Frage an Wolfgang Zöller von Frederik S. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrter Herr Zöller,
heute erreichte mich ein kurzer Brief eines Angestellten in einem Krankenhauses. Den recht prägnanten Brief möchte ich Ihnen zitieren, da ich es wichtig finde, dass die "Basis" den Kontakt zu den Entscheidungsträgern nicht abreißen lässt. Namen und Orte habe ich zum Schutz des Angestellten zensiert. Einige Passagen des Briefes mussten dem Zeichenlimit zum Opfer fallen; der Sinn der Sätze ist aber erhalten geblieben. Mich würde Ihre Meinung zu diesem Brief und der Lage der Krankenhäuser interessieren.
"Im {KH} erhalten alle neuen Mitarbeiter befristete Verträge max. über 1 Jahr. Das {KH} lässt zzt. alle befristeten Verträge auslaufen. So trennt man sich vom Personal, um das {KH} wieder in die schwarzen Zahlen zu bringen. Wie dann noch die Arbeit geschafft werden soll, wissen die verbleibenden Mitarbeiter nicht. Sie kündigen und verlassen das {KH}, sofern sie die Möglichkeit haben. Die Patientenversorgung wird immer schlechter, die Einhaltung der Hygienevorschriften ist gefährdet und die logistische Versorgung (Medikamente auf Station) wird immer schlechter. Beraterunternehmen und Geschäftsleitung schlucken das Geld, das durch Personalabbau eingespart wird. Die Patienten bleiben aus, weil die Ärzte sie nicht mehr ins {KH} einweisen. Der Rückgang der Patientenaufnahme und geschlossene OP-Säle sind der Beweis. Das {KH2} wird zum Jahresende komplett geschlossen. Ich vermute, dass das {KH3} auch noch verkauft wird und zu allerletzt das {KH} an einen privaten Anbieter geht.
Führungskräfte bringen ein Unternehmen [...] in den Ruin, verschwinden dann mit hohen Abfindungen und hinterlassen einen Schrotthaufen, aus dem die Mitarbeiter [...] wieder ein rentables Unternehmen machen sollen. Die Unschuldigen baden immer wieder die Skrupellosigkeit der Führungskräfte aus. Warum werden diese Führungskräfte und Manager für ihre Misswirtschaft und für ihre Unfähigkeiten nicht zur Verantwortung gezogen?"
Mit freundlichem Gruß
Frederik Schwarzer
Sehr geehrter Herr Schwarzer,
danke für Ihre Anfrage, die sie über www.abgeordnetenwatch.de an mich gestellt haben. Sie berichten mir über die Personalsituation in Krankenhäusern und befürchten, dass aufgrund der geschilderten Umstände die Versorgung von Patientinnen und Patienten gefährdet sein könnte.
Für Ihre Anregungen und Hinweise danke ich Ihnen und versichere Ihnen, dass die an mich gerichteten Einzelfragen, aber auch allgemeine Stellungnahmen sorgfältig ausgewertet werden. Sie tragen dazu bei, Probleme zu erkennen und fließen, soweit sie verwertbare Hinweise für die weitere Entwicklung des Kranken- und Pflegeversicherungsrechts enthalten, in die Gesetzgebung ein. Der Gedankenaustausch mit Bürgern, Ärzten und weiteren Beteiligten im Gesundheitswesen dient dazu, Probleme zu benennen und Lösungsmöglichkeiten aufzuzeigen sowie die Diskussion darüber zu vertiefen. Vorschläge zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung und zur Lösung der Kosten- und Finanzierungsprobleme sind daher willkommen.
Sofern Sie die Personalplanung im Bereich der Pflege sowie auf die Arbeitsbedingungen von Pflegenden und deren schwierige Situation in Krankenhäusern hinweisen, ist anzumerken, dass die Bundesregierung mit zahlreichen Maßnahmen darauf reagiert hat. Der Handlungsbedarf wurde vor allem durch den in den letzten 10 Jahren erfolgten Abbau von rund 50.000 Pflegestellen ausgelöst. Gleichzeitig hat - worauf auch Sie richtigerweise hingewiesen haben - die Belastung des Pflegepersonals durch medizinische und technische Entwicklungen, Arbeitsverdichtung, demographische Veränderungen sowie steigende Versorgungsintensität der Patientinnen und Patienten zugenommen. Damit die Pflegenden ihre wichtige Aufgabe auch in der Zukunft erfüllen können, sind Verbesserungen deshalb geboten.
