Frage an Wolfgang Neškovic von Hartmut K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Neskovic,
als ehemaligen Bundesrichter würde ich Sie gerne fragen, was Sie dazu sagen, dass viele Urteile vom Bundesverfassungsgericht ganz oder teilweise gestoppt werden, mit oftmals den rechtlichen Bedenken, die auch die Linke im Vorfeld angemeldet hat.
Ist dies für eine Genugtuung oder eher ein kleiner Erfolg im Rahmen der Oppositionsarbeit.
Meiner Information nach werden unsere Gesetze fast ausschließlich durch Experten und Lobbyarbeit gemacht (weil es ja wenig Mitbestimmungsmöglichkeiten der Bevölkerung gibt), die dafür gut bezhalt werden.
Finden Sie es dann umso mehr problematisch, dass unter den wenigen einflussreichen Politikern der Legislative, diese Gesetze dann nichts taugen, von neuem arbeitert werden müssen und unsere Gesetze immer kompilzierter und unübersichtlicher werden?
Vielen Dank.
Mit freundlichen Grüßen
Hartmut Kiele
Sehr geehrter Herr Kiele,
ich teile ihre kritische Sichtweise auf den Einfluss von Lobbyisten im Gesetzgebungsverfahren. Erst unlängst kritisierte auch der Bundesrechnungshof den Einsatz von Verbandsvertretern in Bundesministerien, die sich dort - von ihren Unternehmen entlohnt - sogar an der Formulierung von Gesetzentwürfen beteiligen, die die eigene Branche betreffen. Diese Praxis werfe Fragen in Bezug auf die "Neutralität, Glaubwürdigkeit und Transparenz des Handelns der öffentlichen Verwaltung” auf, so der Bundesrechnungshof in seinem Bericht.
DIE LINKE hat hierzu einen Antrag (siehe Anlage) in den Bundestag eingebracht, mit dem der Einsatz von Lobbyisten begrenzt und allgemein transparenter gestaltet werden soll.
Die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zu den Sicherheitsgesetzen belegen, dass die Gesetzgeber in Bund und Ländern seit vielen Jahren Verfassungsbruch im Fortsetzungszusammenhang begehen. Die Stopp-Signale des Verfassungsgerichts scheinen fest einkalkuliert. Zum wiederholten Male wurden und werden bestehende verfassungsrechtliche Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zum Grundrechtsschutz missachtet. Offensichtlich ist führenden Vertretern der herrschenden Politik das verfassungsrechtliche Gewissen verlorenen gegangen.
DIE LINKE wird sich auch in Zukunft mit aller Kraft für die Beachtung der Grundrechte einsetzen. Dazu zählt für mich neben der Verteidigung der Freiheitsrechte vor allem die Einhaltung des Sozialstaatsprinzips. Denn die Lösung der sozialen Frage ist für mich keine Frage der Mildtätigkeit, sondern Kernelement der dem Staat durch das Grundgesetz vorgegebenen Verpflichtungen.
Mit freundlichen Grüßen
Wolfgang Neskovic