Frage an Wolfgang Zöller von Stephan W. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrter Herr Zöller,
die CSU hat verhindert, eine Gesundheitspauschale einzuführen, obschon für Geringverdiener ein steuerfinanzierter Sozialausgleich vorgesehen war. Dieses Konzept hätte -erstmals- auch Beamte, Abgeordnete, Privatversicherte usw. solidarisch mit in die Finanzierung des Gesundheitswesens eingebunden.
Nach aktuellen Medienberichten über die laufenden Verhandlungen mit der CDU und der FDP plant die CSU nun sogar eine Ausweitung der von der rotgrünen Regierung eingeführte, einseitig zu Lasten der Beitragszahler ausgerichtete asymmetrische Finanzierung der Krankenkassen. Der sogenannte´ Arbeitgeberbeitrag bleibt demnach festgeschrieben, den Arbeitnehmern wird noch mehr Beitrag bzw. Zuschlag abverlangt.
Das ist ganz zweifellos weder sozial noch solidarisch. Meine Frage: warum schont die CSU Arbeitgeber, Beamte etc, und belastet einseitig die gesetzlich versicherten Beitragszahler noch höher? Daran ändert auch der Bundeszuschuss an die Krankenkassen nichts wesentliches.
Mit freundlichen Grüßen,
Stephan Wunsch
Sehr geehrter Herr Wunsch,
vielen Dank für Ihre E-Mail. Unser Gesundheitssystem steht vor den Herausforderungen, die aus dem demografischen Wandel und dem medizinischen Fortschritt folgen. Angesichts eines prognostizierten Defizits im Gesundheitswesen von elf Milliarden Euro im Jahr 2011 musste gehandelt werden. Unser oberstes Ziel war es, die erstklassige medizinische Versorgung für alle Versicherten in Deutschland zu erhalten, unabhängig von Alter und finanzieller Situation.
Die Koalition hat sich auf einen Mix von Maßnahmen zur Ausgabenbegrenzung und Einnahmensteigerung verständigt. Für die CSU war entscheidend, dass dabei die Lasten gerecht verteilt werden. Zwei Milliarden Euro kommen zusätzlich aus Steuermitteln. 3,5 Milliarden Euro tragen die Leistungserbringer bei. An erster Stelle stehen hierbei Kostendämpfungen im Arzneimittelbereich und eine Reduzierung der Verwaltungskosten in der Gesetzlichen Krankenversicherung. Daneben leisten auch Ärzte und Krankenhäuser einen Beitrag durch Begrenzung der vorausgesagten Ausgabenzuwächse. Weitergehende Einsparungen wären zu Lasten der Patienten und der Hochwertigkeit unseres Gesundheitssystems gegangen. Jeweils drei Milliarden Euro erbringen die Arbeitgeber und die Arbeitnehmer durch die Rückkehr zu dem Beitragssatz, der vor Juli 2009 galt. Vor der Wirtschafts- und Finanzkrise lag der allgemeine Beitragssatz bereits bei 15,5 Prozent und wurde zur Sicherung der Arbeitsplätze in der Krise vorübergehend auf 14,9 Prozent abgesenkt. Dieser Schutzschirm zur Abmilderung der Krisenfolgen in den Sozialsystemen kam Arbeitnehmern wie Arbeitgebern gleichermaßen zu Gute. Deshalb erfolgt auch die Rück-Anhebung der Beiträge paritätisch für Arbeitnehmer und Arbeitgeber um je 0,3 Prozentpunkte. Das ist unvermeidlich und angesichts der wirtschaftlichen Entwicklung auch verantwortbar.
Die Koalition erreicht auch das im Koalitionsvertrag vereinbarte Ziel, die Entwicklung der Gesundheitskosten von den Arbeitskosten zu entkoppeln. Der Arbeitgeberbeitrag wird auf der Höhe von 7,3 Prozent festgeschrieben. Zudem wird der gesetzliche Anpassungszwang für die einkommensabhängigen Beitragssätze bei einer Unterdeckung des Gesundheitsfonds aufgehoben. Damit werden langfristig Wachstum und Beschäftigung gefördert. Eine zukünftige Belastung des Faktors Arbeit, was den Verlust sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung zur Folge hätte, wird vermieden.
Für künftige unvermeidbare Kostensteigerungen aufgrund von Demographie und medizinischem Fortschritt wird die bereits vorhandene Möglichkeit für Krankenkassen erweitert, individuelle Zusatzbeiträge zu erheben. Die beitragsfreie und zusatzbeitragsfreie Familienversicherung bleibt selbstverständlich erhalten.
Die einkommensunabhängigen Zusatzbeiträge werden mit einem einfachen und unbürokratischen Sozialausgleich verbunden. Die Versicherten werden durch eine gesetzlich festgelegte Überforderungsgrenze davor geschützt, über Gebühr belastet zu werden. Übersteigt der durchschnittliche Zusatzbeitrag (nicht der tatsächlich je nach Krankenkasse zu bezahlende) eine Belastungsgrenze von zwei Prozent des individuellen Einkommens, greift der Sozialausgleich.
Der Sozialausgleich orientiert sich am durchschnittlichen Zusatzbeitrag und nicht am jeweiligen Zusatzbeitrag der gewählten Krankenkasse. Damit haben alle Mitglieder einen Anreiz, zu einer günstigen Krankenkasse oder auch zu einer teureren Krankenkasse mit zum Beispiel besseren Serviceleistungen zu wechseln. Der durchschnittliche Zusatzbeitrag wird dabei künftig in jedem Herbst für das Folgejahr neu festgelegt. Auf der Basis der wirtschaftlichen Entwicklung und der Ausgabenentwicklung in der gesetzlichen Krankenversicherung wird geschätzt, wie hoch der Finanzbedarf der Krankenkassen sein wird, der nicht durch Beitragszahlungen und Steuerzuschüsse gedeckt ist. Aus dieser Deckungslücke wird abgeleitet, wie hoch die Zusatzbeiträge des Folgejahres im Durchschnitt sein müssen.
Der Sozialausgleich wird aus Steuermitteln finanziert. Diese fließen an den Gesundheitsfonds und gleichen so Einnahmeausfälle durch den Sozialausgleich aus. Dies bedeutet den Einstieg in einen gerechteren Ausgleich zwischen Arm und Reich, denn ein steuerfinanzierter Sozialausgleich berücksichtigt die tatsächliche wirtschaftliche Leistungsfähigkeit aller Bürger.
Ich wünsche Ihnen alles Gute und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Ihr
Wolfgang Zöller MdB