Frage an Wolfgang Neškovic von Gerhard R. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Neskovic,
das Bundesfamilienministerium mißbraucht die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien für einen Anschlag auf die Meinungsfreiheit. Es geht um ein religionskritisches Kinderbuch - beschrieben unter
www.ferkelbuch.de. Bitte lesen Sie dazu in Abgeordnetenwatch die Mail der Frau Tanja Großmann vom 7.2.08 an Frau Ulla Jelpke.
Wegen der Mitwirkung von Kirchenvertretern im Entscheidungsgremium wies ich die Bundesprüfstelle auf die Befangenheit mit folgender Begründung hin:
Das religionskritische Kinderbuch wird zumindest mittelfristig Auswirkungen auf die Kirchenmitgliedschaft haben. Weniger Kirchensteuerpflichtige bedeuten weniger Einnahmen. Das wirtschaftliche Interesse an der Indizierung kann nicht ernsthaft geleugnet werden. Die Bundesprüfstelle antwortete, daß wegen der §§ 19, 20 Jugendschutzgesetz es nicht das Besorgnis der Befangenheit gibt. Dies habe ich nicht verstanden.
Frage: Ist das Gesetz oder seine Anwendung rechtswidrig?
Ebenfalls sehr bedenklich wirkt sich in diesem Falle aus, daß der/die Vorsitzende und 8 Mitglieder des Entscheidungsgremiums vom Bundesfamilienministerium ernannt worden sind. Frage: Ist es mit rechtsstaatlichen Grundsätzen vereinbar, daß das Bundesfamilienministerium(CDU-Ministerin, Kirchennähe) den Antrag auf Indizierung des religionskritischen Kinderbuches stellen darf?
Ein sachgerechtes Verfahren ist nicht zu erwarten.
Frage: Ist das auch Ihre Einschätzung und welche rechtlichen Folgen sind wegen der Verfahrensmängel in einem Gerichtsverfahren zu erwarten?
Mit freundlichen Grüßen
Gerhard Reth
Sehr geehrter Herr Reth,
Grundsätzlich halte ich die Indizierung von Medien nur in absoluten Ausnahmefällen für gerechtfertigt. Eine Indizierung bedeutet einen Eingriff in die in unserer Verfassung enthaltenen Grundrechte der Meinungs- und Kunstfreiheit und bedarf daher einer sorgfältigen Prüfung und hinreichenden Begründung.
Über eine Indizierung durch Eintragung in die Liste der jugendgefährdenden Medien entscheidet bei uns die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien. Durch Eintragung in diese Liste unterliegen Medien bestimmten Vertriebs-, Verbreitungs- und Werbebeschränkungen und dürfen nur noch Erwachsenen zugänglich gemacht werden.
Wie bereits erwähnt, muss die Indizierung in einem freiheitlichen Gemeinwesen auf absolute Ausnahmefälle beschränkt bleiben. Ein Beispiel für einen solchen Ausnahmefall sind zum Beispiel Schriften und Tonträger mit rechtsextremistischen Inhalten.
Gegen die Besetzung der Bundesprüfstelle sind grundsätzliche Bedenken nicht zu erheben. Bei ihr handelt es sich um ein pluralistisch besetztes Gremium aus den unterschiedlichsten gesellschaftlichen Kreisen. So sind neben Vertretern der Kirchen, der jüdischen Kultusgemeinden und anderen Religionsgemeinschaften auch Vertreter aus Kunst, Literatur, des Buchhandels und der Verlegerschaft in dem Gremium vertreten. Das Vorschlagsrecht steht dabei den jeweiligen Kreisen zugehörigen Verbänden zu. Dies halte ich gegenüber einem Zustand, in dem beispielsweise das zuständige Ministerium durch eigene Beamte entscheiden würde, für die deutlich bessere Lösung.
Das Jugendschutzgesetz ist nicht verfassungswidrig. Strittig kann nur seine Anwendung im Einzelfall sein.
Wie ich der Presse entnommen habe, ist die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien im vorliegenden Fall Ihrer Auffassung gefolgt.
Mit freundlichen Grüßen
Wolfgang Neskovic