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Wolfgang Zöller
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Frage von Elisabeth H. •

Frage an Wolfgang Zöller von Elisabeth H. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrter Herr Zöller,

nach der Berufsordnung der niedersächsischen Zahnärzte von 2006 § 13 (3) ist es niedersächsischen Zahnärzte untersagt, Privatgutachten für Patienten ohne Zustimmung des behandelnden Zahnarztes zu erstellen. Wer die Realität in Zahnarzthaftpflichtprozessen kennt und weiß, dass Gerichte gern auf Gutachter zurückgreifen, die von den Zahnärztekammern genannt werden. Diese also letztlich die Kontrolle darüber haben, wer als Gutachter tätig wird oder wer nicht. In dieser Situation haben Patienten in der Regel nur eine Chance vor Gericht, wenn Sie auf Privatgutachter zurückgreifen können. Die Voraussetzung der Zustimmung des behandelnden Zahnarztes im Falle einer Begutachtung im Auftrag des Patienten läuft meiner Meinung nach letztlich darauf hinaus, dass die Beweisführung für der Geschädigten im Zahnarzthaftpflichtfall weiter erschwert bzw. unmöglich gemacht wird.

Bitte teilen Sie mir mit, ob diese Bestimmung der Berufsordnung sich Ihrer Meinung nach mit dem Recht geschädigter Patienten auf einen fairen Gerichtsprozess und auf "Waffengleichheit" vor Gericht vereinbaren lässt.

Mit freundlichen Grüßen
Elisabeth Hase

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Antwort von
CSU

Sehr geehrte Frau Hase,

ich bedanke mich für Ihre Anfrage über abgeordnetenwatch.

Sie sprechen die Norm des § 13 Abs. 3 der Berufsordnung der Zahnärztekammer Niedersachsen an.

Nach dieser Vorschrift ist Niedersächsischen Zahnärzten die Begutachtung zahnärztlicher Leistungen und Gebührenberechnungen anderer Zahnärzte nur gestattet, wenn entweder die Zustimmung des behandelnden Zahnarztes oder ein Auftrag der Zahnärztekammer Niedersachsen, der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Niedersachsen, einer Behörde oder eines Gerichtes vorliegt.

Diese Regelung erschwert aus Ihrer Sicht die Beweisführung für Geschädigte im Schadenersatzprozess erheblich bzw. macht sie unmöglich. Sie bitten daher um Stellungnahme, ob sich dies mit dem Recht geschädigter Patienten auf einen fairen Gerichtsprozess und auf "Waffengleichheit" vor Gericht vereinbaren lässt. Ich stimme Ihnen zu, dass die genannten Regelung aus Sicht von Patientinnen und Patienten eine zusätzliche und unnötige Hürde für die Aufklärung von zahnärztlichen Behandlungsfehlervorwürfen darstellt und die Akzeptanz der Entscheidungen erschwert.

Patienten, die durch einen Behandlungsfehler geschädigt wurden, haben ein Recht darauf, dass die Behandlungsfehlervorwürfe in einem transparenten und zügigen Verfahren aufgearbeitet werden. Hierzu gehört auch, dass die Begutachtungsverfahren transparent und fair ausgestaltet sind.

Obwohl im Gutachterwesen insgesamt schon zahlreiche Anstrengungen in Richtung Transparenz und Qualitätssicherung zu verzeichnen sind, ist die Stärkung der Rechte der Patientinnen und Patienten bei einem Behandlungsfehler ein wichtiges Anliegen im Rahmen des Patientenrechtegesetzes.

Unterschiedliche Verfahren der außergerichtlichen Streitbeilegung bei den Gutachter- und Schlichtungsstellen der (Zahn-)Ärztekammern in den einzelnen Ländern führen zu Intransparenz und erschweren die Akzeptanz der Ergebnisse. Deshalb halte ich es im Rahmen der Bestrebungen um das Patientenrechtegesetz für wünschenswert, einheitliche und transparentere Verfahren zu schaffen und vor allem auch Patientenvertreter in die Spruchkörper einzubeziehen. Hier sind die einzelnen Länder und die ärztliche Selbstverwaltung aufgefordert, zusammenzuwirken und einheitliche und transparente Verfahren zu erarbeiten

Für maßgeblich halte ich in diesem Zusammenhang auch die flächendeckende Einrichtung spezialisierter Arzthaftungskammern durch die Landgerichte. Sie schaffen die Möglichkeit, die für Arzthaftungsprozesse notwendigen besonderen Fachkenntnisse in diesen Kammern vorzuhalten und damit die im Verfahren vorgelegten medizinischen Gutachten besser einzuschätzen. Das kann einen wichtigen Beitrag zur Beschleunigung der Verfahren leisten.

Die konkrete Ausgestaltung des Gesetzesentwurfes des Patientenrechtegesetzes ist unter Einbindung aller Beteiligten entstanden und wurde im Januar der Öffentlichkeit vorgestellt. Nähere Informationen und insbesondere den Entwurf des Patientenrechtegesetzes finden Sie auf der Internetseite www.patientenbeauftragter.de. Nach der Kabinettbefassung erwarte ich im Frühsommer diesen Jahres den Beginn der parlamentarischen Beratungen.

Abschließend möchte ich Ihnen für Ihre Schilderung danken. Die Anliegen und Anregungen der Patientinnen und Patienten werden in der Geschäftsstelle des Patientenbeauftragten der Bundesregierung aufgenommen und systematisch ausgewertet. Aus dem regen Gedankenaustausch mit Patientinnen und Patienten, aber auch allen anderen Beteiligten im Gesundheitswesen, ergeben sich wichtige Hinweise für die Weiterentwicklung des Gesundheitssystems.

Ich habe daher Ihre Anfrage zum Anlass genommen und der Niedersächischen Sozial- und Gesundheitsministerin, Frau Özkan mitgeteilt, dass ich bezüglich der Regelung des § 13 Abs. 3 der Berufsordnung der Zahnärzte Änderungsbedarf sehe und sie um eine Stellungnahme gebeten.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit dieser Information weiterhelfen. Für Fragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Wolfgang Zöller MdB