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Wolfgang Zöller
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Frage von Claudiac J. •

Frage an Wolfgang Zöller von Claudiac J. bezüglich Gesundheit

keiner darf Hundebabys die Ohren oder die Schwänze kupieren! Kinder dürfen endlich nicht mehr geschlagen werden. Wenn kleinen Mädchen die Genitalien verstümmelt werden aus "religiösen Gründen", schreit die zivilisierte Welt zu Recht auf. Jetzt war endlich ein Gericht so mutig, auch gegen die sexuelle Verstümmelung von kleinen Jungs zu protestieren und per Urteil zu verbieten. Ich sitze nun vor meinem Fernseher bei tagesschau 24, und sehe in dem unterlaufendem Nachrichtenband alle paar Minuten, dass die Familienministerin Schröder die Körperverletzung von männlichen Kindern legalisieren lassen will. Gibt es Gründe, die das Recht auf körperliche Unversehrtheit außer Kraft setzt? Würde die Legalisierung nicht dazu führen, dass die Verstümmelung von Mädchen auch genehmigt werden müsste, da sie ja auch religiös und traditionell begründet wird? Gibt es einen Unterschied zwischen Körperverletzung und Körperverletzung?

Hochachtungsvoll
Claudia Jurjanz

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Antwort von
CSU

Sehr geehrte Frau Jurjanz,

ich komme zurück auf Ihre Anfrage vom 16. Juli 2012, in der Sie auf das Urteil des Landgerichts Köln vom 7. Mai 2012 zur Strafbarkeit der Beschneidung aus religiösen Gründen eingehen.

Das Urteil des Landgerichts Köln hebt in besonderem Maße das Grundrecht der betroffenen Kinder auf körperliche Unversehrtheit hervor. Eine Beschneidung stellt nach Überzeugung des Gerichts eine Körperverletzung dar und ist für das Kind nicht nur vorteilhaft, sondern auch mit Risiken verbunden.

Die Entscheidung des Gerichts entfaltet keine über den konkreten Einzelfall hinausgehende rechtliche Bindungswirkung. Sie hat allerdings zu erheblicher Verunsicherung geführt - vor allem bei jüdischen und muslimischen Gläubigen. Obwohl andere Gerichte zuvor in vergleichbaren Verfahren zu einem anderen Ergebnis gelangt waren, befürchten muslimische und jüdische Bürgerinnen und Bürger, dass religiöse Beschneidungen von Jungen in Deutschland generell nicht mehr erlaubt sind. Auch die behandelnden Ärzte sind verunsichert, ob sie sich für religiös veranlasste Beschneidungen strafbar machen -- selbst wenn der Eingriff medizinisch fachgerecht vorgenommen wird.

Der Deutsche Bundestag hat deshalb am 19. Juli 2012 mit einem _fraktionsübergreifenden Beschluss_ die Bundesregierung aufgefordert, bis zum Herbst einen Gesetzentwurf vorzulegen, der die grundgesetzlich geschützten Rechtsgüter des Kindeswohls, der körperlichen Unversehrtheit, der Religionsfreiheit und des Rechts der Eltern auf Pflege und Erziehung miteinander in Einklang bringt.

Der Gesetzentwurf soll für alle Beteiligten Rechtssicherheit schaffen. Und er soll sicherstellen, dass eine _medizinisch fachgerechte Beschneidung_ von Jungen _ohne unnötige Schmerzen grundsätzlich rechtlich zulässig_ ist. Als Mitglied der CSU-Landesgruppe im Deutschen Bundestag unterstütze ich diese Entscheidung ausdrücklich - denn jüdisches und muslimisches Leben muss in Deutschland auch weiterhin möglich sein. Die Beschneidung von Jungen hat für Juden und Muslime eine zentrale religiöse Bedeutung und zählt zu den konstitutiven Elementen im jüdischen Glauben. Auch im Islam gilt die Beschneidung gemeinhin als unverzichtbar.

Wie Sie wissen, ist die Beschneidung der am häufigsten durchgeführte chirurgische Eingriff weltweit. Auf der anderen Seite ist aber selbstverständlich auch zu berücksichtigen, dass die Beschneidung einen irreversiblen Eingriff in die körperliche Integrität des Kindes darstellt und _bei nicht fachgerechter Durchführung_ auch zu Komplikationen führen kann.

Eine gesetzliche Regelung muss daher den Grundrechten von Eltern und Kindern gleichermaßen gerecht werden und zu einem schonenden Ausgleich führen. Die vorzunehmende Abwägung zwischen dem elterlichen Erziehungsrecht, der Religionsfreiheit sowie dem Recht auf körperliche Unversehrtheit und dem Wohl des Kindes ist dabei sicherlich nicht einfach. Umso wichtiger ist es daher für die Kinder, Eltern und behandelnden Ärzte Rechtssicherheit zu schaffen.

Ich werde die öffentliche und politische Diskussion in den nächsten Wochen und Monaten weiterhin aufmerksam verfolgen und mich zusammen mit meinen Kolleginnen und Kollegen der CSU-Landesgruppe im Deutschen Bundestag konsequent für eine gesetzliche Regelung einsetzen, die den Interessen aller Beteiligten am meisten gerecht wird.

Ich wünsche Ihnen alles Gute und verbleibe

mit freundlichen Grüßen

Ihr
Wolfgang Zöller, MdB