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Frage von Jürgen G. G. •

Frage an Wolfgang Neškovic von Jürgen G. G. bezüglich Innere Sicherheit

Sehr geehrter Herr Abgeordneter Neskovic,

meine Frage betreffend der Möglichkeiten des neuen BKA-Gesetzes stellte ich am 04.06.08 an Ihren Fraktionschef Dr. Gysi, die Herr Dr. Gysi mir am 09.06.08 mit Weiterleitung an Sie beantwortete. - Ihrer Frageliste und ihrem sonstigen Antwortverhalten entnehme ich, dass die Frage offensichtlich nicht angekommen ist, weshalb ich mir erlaube, sie hier zu wiederholen:
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04.06.2008
Frage von Jürgen G. Gmell

Verabschiedung des neuen BKA-Gesetzes

Sehr geehrter Herr Abgeordneter Dr. Gysi,

ich freue mich für Sie, dass Sachfragen wieder obenan stehen. Sicherlich waren Sie über die Gemeinheit der Attacken gegen Sie als "mutmaßlicher IM" und den nicht nur politischen sondern sehr persönlich gehaltenen Vernichtungswillen und das fast schon nazihafte Feindbild des politischen Gegners überrascht, wenn nicht schockiert.

Nach Verabschiedung des BKA-Gesetzes habe ich die Frage an Sie als Frontman der LINKEN:

Darf ein Landesamt für Verfassungsschutz eines anderen Landes - nehmen wir exemplarisch Bayern oder auch Sachsen, beides "Freistaaten" - ohne offizielles Amtshilfeersuchen in einem anderen Bundesland - nehmen wir hier exemplarisch Schleswig-Holstein - operativ tätig werden?

Wäre das nicht eine der Aufgaben des BfV? - Könnte dadurch die lokale Auskunft des LfV - "keine Überwachung" - ad absurdum geführt und die wahrheitsgemäße Datenschutz-Auskunft so umgangen werden?

Mit freundlichen Grüßen
an Sie als einen "alten Fuchs" der Juristerei

Jürgen G. Gmell
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09.06.2008
Antwort von
Dr. Gregor Gysi

Sehr geehrter Herr Gmell,

vielen Dank für Ihre Nachricht vom 5.6., die ich an den Abgeordneten Wolfgang Neskovic mit der Bitte, Ihnen zu antworten, weitergeleitet habe. Er ist diesbezüglich sachkundiger.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Gysi

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Gmell,

zu Ihrer Frage, unter welchen Voraussetzungen die Verfassungsschutzbehörde eines Landes in einem anderen Bundesland tätig werden darf, will ich die Rechtslage etwas ausführlicher darstellen:

Entsprechend der föderativen Struktur der Bundesrepublik nehmen die Landesverfassungsschutzbehörden ihre Aufgaben grundsätzlich unabhängig und selbständig wahr. Auch zum Bundesamt für Verfassungsschutz besteht kein Unter- sondern ein Gleichordnungsverhältnis. Nach § 1 Abs. 2 des Gesetzes über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes und über das Bundesamt für Verfassungsschutz (BVerfSchG) sind Bund und Länder jedoch zur Zusammenarbeit in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes verpflichtet. In § 2 Abs. 2 BVerfSchG wird darüber hinaus klargestellt, dass auch die Länder in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes zusammenzuarbeiten haben.

Wenn das Bundesamt für Verfassungsschutz in einem Land Informationen sammeln will, muss es zuvor das Benehmen mit der jeweiligen Landesverfassungsschutzbehörde herstellen (§ 5 Abs. 2 BVerfSchG). Da es kein "bundesunmittelbares" Territorium gibt, ist dies in jedem Fall der eigenständigen Informationsgewinnung durch das Bundesamt für Verfassungsschutz der Fall. Die Herstellung des Benehmens bedeutet, dass der Landesverfassungsschutzbehörde Gelegenheit zur Stellungnahme zu der beabsichtigten Maßnahme zu geben ist. Die Stellungnahme muss vom Bundesamt bei seiner anschließenden Entscheidung zwar berücksichtigt werden, es ist jedoch nicht an die Einschätzung des jeweiligen Landesamtes gebunden.

Das Tätigwerden einer Verfassungsschutzbehörde eines Landes in einem anderen Bundesland ist dagegen nach den insoweit gleichlautenden Landesverfassungsschutzgesetzen an die Herstellung des Einvernehmens gebunden. Das von Ihnen als Beispiel gewählte Bundesland Schleswig-Holstein bestimmt in § 4 Absatz 2 seines Verfassungsschutzgesetzes: "Verfassungsschutzbehörden anderer Länder dürfen im Geltungsbereich dieses Gesetzes nur im Einvernehmen, der Bund nach Maßgabe bundesrechtlicher Vorschriften nur im Benehmen mit der schleswig-holsteinischen Verfassungsschutzbehörde tätig werden."

Einvernehmen setzt dabei anders als das Benehmen Zustimmung voraus. Anders ausgedrückt: Keine Landesverfassungsschutzbehörde darf in einem anderen Bundesland tätig werden, ohne vorher um Erlaubnis gefragt und diese auch erhalten zu haben.

Ihre sich anschließende Frage, ob sich hieraus nicht Umgehungsmöglichkeiten für eine "wahrheitsgemäße Datenschutzauskunft" ergeben, ist nicht ganz einfach zu beantworten. Sie sprechen damit die im BVerfSchG und den jeweiligen Verfassungsschutzgesetzen der Länder enthaltenen Regelungen an, nach denen dem Betroffenen zu den über seine Person gespeicherten Daten Auskunft zu erteilen ist. Da diese Auskunftspflicht von den Verfassungsschutzbehörden dahingehend verstanden wird, dass sie sich nur auf solche Daten bezieht, die von ihnen selbst erhoben und gespeichert wurden, ist die Möglichkeit der Umgehung zwar im Prinzip gegeben. Im Ergebnis würde ich diese Gefahr jedoch nicht als übermäßig groß ansehen. Denn zum einen kann die jeweilige Behörde ja nicht voraussehen, dass ein Betroffener nicht doch von allen 16 Verfassungsschutzbehörden der Länder Auskunft verlangt. Zum anderen würde eine Verfassungsschutzbehörde, wenn sie partout verhindern will, dass Sie dem Betroffenen Auskunft über die zu seiner Person gespeicherten Daten geben muss, wohl eher versuchen, sich auf einen der in den jeweiligen Gesetzen vorgesehenen Ausnahmetatbestände zu berufen.

Mit freundlichen Grüßen

Wolfgang Neskovic