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Wolfgang Stefinger
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Frage von Dirk L. •

Frage an Wolfgang Stefinger von Dirk L. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Hr. Dr. Stefinger,

wie stehen Sie zu einer gerechten und fairen Besteuerung von internationalen Großkonzernen, bzw. zur gängigen Praxis der Steuervermeidung und Ausnutzung von Steuerprivilegien für eben diese Unternehmen?

Wieso haben Sie bei der Abstimmung "Konzerntransparenz gegen Steuerflucht einführen" mit nein gestimmt? Würde diese Transparenz nicht dabei helfen eine Beziehung bzgl. Ort der Erzielung digitaler Gewinne und dem Ort der Besteuerung dieser Gewinne herzustellen und damit die Voraussetzung einer "gerechten" Besteuerung überhaupt erst möglich machen?

Mit freundlichen Grüßen
D. L.

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Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr L.,

vielen Dank für Ihre Nachricht vom 19. Mai 2019, die Sie über abgeordnetenwatch.de an mich gerichtet haben. Gerne erläutere ich Ihnen im Folgenden die Beweggründe für mein Stimmverhalten bzgl. des Antrags der Fraktion Die Linke „Konzerntransparenz gegen Steuerflucht einführen“.

Der Antrag sieht vor, dass die Bundesregierung sich für die Einführung einer „umfassenden öffentlichen länderspezifischen Berichterstattungspflicht von multinationalen Konzernen einsetzt“, damit diese Gewinne schwieriger über Ländergrenzen verschieben können um Ihre Steuerlast zu drücken.

Grundsätzlich teile ich Ihre Sorge hinsichtlich der Problematik der transnationalen Verlagerung von Unternehmensgewinnen mit der Intention der Steuervermeidung, da ein solches Verhalten multi-nationaler Konzerne nicht nur den Grundsätzen der Steuergerechtigkeit widerspricht, sondern zudem langfristig die Gefahr eines negativen Steuerwettbewerbs birgt, der zur Erosion der Steuer-bemessungsgrundlagen führen kann.

Während ich den internationalen Kampf gegen Steuervermeidung daher befürworte und unter-stütze, betrachte ich die Vorgehensweise, die der Antrag der Fraktion Die Linke vorsieht, nicht als zielführend. Ein Kommentar der Süddeutschen Zeitung von Anfang 2019 nannte den Ansatz Unter-nehmen zu zwingen, entsprechende Zahlen ihrer Bilanz zu veröffentlichen unter anderem deshalb nicht sinnvoll, da zu erwarten sei, dass unter diesen Voraussetzungen weniger Länder bereit wären, entsprechende Vereinbarungen mitzutragen.

Der Kampf gegen Steuervermeidung gestaltet sich vor allem deshalb so schwierig, da ihm die Problematik des sogenannten „kollektiven Handelns“ zugrunde liegt, d.h. dass es zumindest kurzfristig durchaus rationale Gründe für individuelle Staaten gibt, sich einer konstruktiven Lösung zu verweigern. Vor diesem Hintergrund glaube ich, dass wir Regulierungsmaßnahmen, die die Hürde zur konstruktiven Kooperation höher legen, unbedingt vermeiden sollten. Regulierungsfragen der Unternehmensbesteuerung unterliegen somit komplexen Wechselwirkungen, weshalb wir die zu erwartenden Folgeeffekte insbesondere hinsichtlich unerwünschter Nebenwirkungen unbedingt genau analysieren müssen.

Grundsätzlich sollte man ein Schutzbedürfnis für bestimmte Geschäftszahlen von Unternehmen, die im internationalen Wettbewerb stehen und sich diesem stellen müssen, zumindest zur Kenntnis nehmen. Darüber hinaus gilt es zu berücksichtigen, dass die Transparenz, die das Motiv des Antrag darstellt, nicht so einfach herzustellen ist: Es gibt viele Gründe, warum ein Unternehmen in einem Jahr einen niedrigeren Gewinn ausweist und/oder niedrigere Steuern zahlt – erfolgreiche Gewinnverlagerung im Rahmen von Steuergestaltungsmodellen ist allenfalls einer hiervon. Wenn ein Unternehmen in einem Jahr aus völlig legitimen Gründen einen niedrigeren Gewinn ausweist, dann gehen wir mit der falschen Ausgestaltung von Transparenzregeln das Risiko ein, dass dieses Unternehmen vollkommen ungerechtfertigt einen Reputationsschaden erleidet.

Bei einem komplexen Thema wie der Steuervermeidung, gibt es keine regulatorischen Abkürzungen. Dennoch bin ich der Meinung, dass wir in den letzten Jahren auf diesem Gebiet bereits signifikante Fortschritte erzielt haben.

Auf Bestreben der Bundesregierung wurde beispielsweise der internationale Informationsaustausch zwischen den Steuerbehörden der jeweiligen Länder deutlich verbessert. Zu den Fortschritten zählt auch das sog BEPS-Projekt, also die OECD-Anstrengungen gegen „Base Erosion and Profit Shifting“, das u.a. vorsieht, neue Standards für die Hinzurechnungsbesteuerung zu erarbeiten, den Betriebsstättenbegriff zu aktualisieren, sowie die digitale Wirtschaft stärker zu besteuern.

Zudem haben die EU-Finanzminister kürzlich die Einrichtung einer Liste von nicht-kooperativen Staaten beschlossen. Maßstab ist unter anderem die Umsetzung der BEPS-Kriterien. Damit ist es international gelungen, Defizite einzelner Länder aufzulisten. Dies ist dazu angetan, den Druck auf Steueroasen zu erhöhen, so dass diese sich konform verhalten und ihre Regeln an Mindeststandards anpassen.

Wie Sie den Medien in den letzten Tagen entnehmen konnten, zeigt sich die Bundesregierung zuversichtlich in naher Zukunft ein Abkommen auf Ebene der G20-Staaten etablieren zu können, welches eine globale Mindestbesteuerung von Konzernen vorsieht. Dies ist ein weiterer Schritt in die richtige Richtung. Insgesamt denke ich, dass wir uns bei dem von Ihnen angesprochenen Thema auf einem guten Weg befinden.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Wolfgang Stefinger, MdB

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