Wie begründen Sie Ihre heutige Zustimmung im Deutschen Bundestag zu den Entschließungsanträgen Ihrer Fraktion, dessen Inhalt nicht nur rechtswidrig sondern auch in der Realität nicht umsetzbar ist?
Der Inhalt Ihres Antrages würde neben seiner Rechtswidrigkeit zudem zu massiven Konflikten mit unseren europäischen Nachbarn führen. Vollständige Grenzkontrollen würden zu massiven Problemen im Warenverkehr führen, dies kann nicht im Interesse der deutschen Gesellschaft und Wirtschaft liegen.
Sie und Ihre Fraktion nahmen außerdem billigend in Kauf, dass mit der AFD eine gesichert rechtsextreme Partei, die unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung ablehnt, Ihrem Antrag zustimmt. Die Inhalte des Antrages sind teilweise eins zu eins von der AFD übernommen worden und somit zutiefst von einem rassistischen Grundton geprägt. Der Antrag löst keinerlei Probleme sondern trägt rein dazu bei, dass die Bevölkerung weiter verunsichert wird und die gesellschaftliche Spaltung zunimmt.
CDU/ CSU blockieren seit Jahrzehnten ein sinnvolles Einwanderungsgesetz und stellen Migration wieder einmal als Problem dar. Wie wollen Sie die Folgen der Überalterung der Gesellschaft ohne Zuwanderung lösen?

Sehr geehrter Herr K.,
vielen Dank für Ihre Nachricht zu den Abstimmungen über unsere Anträge und den Gesetzentwurf zu innerer Sicherheit und Migration in der vergangenen Woche.
Es braucht eine ehrliche Bestandsaufnahme der aktuellen Asyl- und Einwanderungspolitik. In den vergangenen zehn Jahren wurden im Schnitt weit über 50 Prozent der Asylanträge abgelehnt, doch die Zahl der tatsächlichen Rückführungen lag deutlich darunter. Dies hat nicht nur unsere Kommunen zunehmend an ihre Belastungsgrenzen gebracht, sondern auch die zuständigen Behörden. Die Attentäter aus Solingen, Mannheim, Magdeburg und Aschaffenburg hätten entweder schon lange nicht mehr in unserem Land leben dürfen oder unter Beobachtung stehen müssen. Dass dies nicht geschehen ist, zeigt, die Behörden sind mit dieser Masse an Zustrom massiv überlastet. Die Anschläge und das Wissen darum, dass Behörden nicht mehr eingreifen können, weil sie es nicht mehr schaffen – wie zuletzt immer wieder deutlich wurde – beschädigt die innere Sicherheit sowie das Vertrauen der Gesellschaft in den Staat. Zudem trifft es diejenigen, die wirklich Schutz benötigen, sie geraten unter Generalverdacht und müssen aufgrund überlasteter Behörden lange auf ihre Verfahren warten.
Anders als SPD und Grüne, die übrigens bis heute keine eigenen Lösungen vorgelegt haben, können wir hier nicht tatenlos zusehen. Es ist inzwischen zu viel passiert. Denken Sie an die Verletzten, die Getöteten und ihre Angehörigen. Sollen diese Anschläge die neue Normalität in Deutschland sein? Ich möchte das ausdrücklich nicht! Aus dieser Überzeugung heraus haben wir unsere Initiativen in den Bundestag eingebracht. Das ist gelebte Demokratie, und Demokraten dürfen sich nicht von extremistischen Parteien vorschreiben lassen, wie sie sich zu verhalten haben. Man darf ihnen kein Vetorecht über die politische Agenda einräumen. Ebenso wenig dürfen wir zulassen, dass SPD, Grüne und linke Gruppen sie als Vorwand nutzen, um den Willen der Mehrheit der Bevölkerung dauerhaft zu ignorieren.
Versuche, uns in die rechte Ecke zu stellen, weise ich entschieden zurück! Unser Ansatz unterscheidet sich fundamental von dem der AfD: Während diese pauschal fordert, „alle [Ausländer] abzuschieben“, setzen wir uns für die konsequente Umsetzung des geltenden Rechts ein. Wir erkennen den Wert der Zuwanderung für unser Land und stehen klar zum Recht auf Asyl. Doch zu diesem Recht gehört eben auch, dass Personen, die nach gründlicher Prüfung keinen Schutzstatus erhalten, in ihre Heimatländer zurückgeführt werden. Von einem Rechtsbruch kann ebenfalls keine Rede sein. Als Parlament sind wir die gesetzgebende Gewalt und damit das Verfassungsorgan, das neue Gesetze berät und beschließt und bestehende Gesetze ändern kann. Andere europäische Länder, wie etwa Dänemark mit einer sozialdemokratischen Regierung, haben es geschafft, eine konsequente Migrationspolitik zu verfolgen und Punkte, die auch wir fordern, europarechtskonform umzusetzen. Wieso sollte dies nur in diesen Ländern möglich sein und nicht in Deutschland? Übrigens haben SPD und Grüne einer Änderung des Asylsystems in Europa bis heute - gegen die ausdrückliche Mehrheit der europäischen Staaten - nicht zugestimmt.
Immer wieder haben meine Kollegen und ich in den letzten Jahren versucht, in dieser Sache mit der Bundesregierung zusammenzuarbeiten – ohne Erfolg. Entgegen allen Behauptungen: CDU und CSU haben im Bundestag keine Mehrheit mit der AfD. Wir suchen – und das haben wir immer wieder klargestellt – eine Mehrheit der demokratischen Mitte des Parlaments. Ich hatte bis zuletzt inständig gehofft, dass v.a. die SPD-Bundestagsfraktion zur Vernunft kommt und den Vorschlägen unseres Gesetzes zustimmt. Sämtliche enthaltene Regelungen waren bereits Gesetz, teils 2016 mit der SPD beschlossen. Forderungen darin, haben alle Ministerpräsidenten (auch die der SPD) im Rahmen einer Ministerpräsidentenkonferenz entwickelt. Der befristeten Aussetzung des Familiennachzugs hatte die SPD bereits in der Vergangenheit zugestimmt. Die SPD hat immer betont, dass sie Migration "ordnen" wolle. Dafür hätte das Wort "Begrenzung" ins Aufenthaltsgesetz wieder aufgenommen werden müssen, das auf Druck der Grünen zu Beginn der Ampel-Regierung gestrichen wurde. Und, wir wollten die Bundespolizei stärken und ihr mehr Befugnisse geben, damit z.B. auch unsere Bahnhöfe wieder sicherer werden. Eine Forderung, die sich sogar im Wahlprogramm der SPD findet.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Wolfgang Stefinger