Frage an Wolfgang Stefinger von Thomas P. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Anfang dieses Jahres (21.02.2017) wurde das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) durch die große Koalition im Bundestag verändert. Mit dieser Änderung haben sich verschiedene Teilnehmer des Diskurses kritisch auseinander gesetzt, z.B. die ZDF Kabarettsendung 'Die Anstalt' von 16.05.2017 (nachzusehen z.B. bei Youtube). Für den Hintergrund stellen die Macher der Sendung einen sogenannten 'Faktencheck' als PDF zur Verfügung.
'Die Anstalt' hat dabei massive Vorwürfe gegen das Gesetz erhoben, u.a.
* Wurde die Vereinbarkeit des Gesetzes mit den Vorgaben der EU (Richtlinie für Leiharbeit) in Frage gestellt
* Betroffenen geraten, sich einer Klage vor dem EuGH von Prof. Wolfgang Däubler anzuschließen
* Bemängelt, dass das Gesetz im Ganzen nicht zu 'Equal-Pay' führt, sondern statt dessen - durch Schaffung einer Vielzahl von Ausnahmetatbeständen - 'Equal-Pay' sogar verhindert.
* Die Öffnungsklausel für die Tarifparteien scharf kritisiert. (Mit Unterstützung der IG Metall ist es so z.B. möglich geworden, die Leiharbeitzeit sogar auf 48 Monate zu verlängern!)
Da sie in der fraglichen Zeit dem Bundestag angehört haben, würde ich gerne wissen, warum sie für das Gesetz gestimmt haben.
Ferner würde mich folgendes interessieren:
* Welche Grundsätze für die Bezahlung von Leiharbeit sollen gelten? Was ist mit 'Equal-Pay'? Wie soll das erhöhte Risko von Leiharbeitern, nicht weiter beschäftigt zu werden, finanziell ausgeglichen werden?
* Wie verträgt sich die unterschiedliche Bezahlung derselben Tätigkeit mit dem Leistungsgedanken in unserer Gesellschaft?
* Wie soll sich der Markt zur Arbeitnehmerüberlassung in den nächsten Jahren weiter entwickeln? Soll er - wie in den letzten Jahren - weiter wachsen? Oder soll er stärker eingeschränkt werden? Durch welche gesetzgeberischen Maßnahmen soll das erreicht werden?
Sehr geehrter Herr P.,
haben Sie vielen Dank für Ihre Nachricht zum Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG), die ich über abgeordnetenwatch erhalten habe.
Leiharbeit ist ein unverzichtbares Instrument für die Flexibilisierung des Arbeitsmarktes. Zum einen bietet sie Unternehmen die Möglichkeit, flexibel auf Auftragslagen zu reagieren, und zum anderen gibt sie hochqualifizierten Fachkräften die Chance, auftragsbezogen zu arbeiten, und ermöglicht arbeitslosen Menschen einen leichteren Einstieg in eine Beschäftigung. Wichtig ist aber, dass Leiharbeit nicht zu Lohndumping führt. Vor diesem Hintergrund hat der Deutsche Bundestag am 21. Oktober 2016 das Gesetz zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes beschlossen, das am 1. April 2017 in Kraft trat. Mit diesem Gesetz wollen wir den Missbrauch von Werkverträgen verhindern und die Arbeitnehmerüberlassung weiterentwickeln.
Die CSU stehet zum Grundsatz „gleicher Lohn für gleiche Arbeit“. Deswegen haben wir uns dafür eingesetzt, dass im § 8 AÜG der Grundsatz der Gleichstellung, der bisher auf verschiedene Regelungen im AÜG verteilt war, systematisch zusammengeführt und eine Neuregelung zu Equal Pay eingeführt wird. Demzufolge werden Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer künftig auch bei tarifvertraglichen Abweichungen spätestens nach einer Einsatzdauer von neun Monaten hinsichtlich des Arbeitsentgelts mit den Stammbeschäftigten gesetzlich gleichgestellt. Längere Abweichungen sind nur noch mit (Branchen-) Zuschlagstarifverträgen möglich. Für diese sieht der Gesetzentwurf Standards zur sozialen Absicherung vor.
Zur Kernfunktion der Arbeitnehmerüberlassung gehört, dass sie vorübergehend erfolgt. Um dies sicherzustellen, haben wir nun eine Überlassungshöchstdauer von 18 Monaten gesetzlich festgelegt. Um die notwendige Flexibilität der Leiharbeit zu erhalten, kann jedoch von der Überlassungshöchstdauer durch einen Tarifvertrag der Einsatzbranche oder durch eine auf Grund eines Tarifvertrages geschlossene Betriebs- oder Dienstvereinbarung abgewichen werden.
Für die CSU war es besonders wichtig, die neuen Regelungen für alle Beteiligten praxistauglich zu gestalten. Mit den Regelungen zur Überlassungshöchstdauer und zu Equal Pay ist es uns gelungen, die Bedeutung der Tarifpartner zu stärken. Denn sie kennen sich vor Ort am besten aus und können für jede Branche die richtigen Lösungen aushandeln.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Wolfgang Stefinger