaufen müssen, weil andere
die günstigen Lebensmittel usw. aufkaufen und hamstern?
3. Jetzt wo die Schulen geschlossen sind, wird immer von Digitalen
Unterricht gesprochen!! Was ist mit den Schülern, die kein Internet
oder PC zu Hause haben und wo die Eltern auch nicht helfen können?
Wäre nicht auch eine Hilfe für diese Gruppe nötig?
Vorab vielen Dank für die Beantwortung dieser Fragen.
Mit freundlichen Grüßen
Uwe Sittel (Hamburg)
Sehr geehrter Herr Sittel,
vielen Dank für Ihre wichtigen Fragen. Vor allem die von Ihnen genannten Gruppen (Rentner, Arbeitslose, Arme) benötigen in der aktuellen Situation Hilfe und Unterstützung, denn die Schwächsten in einer Gesellschaft sind auch immer die, die am stärksten unter Krisen leiden. Das war bei der Finanzkrise 2008/2009 schon so und so ist jetzt auch in der „Coronakrise“.
Unsere Forderungen zu diesen und weiteren Bevölkerungs- und Beschäftigungsgruppen finden Sie unter: https://www.linksfraktion.de/themen/dossiers/corona-virus-und-covid-19/
Ich möchte trotzdem auf die von Ihnen aufgeführten Gruppen eingehen, die sich in vielen Fällen ja überschneiden:
DIE LINKE fordert, das Arbeitslosengeld II (Hartz IV) gerade während der Corona-Pandemie zu erhöhen: monatlich um 200 Euro pro Person und einmalig um 500 Euro pro schulpflichtiges Kind für Laptops für den Heimunterricht. Außerdem müssen die Beträge für Schul- und Mittagessen, die jetzt wegfallen, direkt an die Familien gezahlt werden. Diese Erhöhungen müssen für alle Sozialleistungen gelten, die das Existenzminimum sichern, also auch für die Sozialhilfe, die Grundsicherung im Alter usw.
Die Corona-Pandemie bedroht nicht nur die Gesundheit, sondern auch das Existenzminimum von Arbeitslosen und Menschen mit geringen Renten: Lebensmitteltafeln schließen, billige Lebensmittel sind knapper. Die Regelbedarfe sind aber laut Bundesverfassungsgericht schon im Normalfall auf Kante genäht (BVerfG vom 23.7.2014 – AZ BvL 10/12). Deshalb ist der Gesetzgeber verfassungsrechtlich verpflichtet, besondere Risiken einer Unterdeckung des Existenzminimums zu verhindern (ebd.). Eine solche Situation besteht gegenwärtig: Um das Existenzminimum abzudecken, muss das Arbeitslosengeld II (ALG II/Hartz IV) gerade während der Corona-Pandemie höher ausfallen, ebenso die Sozialhilfe, die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung und die Asylbewerberleistungen. Dies fordern u.a. der Paritätische Wohlfahrtsverband, die Diakonie, Tacheles e.V. und der Deutsche Anwaltsverein.
Hinzu kommt die Situation von Schulkindern, die gegenwärtig zu Hause unterrichtet werden müssen. Um an den digitalen Lern-Angeboten von Schulen teilnehmen zu können, sind Computer notwendig. Im ALG-II-Regelbedarf sind die Ausgaben für Computer aber nicht ausreichend berücksichtigt, sondern gelten als „Spielwaren“. Einkommensarme Haushalte besitzen deshalb oft keinen Computer. Die Kinder können dann dem digitalen Unterricht nicht folgen, es entsteht ein Rückstand beim Lernen. Um das Recht auf Bildung für alle Kinder auch während der Schulschließungen gewährleisten zu können, ist ein Zuschuss für den Erwerb von technischer Ausrüstung – Laptop, Tablets o.ä. – notwendig. Auch diese Forderung wird von vielen Verbänden erhoben, u.a. vom Deutschen Anwaltsverein und Tacheles e.V.
Letztlich müssen Bund und Länder dafür sorgen, dass Sammelunterkünfte für Wohnungslose und Geflüchtete während der Corona-Pandemie durch dezentrale, gesundheitlich ungefährlichere Wohneinheiten ersetzt werden. Dafür können z.B. leerstehende Hotelzimmer, Jugendherbergen und Ferienwohnungen genutzt werden. In meiner Heimatstadt Hamburg präsentierte die Initiative #openhotels ein Hotel, das bereit wäre obdachlose und geflüchtete Menschen in ihren Zimmern unterzubringen. Finanzieren müsste dies allerdings die Stadt, die dazu bisher nicht bereit war (ttps://taz.de/Hotels-fuer-Obdachlose-waehrend-Pandemie/!5677176/).
Mit freundlichen Grüßen
Zaklin Nastic