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Wolfgang Zöller
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Frage von Claudiac J. •

Frage an Wolfgang Zöller von Claudiac J. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrter Herr Zöller,

die Abschaffung der Praxisgebühr ist ein richtiger Schritt zur Korrektur einer einstmals falschen Entscheidung. Das Problem, das damit eigentlich gelöst werden sollte, ist noch immer offen: die hohe Zahl der Arztbesuche, die ja im Gegensatz zu den über Jahre ständig gesunkenen Krankentagen der Arbeitnehmer steht! Die tatsächlichen Ursachen müßten doch eigentlich bekannt sein. Aus eigener Erfahrung kann ich ein paar aufzählen: Z.b. Forderungen von Arbeitgebern nach Krankenschein ab dem 1. Tag der Erkrankung. Oder die quartalsweise Rezeptausgabe für chronische Erkrankungen (ohne Arztkontakt, wird von der Sprechstundenhilfe auf Blanko-Rezept ausgestellt!)= 4 Arztbesuche, einer pro Jahr würde reichen. Oder Sinnlosüberweisungen zu Fachärzten (z.B. wenn ich zum Handchirurgen gehen will, erhalte ich eine Überweisung vom Hausarzt, mit der ich zum Chirurgen gehen muß, wo mir die Sprechstundenhilfe eine neue Überweisung zum Handchirurgen ausstellt = 3 Ärzte für eine Konsultation!). Eine weitere Ursache ist, daß Überweisungen zu Fachärzten nur im Quartal gelten und wenn bei langen Wartezeiten der Termin im nächsten Quartal stattfindet, muß eine neue Überweisung vom Hausarzt geholt werden = wieder ein sinnloser Arztbesuch mehr. Einen Grund sehe ich auch darin, daß viele rezeptfreie Medikamente immer weniger Wirkstoffe enthalten und oft nur noch Placebos sind. Man muß somit zum Arzt gehen, auch wenn man dann mit „grünem“ Rezept“ die Medikamente trotzdem voll bezahlen muß. Es gibt sicher noch viele andere teure Gründe, die mit etwas mehr Vertrauen in den gesunden Menschenverstand und einem großem Ruck beim Bürokratie-Abbau problemlos geändert werden könnten. Nun meine Fragen: Wird an der Veränderung o. g. Situation gearbeitet? Gibt es schon Erkenntnisse und umsetzungsfähige Ergebnisse? Wann kann mit einer Änderung der Situation gerechnet werden?

Mit freundlichen Grüßen

Claudia Jurjanz

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Antwort von
CSU

Sehr geehrte Frau Jurjanz,

ich danke Ihnen für Ihre Anregungen und versichere Ihnen, dass die an mich gerichteten Einzelfragen, aber auch allgemeine Stellungnahmen sorgfältig ausgewertet werden. Sie tragen dazu bei, Probleme zu erkennen und fließen, soweit sie verwertbare Hinweise für die weitere Entwicklung des Kranken- und Pflegeversicherungsrechts enthalten, in die Gesetzgebung ein. Der Gedankenaustausch mit Bürgern dient dazu, Probleme zu benennen und Lösungsmöglichkeiten aufzuzeigen sowie die Diskussion darüber zu vertiefen. Vorschläge zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung sind daher willkommen.

Zum Thema Praxisgebühr möchte ich Folgendes anmerken. Die Praxisgebühr wurde 2004 eingeführt, um Geld für das Gesundheitssystem zu generieren und um die Versicherten, die weltweit mit am häufigsten zum Arzt gehen, zu motivieren, Fachärzte möglichst nur nach Überweisung durch den Hausarzt aufzusuchen.

Die Praxisgebühr hat diese Steuerungsfunktion im Laufe der Zeit verloren, weil immer mehr Ausnahmetatbestände auch von Kassenseite geschaffen wurden. Auch deshalb hat der Koalitionsausschuss am 4. November 2012 beschlossen, die Praxisgebühr abzuschaffen. Damit werden die Bürger um insgesamt rund zwei Milliarden Euro pro Jahr entlastet und die Belastung durch Bürokratie für Ärzte und Krankenkassen erheblich reduziert. Die Gesetzlichen Krankenkassen erhalten hierfür aus dem Gesundheitsfond dauerhaft einen vollständigen Ausgleich.

Bezüglich Ihrer Kritik zum Thema Überweisung möchte ich Ihnen die folgenden Informationen geben.

Im Bundesmantelvertrag – Ärzte ist festgelegt, dass der Vertragsarzt die Durchführung erforderlicher diagnostischer oder therapeutischer Leistungen durch einen anderen Vertragsarzt, eine nach § 311 Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB V zugelassene Einrichtung, ein medizinisches Versorgungszentrum, einen ermächtigten Arzt oder eine ermächtigte ärztlich geleitete Einrichtung durch Überweisung zu veranlassen hat. Ein Überweisungsschein ist auch dann zu verwenden, wenn der Vertragsarzt eine ambulante Operation im Krankenhaus veranlasst.

Eine Überweisung an einen anderen Arzt kann zur Auftragsleistung, Konsiliaruntersuchung, Mitbehandlung sowie zur Weiterbehandlung erfolgen. Dabei ist in der Regel nur die Überweisung an einen Arzt einer anderen Arztgruppe zulässig. Überweisungen an einen Vertragsarzt derselben Arztgruppe sind, vorbehaltlich abweichender Regelungen im Gesamtvertrag, nur in bestimmten Ausnahmefällen zulässig. Zur Gewährleistung der freien Arztwahl soll die Überweisung nicht auf den Namen eines bestimmten Vertragsarztes, sondern auf die Gebiets-, Teilge-biets- oder Zusatzbezeichnung ausgestellt werden, in deren Bereich die Überweisung ausgeführt werden soll.

