Portrait von Wolfgang Neškovic
Wolfgang Neškovic
Einzelbewerbung
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Wolfgang Neškovic zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Walter K. •

Frage an Wolfgang Neškovic von Walter K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Warum Sie? Seit geraumer Zeit wähle ich nicht mehr die SPD, sondern die Linke.
Thema meiner Anfrage: Wieso passieren Regelungen wie die Bußgeldbestimmungen Ausschüsse und Parlament?
Sie sind ungerecht und widersprechen meiner Ansicht nach dem Grundsatz der Gleichheit.
Bußgeld soll alle Verkehrssünder gleich wirksam bestrafen, erziehen und abschrecken, nicht wahr?!.
Das tut es in der geltenden Form nicht!
Beispiel: Ein Bußgeld von 75€ entspricht 10% meiner Monatsrente, gleich Lebenshaltungskosten für eine Woche! Für Besserverdienende wie z.B. Sie oder gar einen Ackermann nicht einmal 1%! Eine Ungerechtigkeit sondergleichen wie alle Kopfpauschalen, nicht wahr?!
Gerecht wäre ein gleicher Prozentsatz (z.B. 1%) vom jeweiligen Einkommen. Und das ohne Bußgeldbemessungsgrenze!
Was sagen Sie dazu?

W.Keller

Portrait von Wolfgang Neškovic
Antwort von
Einzelbewerbung

Sehr geehrter Herr Keller,

vielen Dank für Ihre Frage.

Regelungen über die Höhe eines Bußgeldes sind im Gesetz über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) enthalten. Die Geldbuße beträgt nach § 17 Abs. 1 OWiG mindestens 5 Euro und - wenn das Gesetz nichts anderes bestimmt - bei vorsätzlicher Begehung höchstens 1.000 Euro. Diese Bußgeldrahmen gelten auch für die überwiegende Anzahl der Verkehrsordnungswidrigkeiten.

Die Grundlagen für die Zumessung der Geldbuße sind in § 17 Abs.3 OWiG enthalten.
Die Basis bilden danach die „Bedeutung“ der Ordnungswidrigkeit und der „Vorwurf, der den Täter trifft.“ Zwar spielen auch die wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters eine gewisse Rolle. Sie kommen nach dem Gesetzeswortlaut jedoch lediglich „in Betracht“, und auch dies nur bei nicht „geringfügigen“ Ordnungswidrigkeiten.

Insbesondere bei Verkehrsordnungswidrigkeiten wird jedoch ein Bedürfnis dafür angenommen, die Geldbuße nach Art eines Taxsystems einheitlich festzusetzen, um die zahlreichen Verfahren möglichst ohne großen bürokratischen Aufwand zu bewältigen und gleichartige Verstöße gleichmäßig zu ahnden. Zu diesem Zweck wurde in diesem Bereich vom Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Stadtentwicklung die Bußgeldkatalog-Verordnung (BKatV) erlassen. Diese enthält für Ordnungswidrigkeiten nach den § 24 und § 24a des Straßenverkehrsgesetzes Regelsätze, die bei fahrlässiger Begehung und gewöhnlichen Tatumständen festzusetzen sind.

Zu Recht weisen Sie darauf hin, dass es aber einen erheblichen Unterschied macht, ob eine Geldbuße von 100 € zum Beispiel von einem Pendler, der sich mit einem Mini-Job über Wasser halten muss oder von einem Einkommensmillionär zu zahlen ist. Während die Geldbuße für den Mini-Jobber einen dramatischen Eingriff in seine Lebensumstände bedeutet, kann für den Millionär von einer erzieherischen Wirkung, die das Bußgeld haben soll, kaum gesprochen werden.

Dennoch ist das Argument, dass die Feststellung der wirtschaftlichen Verhältnisse in jedem Einzelfall einen enormen bürokratischen Aufwand nach sich zöge, ernst zu nehmen. Soweit es um Ordnungswidrigkeiten mit einem nur geringen Unrechtsgehalt geht, die auch nur mit einer geringen Geldbuße geahndet werden (z.B. 10 Euro für einen Parkverstoß), wäre der bürokratische Aufwand für die Ermittlung der wirtschaftlichen Verhältnisse in jedem Einzelfall nicht vertretbar. Man stelle sich nur die Einkommensermittlung bei Selbstständigen vor.

DIE LINKE hat sich deshalb in der Vergangenheit für eine grundsätzliche Orientierung an einem in Finnland praktizierten Modell ausgesprochen. Dort werden z.B. bei Geschwindigkeitsüberschreitungen bis zu maximal 20 km/h Verwarnungsgelder nach einem festen Bußgeldrahmen verhängt. Bei Geschwindigkeitsüberschreitungen über 20 km/h wird die Geldbuße dagegen in Tagessätzen festgelegt, die auf dem Monatslohn des Verkehrssünders basieren und in jedem Einzelfall gesondert bestimmt werden. Bei entsprechenden Familien- und Vermögensverhältnissen kann der Tagessatz nach Vorlage entsprechender Nachweise auch herabgesetzt werden. Einigen vermögenden Verkehrssündern wurden so in der Vergangenheit Beträge in Höhe von 100.000 Euro für Tempoverstöße auferlegt. Eine solche Effektivierung des Verkehrsordnungswidrigkeitenrechts würde nicht nur eine Verbesserung der Sicherheit des Straßenverkehrs bewirken, sondern zugleich einen Zugewinn an sozialer Gerechtigkeit mit sich bringen.

Mit freundlichen Grüßen

Wolfgang Neskovic