Auf der Fahrt nach Dresden haben mein Enkel und ich Militärkonvoi gesehen. Was soll ich meinen Enkel auf die Frage, wohin werden die Panzer gefahren, antworten? Was wird auf dem Wege der Diplomatie
Getan, um die angespannte Lage zwischen NATO und Russland zu verhandeln? Wieso wird Nordstream 2 nicht freigegeben? Würde die Lieferung von Erdgas aus Russland die Preise für uns Verbraucher stabil halten? Ich wünsche uns ein friedliches neues Jahr und hoffe inständig, dass nicht Waffen, sondern der Respekt und die Diplomatie 2022 bestimmen wird. Bitte tun Sie alles dafür, dass uns der Frieden erhalten bleibt.
Mit freundlichen Grüßen
Sehr geehrte Frau P.,
vielen Dank für Ihre Anfrage auf Abgeordnetenwatch.de. Sie haben darin mehrere Fragen zu der angespannten Situation zwischen der NATO und Russland aufgeworfen. Ebenso fragten Sie wegen der Ostseepipeline Nord Stream 2 und den damit möglicherweise verbundenen Erdgaslieferungen aus Russland nach Deutschland. Gestatten Sie mir, wenn ich die von Ihnen aufgeworfenen Fragen einzeln noch einmal aufführe und jeweils anschließend beantworte.
1.) Sie haben Militärkonvois auf der Straße gesehen. Sie haben daher die Frage aufgeworfen, warum es zu dieser Truppenpräsenz auf unseren Straßen kommt.
Bezüglich der von Ihnen auf einer Fahrt gesehenen Militärkonvois kann ich Ihnen mitteilen, dass es sich dabei um Manöver-Vorbereitungen handelt. Sehr wahrscheinlich haben Sie Verlegungen von Personen und Material für die Übung DEFENDER-Europe 2022 (DEF22) gesehen. Im ersten Halbjahr 2022 werden Verbände der US-Armee zum wiederholten Male eine multinationale Großübung im Rahmen der US-geführten Reihe DEFFENDER-Europe durchführen. Dies findet unter Beteiligung der Streitkräfte zahlreicher NATO-Partner und weiterer Partnernationen mit voraussichtlich insgesamt 13.500 Soldatinnen und Soldaten in Europa statt. Bei DEF22 und den weiteren Übungen handelt es sich um eine multinationale US-geführte Übung außerhalb von NATO-Übungen. Wie bereits bei der Vorgängerübung DEF20 steht auch bei DEF22 die schnelle Verlegbarkeit von Kräften über den Atlantik nach Europa sowie auch innerhalb des NATO-Bündnisgebietes im Vordergrund. Die Übung soll dazu beitragen, dass Verfahren zur schnellen, grenzüberschreitenden Verlegung von militärischen Kräften in einem Ernstfall reibungslos funktionieren. Ein wesentlicher Bestandteil der Rückversicherung unserer ost- und mitteleuropäischen Verbündeten ist eine erprobte und zuverlässige Verlegefähigkeit im Krisenfall. Somit sind Stationierungen von Einheiten an der Ostflanke der NATO nicht nötig. In Deutschland wird es übrigens voraussichtlich vor allem im Februar zu Kolonnenfahrten, überwiegend ausgehend von US-Stützpunkten in Richtung der Übungsräume kommen.
2.) Was wird getan, um die angespannte Lage zwischen der NATO und Russland zu entspannen?
In der Charta von Paris vom 21. November 1990 ist unmissverständlich festgelegt, dass alle Handlungen gegen die territoriale Integrität oder politische Unabhängigkeit eines Staates zu unterlassen sind. Russland ist als Rechtsnachfolger der Sowjetunion an die Charta von Paris gebunden und profitiert gleichzeitig von deren universellen Prinzipen. Die NATO respektiert die Sicherheitsinteressen Russlands auf vielfältige Weise. So hat sie einseitig darauf verzichtet, substanzielle NATO-Streitkräfte in den östlichen NATO-Staaten zu stationieren. Trotz erheblicher Sicherheitsbedenken, so beispielsweise Polens oder der Baltischen Staaten, die gerne NATO-Truppen auf ihrem Territorium stationiert hätten, bleibt die NATO bei dieser russlandfreundlichen Linie.
3.) Wieso wird Nord Stream 2 nicht freigegeben?
Die Freigabe von Nord Stream 2 muss noch von der Bundesnetzagentur geprüft werden. Hierbei handelt es sich nicht um ein politisches Verfahren. Vielmehr ist dies eine reguläre behördliche Prüfung, die aus rechtlichen Gründen noch abgeschlossen werden muss.
Das Gaspipeline-Projekt Nord Stream 2 soll die Kapazität der bestehenden Ostseepipeline Nord Stream 1 verdoppeln. Damit soll zusätzlicher Gasbedarf in Europa aufgrund zurückgehender Eigenproduktion und den Erfordernissen der Energiewende (Kohle- und Kernenergieausstieg) gedeckt werden. Nord Stream 2 folgt dem wirtschaftspolitischen Ansatz, dass Unternehmen die Hauptverantwortung für die Gasversorgung tragen und auch die nötige Energie-Infrastruktur privatwirtschaftlich erstellt wird. Trotzdem ist uns die politische Bedeutung des Projekts bewusst. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion würde eine Nichtgenehmigung von Nord Stream 2 aus europäischer und deutscher Sicht für sehr fragwürdig erachten. Nord Stream 2 leistet einen wichtigen Beitrag zur Diversifizierung der Transportrouten und erhöht damit Liquidität, Wettbewerb und auch die Versorgungssicherheit in Europa.
4.) Würde die Lieferung von Erdgas aus Russland die Preise für uns Verbraucher stabil halten?
Die Frage nach dem zukünftigen Preisniveau von Erdgas ist nicht mit letzter Sicherheit zu beantworten. Der Brennstoff Erdgas wird weltweit gehandelt und unterliegt daher durchaus preislichen Schwankungen unabhängig von etwaigen Lieferungen aus Russland über die Pipeline Nord Stream 2.
Ich hoffe diese Informationen helfen Ihnen weiter. Für Rückfragen stehe ich gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Yvonne Magwas