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Frage von Hans-Günter G. •

Frage an Wolfgang Neškovic von Hans-Günter G. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Neskovic,

folgende Frage habe ich an Herrn Wiefelspütz (SPD) gerichtet:

Sehr geehrter Herr Wiefelspütz,

als Jurist und Richter a.D. können Sie mir bestimmt eine Frage beantworten, die mir schon lange unter den Nägeln brennt.

Wie wird der Begriff der "Verantwortung" juristisch ausgelegt und gehandhabt?

Ist es nicht so, dass Verantwortung nur dann übernommen werden kann, wenn bei Eintritt des negativen Ernstfalles die Folgen, also der entstandene Schaden weitgehenst wieder gut gemacht werden kann?
Kann ein Mensch für ein Projekt die Verantwortung übernehmen, wenn ein solches Projekt 1. nicht 100 % beherrschbar ist und 2. der zu befürchtende Schaden ins Gigantische geht?
Handelt ein Mensch, eine Organisation, eine Partei nicht schon kriminell, wenn bei all diesen Überlegungen, aus reiner Profitgier und unter Vortäuschung anderer Beweggründe ein Atomkraftwerk bauen lässt, oder ein bereits bestehendes weiter betreiben lassen will?
Wenn man weis, dass man niemals für auftretende Schäden aufkommen kann und trotzdem meint dies verantworten zu können, ist man kriminell und müsste eigentlich hinter Gitter - oder was meinen Sie, Herr Richter a. D.?

Mit besorgten Grüßen...

Seine Antwort war sehr dürftig und ausweichend.
Darf ich Ihnen die gleiche Frage zur beantwortung vorlegen?

Schöne Grüße
Hans-Günter Glaser

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Sehr geehrter Herr Glaser,

der Begriff der "Verantwortung" ist einer der zentralen Begriffe in der politischen, ethischen aber auch juristischen Auseinandersetzung um die Zulässigkeit der Nutzung der Atomenergie.

In seiner sogenannten Kalkar-Entscheidung aus dem Jahr 1978, bei der es um die Genehmigung eines Kernkraftwerkes des Typs "Schneller Brüter" ging, hat des Bundesverfassungsgericht ausgeführt: "In einer notwendigerweise mit Ungewissheit belasteten Situation liegt es zuvorderst in der politischen Verantwortung des Gesetzgebers und der Regierung, im Rahmen ihrer jeweiligen Kompetenzen die von ihnen für zweckmäßig erachteten Entscheidungen zu treffen. Bei dieser Sachlage ist es nicht Aufgabe der Gerichte, mit ihrer Einschätzung an die Stelle der dazu berufenen politischen Organe zu treten. Denn insoweit ermangelt es rechtlicher Maßstäbe." In einer späteren Entscheidung aus dem Jahr 1980 spricht das Verfassungsgericht davon, dass der Gesetzgeber durch Erlass des Atomgesetzes Mitverantwortung für die von der Kernkraftnutzung ausgehenden Gefährdungen übernommen habe.

Juristisch kann man sicher darüber streiten, ob die Entscheidung für die Nutzung der Atomenergie wegen des großen Risikopotentials- die verheerenden Folgen, die durch einen einzelnen Störfall eintreten können, hat man in Tschernobyl sehen können - gegen die Verfassung verstößt. Persönlich hätte ich mir - gerade in diesem Bereich - eine weniger zurückhaltende Beurteilung durch das Verfassungsgericht gewünscht.

Politisch und moralisch steht für mich jedoch ohne Zweifel fest: Eine immer nur auf Zeit gewählte Mehrheit hatte nicht das Recht, eine Entscheidung zu treffen, die für tausende von Jahren Gefährdungen bewirkt und eine Vielzahl ungelöster Probleme hinterlässt. Dass mit dem Atomausstieg angesichts des bisher schon produzierten Atommülls nur noch Schadensbegrenzung betrieben werden kann, ist umso bedauerlicher.

Mit freundlichen Grüßen

Wolfgang Neskovic