Überweisungen sind grundsätzlich nur während des Quartals gültig, in dem sie ausgestellt wurden. Liegt der Termin im nächsten Quartal, so ist eine neue Überweisung vorzulegen. Weitere Regelungen hierzu unterliegen der Selbstverwaltung von Ärzten und Krankenkassen. Beschwerden richten Sie daher bitte an diese Stellen.

Desweiteren ist zum Thema Überweisung zu erwähnen, dass die Ambulanzen der Krankenhäuser z. Zt. in einem zwischen Krankenkassen und Ärzten festgelegten (eingeschränkten) Umfang an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen. Zur Inanspruchnahme dieser Fachambulanzen ist die Überweisung eines Facharztes gleicher Fachrichtung zwingend erforderlich. In vielen Fällen ist durch die fachärztliche Behandlung beim niedergelassenen Arzt die ambulante Krankenhausbehandlung entbehrlich. Ist die Behandlung einer Erkrankung so komplex, dass eine ambulante Krankenhausbehandlung notwendig ist, so sollte der niedergelassene Facharzt mit den Kollegen im Krankenhaus in engem Kontakt stehen.

Für hochspezialisierte Leistungen, die Behandlung seltener Erkrankungen und Erkrankungen mit besonderen Krankheitsverläufen wie Krebs, Mukoviszidose oder Aids sind Krankenhäuser oft besonders spezialisiert. Der Zugang zur ambulanten Behandlung im Krankenhaus bei solchen Erkrankungen und hochspezialisierten Leistungen wurde deshalb bereits mit der Gesundheitsreform 2004 erleichtert. Voraussetzung war, dass die gesetzlichen Krankenkassen mit zugelassenen Krankenhäusern entsprechende Verträge schließen. Um welche Leistungen es im Einzelnen geht, ist in einem Katalog aufgeführt, der vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) fortlaufend aktualisiert wird.

Darüber hinaus können Krankenhäuser, die zur stationären Behandlung gesetzlich Krankenversicherter zugelassen sind, die ambulante Leistungserbringung beantragen und an einem speziellen Zulassungsverfahren im jeweiligen Land teilnehmen: Ein Krankenhaus ist zur ambulanten Erbringung der oben genannten Katalog-Leistungen berechtigt, wenn es aufgrund seiner Eignung dazu bestimmt worden ist. Die Entscheidung hierüber fällt in Anknüpfung an die den Ländern obliegende Krankenhausplanung.

Zur Größenordnung bzw. Menge einer Verordnung von Arzneimitteln möchte ich Ihnen gerne Folgendes mitteilen. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) als oberstes Gremium der gemeinsamen Selbstverwaltung von Vertragsärzten und Krankenkassen, in dem auch Patientenvertreter ein Mitspracherecht haben, bestimmt laut gesetzlichem Auftrag in Form von Richtlinien den Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) für die Versicherten und legt damit die Leistungen der medizinischen Versorgung fest. So wird auch in den Arznei-mittel-Richtlinien (AM-RL) die Verordnungsmenge geregelt. Die zu verordnende Menge (Packungsgröße) soll vom behandelnden Arzt der Art und Dauer der Erkrankung angepasst werden. Bei chronischen Erkrankungen kann die Verordnung von großen Mengen wirtschaftlicher sein als wiederholte Verordnungen kleiner Mengen.

Bei chronischen Krankheiten wird eine regelmäßige ärztliche Untersuchung in kürzeren Zeiträumen empfohlen. Die Versicherten haben häufig den Eindruck, dass der Arzt das Wiederholungsrezept lediglich unterschreibt. Die Folgeverordnung eines Arzneimittels beinhaltet aber in jedem Fall eine Entscheidung des Vertragsarztes, auch dann, wenn keine Untersuchung oder Beratung des Versicherten erfolgt. Dies ergibt sich aus dem Berufsrecht sowie den Regelungen der Arzneimittel-Richtlinien. Nach den AM-RL soll der Arzt vor jeder Wiederholung von Arzneimittelverordnungen prüfen, ob eine Wiederholung erforderlich ist und verantwortet werden kann und ob die verordnete Menge mit der vorgesehenen Anwendungszeit übereinstimmt. Dabei ist einmal auf Arzneimittel-missbrauch im Sinne einer Gewöhnung oder einer Arzneimittelabhängigkeit zu achten, zum anderen auf Möglichkeiten einer Gefährdung des Versicherten.

Die Entscheidung über die Menge der verordneten Arzneimittel trifft die behandelnde Ärztin oder der behandelnde Arzt. Diese können im Einzelfall mehr als eine Packung oder Einzelmengen verordnen, wenn dies therapeutisch zweckmäßig und wirtschaftlich ist. Allerdings sollte die Ärztin/der Arzt einen sachlichen Grund für die Abweichung vom üblichen Therapieintervall haben. Es muss nachvollziehbar sein, dass diese abweichende Verordnung erkennbar sachgerecht ist, um die gesetzliche Vorgabe zur Sicherung von Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit der Therapie zu erfüllen.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit diesen Informationen weiterhelfen und wünsche Ihnen für die Zukunft alles Gute.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr

Wolfgang Zöller MdB