Ein erster wichtiger Schritt ist hierbei das sogenannte Pflegestellen-Förderprogramm, das mit dem Krankenhausfinanzierungsreformgesetz (KHRG) im März 2009 eingerichtet wurde. Das Programm soll den Krankenhäusern die Neueinstellung von zusätzlichem Pflegepersonal sowie die Aufstockung vorhandener Teilzeitstellen durch eine anteilige Finanzierung (90-prozentige Förderung) aus Mitteln der Kostenträger erleichtern. Mit den vorgesehenen Fördermitteln in Höhe von rund 660 Millionen Euro können bis zu 16.500 neue Pflegepersonalstellen geschaffen werden. Die Förderregelung sieht zudem vor, dass ein Krankenhaus bis zu 5 Prozent seiner Fördermittel auch für arbeitsorganisatorische Maßnahmen verwenden kann, die geeignet sind, den Pflegedienst zu entlasten. Bereits im ersten Förderjahr konnte belegt werden, dass das Förderprogramm von den Krankenhäusern umfassend genutzt wurde.
Mit dem KHRG wurden aber noch weitere wichtige Maßnahmen vorgenommen, die die wirtschaftliche Lage der Krankenhäuser verbessern und sich zugunsten der Beschäftigten im Krankenhaus auswirken. So erforderten die zuletzt von den Tarifpartnern vereinbarten Lohn- und Gehaltssteigerungen für die Beschäftigten im Krankenhaus Veränderungen. Deshalb regelt das KHRG für das Jahr 2009 die Möglichkeit der anteiligen Finanzierung der Tariflohnerhöhungen 2008 und 2009 durch die Krankenkassen. Diese finanzielle Entlastung der Krankenhäuser soll dazu beitragen, einem weiteren Personalabbau in den Einrichtungen entgegenzuwirken.
Im Interesse einer Unterstützung der Krankenpflegeausbildung wird darüber hinaus die Finanzierung der Praxisanleitung für Auszubildende in der Krankenpflege und der Ausbildungsvergütungen für Hebammen und Entbindungspfleger sichergestellt.
Für psychiatrische und psychosomatische Einrichtungen sieht das KHRG die Einführung eines pauschalierenden tagesbezogenen Entgeltsystems ab dem Jahr 2013 und eine kurzfristige Verbesserung der Finanzierung der Personalstellen nach der Psychiatrie-Personalverordnung vor.
Grundsätzlich ist darauf hinzuweisen, dass Mitglieder des Bundestages als auch die Bundesregierung auf die Tarifgestaltung keinen unmittelbaren Einfluss haben. Vielmehr ist grundsätzlich auf die im Grundgesetz verankerte Autonomie der jeweils zuständigen Tarifpartner zu verweisen. Danach liegt die Vereinbarung angemessener Löhne und Gehälter in der Pflege in der Verantwortung der Tarifparteien.
Um speziell für die Krankenhauspflege weitere Verbesserungen anzustoßen, wurden auf einem Pflegegipfel mit den in diesem Bereich maßgeblichen Interessenvertretungen auf Bundesebene (Deutsche Pflegerat, ver.di, Arbeitsgemeinschaft "Junge Pflege", Spitzenverband Bund der gesetzlichen Krankenkassen, Deutsche Krankenhausgesellschaft, Verband der Krankenhausdirektoren, Bundesärztekammer und Vertreter der Pflegewissenschaft) geeignete Lösungsansätze erörtert. Dabei konnten Handlungsempfehlungen zu den wesentlichen Problemstellungen der Krankenhauspflege (z.B. zur Unterstützung eines sachgerechten Pflegepersonaleinsatzes im Krankenhaus und zur Erhöhung der Attraktivität des Pflegeberufs) erarbeitet werden. Diese Maßnahmen werden derzeit umgesetzt.
Abschließend möchte ich Sie darüber informieren, dass für die Organisation von Arbeits- und Behandlungsabläufen die Krankenhäuser eigenverantwortlich zuständig sind. Die aufsichtsrechtliche Überwachung liegt in der Kompetenz der Bundesländer. Gleiches gilt für die Einhaltung der Hygienevorschriften. Die Länder sind auch für die Krankenhausplanung zuständig.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Wolfgang Zöller MdB