Frage an Wolfgang Stefinger von Johann F. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Hallo Hr. Dr. Stefinger,
wie Sie sicher wissen, mit der Ausstellung von mehr als doppelt sovielen Lobbyisten-Ausweisen für den Bundestag, als von allen anderen Parteien zusammen, vertreten sie oder die CSU/CDU sehr viel weniger das Volk, als die Industrie oder Arbeitgeber, d. h.,
damit ist die CSU/CDU unter Merkel (Top-Lobbyistin) vom normalen Volk NICHT wählbar und im Prinzip eigentlich undemokratisch; auch bei der öffentlichen Transparenz der Interessenverteter ist die CDU vehement dagegen!
Was ist Ihre Meinung?
M. fr. Gruß, Joh. F.
Sehr geehrter Herr Frank,
haben Sie besten Dank für Ihre Frage über abgeordnetenwatch.
Wie Sie sicherlich wissen, ist die Bundesrepublik Deutschland eine pluralistische Demokratie. Interessengruppen erfüllen darin eine wichtige Funktion und sind nicht per se schlecht. Sie bündeln und artikulieren Interessen, repräsentieren gesellschaftliche Vielfalt und bieten den verschiedenen gesellschaftlichen Akteuren Möglichkeiten der Partizipation.
Bundestagsabgeordnete sind gewählte Volksvertreter. Sie führen einen regen Austausch mit allen gesellschaftlichen Akteuren: Mit Bürgern, Unternehmen (die schließlich auch Arbeitsplätze schaffen), Umweltgruppen, Hilfsorganisationen, Ehrenamtlichen und Wissenschaftsvertretern, um nur einige Beispiele zu nennen. Sie sind mit allen relevanten gesellschaftlichen Akteuren in Kontakt, um deren Sorgen, Nöte und Vorstellungen zu kennen, denn sie wollen das Beste für die Menschen und das Land.
Bei Expertengesprächen und Anhörungen in den Ausschüssen des Deutschen Bundestages sind die Fraktionen stets darauf bedacht, ein breites Spektrum von Interessen und Gruppen zu berücksichtigen. Klar ist doch, dass wir Gesetze nicht einfach über die Köpfe der Betroffenen machen können. Natürlich müssen Fehlentwicklungen im Lobbybereich vermieden werden und es brauchte Regeln – hier ist in den letzten Jahren einiges auf den Weg gebracht worden, auch in Sachen Transparenz. So stellen einige Bundesministerien Informationen zu laufenden und abgeschlossenen Gesetzgebungsvorhaben frühzeitig auf ihrer Internetseite zur Einsicht bereit. Auf der Internetseite des Bundestages kann schon seit längerem die Öffentliche Liste registrierter Verbände aufgerufen werden. Anfang 2006 trat das Gesetz zur Regelung des Zugangs zu Informationen des Bundes, auch Informationsfreiheitsgesetz genannt, in Kraft. Es gewährt einer Antrag stellenden Personen einen voraussetzungslosen Rechtsanspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen von Bundesbehörden, sofern nicht legitime Schutzbelange entgegenstehen.
Freilich können im Gesetzgebungsprozess auch vertrauliche Hintergrundgespräche dazu gehören, um bestimmte Sachverhalte besser ein- und abschätzen zu können. Die pauschale Stigmatisierung von Interessenvertretern, gar deren Kriminalisierung, wäre aber überzogen.
Ihre Behauptung, dass die Union nur die Industrie und Arbeitgeber vertrete, ist unzutreffend. Als Volksparteien sprechen CDU und CSU alle Schichten und Gruppen an. Wir stehen nicht für die Interessen Einzelner, sondern vertreten die gesamte Breite der Gesellschaft. Dazu gehören selbstverständlich auch die Arbeitnehmer. Kein Unternehmen der Welt kommt ohne ihren fleißigen Einsatz aus. Wie Sie sicherlich wissen, hat die CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag auch eine Arbeitnehmergruppe, die sich tatkräftig für die Belange der Arbeitnehmer einsetzt.
Zu Ihrer These, wonach CDU/CSU „vom normalen Volk NICHT wählbar“ seien: Offenbar sieht dies ein beachtlicher Teil der Wählerinnen und Wähler anders, betrachtet man die aktuellen Umfragewerte. Dafür gibt es eine Vielzahl an Gründen, denn Deutschland steht in vielen Bereichen gut da – auch im internationalen Vergleich. Ich darf an dieser Stelle auf den Entwurf des Bundeshaushalts für das Jahr 2018 verweisen, der erneut die gute Finanz- und Wirtschaftspolitik der unionsgeführten Bundesregierung belegt. Zum vierten Mal in Folge legen wir einen Haushalt ohne neue Schulden vor. Vor dem Hintergrund der guten wirtschaftlichen Entwicklung rechnen wir mit Mehreinnahmen von rund 18 Milliarden Euro. Nicht unerwähnt lassen möchte ich, dass wir die niedrigste Arbeitslosenquote seit der Wiedervereinigung und die niedrigste Jugendarbeitslosigkeit in ganz Europa haben. Das wissen viele Bürger in unserem Land zu schätzen.
Dass wir keineswegs Politik für bestimmte Kreise machen, wie Sie es unterstellen, zeigt sich auch an den Schwerpunkten, die CDU und CSU in ihrem gemeinsamen Wahlprogramm für die nächste Legislaturperiode gesetzt haben: Entlastungen in Höhe von 15 Mrd. Euro bei der Einkommensteuer, Durchsetzung des Rechtsanspruchs auf Ganztagesbetreuung für Kinder im Grundschulalter, Schaffung von 15.000 neuen Stellen bei der Polizei – all das sind Dinge, von denen sehr viele Menschen in unserem Land profitieren werden. Dass die CSU sehr engagiert für ihre Versprechen kämpft und vieles davon auch durchsetzen kann, hat sie in dieser Legislaturperiode mehrfach bewiesen.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit diesen Informationen weiterhelfen und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Dr. Wolfgang Stefinger, MdB