Frage an Wolfgang Neškovic von Dieter G. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Neskovic !
Die Gesetzentwürfe von SPD und CDU/CSU werden nach zweimaliger Absetzung von der Tagesordnung des Bundestages demnächst wieder im Rechtsausschuss beraten. Die Opposition(Die Linke, Grüne, FDP), sowie sechs von acht Sachverständigen bei der Anhörung als auch die Medien hatten erhebliche
Kritik am Gesetzentwurf geäußert. Dieser Kritik möchte ich mich
anschließen und habe dazu drei Fragen, die Sie mir bitte beantworten möchten:
1.Es soll ein neuer Straftatbestand zu § 184 StGB geschaffen werden –Jugendpornografie. Dazu soll das „Schutzalter“ auf 18 Jahre angehoben werden. Damit werden in Zukunft alle Jugendlichen unter 18 Jahren als Kinder eingestuft. Frage: Mit welcher Begründung halten Sie eine solch jugend-kriminalisierende Anhebung für notwendig und rechtmäßig?
2.In Zukunft soll auch das sogenannte „Posting“ als Kinder- und
Jugendpornografie unter Strafe gestellt werden. Mit diesem latenten Rechtsbegriff stehen alle bisher legalen FKK-Aufnahmen auf dem Prüfstein zur verbotenen Pornografie. Frage: Wie wollen Sie dieser Rechtsunsicherheit entgegen wirken ?
3.Die bisher geltende Gesetzgebung und Rechtsprechung hat sich aus der Sicht des Gesetzgebers und der Justiz bewährt. Abgesehen von den EU-Richtlinien gibt es keine zwingende Not das Sexualstrafrecht erneut zu verschärfen. Frage: Weshalb also sollen neue Täter produziert und in Folge der ganze Justizapperat damit belastet werden?
Medienwirksame Gewalttaten an Kindern/Jugendlichen wurden dazu benutzt die Gesetze immer wieder neu zu verschärfen. Ich würde mir deshalb wünschen, dass es zum Gesetzentwurf eine weitere Anhörung von Sachverständigen gibt, die aus dem Fachbereich der Sexualwissenschaft etc. kommen. Mit Sicherheit
wird es dann weitere Kritik gegen eine Strafverschärfung geben. Stimmen auch Sie im Bundestag gegen ein neues Sexualstrafrecht !!
Mit freundlichen Grüßen
Dieter Gieseking
Sehr geehrter Herr Gieseking,
Ihre grundsätzlich geäußerte Kritik teile ich.
Zu 1:
Der dem Gesetzentwurf zu Grunde liegende Rahmenbeschluss (2004/68/JI) hebelt das gewachsene System der Schutzaltersgrenzen des deutschen Sexualstrafrechts aus und führt dadurch teilweise zu Veränderungen des den Straftatbeständen zu Grunde liegenden Schutzzwecks. Leider führt der Gesetzentwurf der Bundesregierung diesen Mangel fort, allerdings ist dies in weiten Teilen durch den Rahmenbeschluss vorgegeben, der alle unter 18-jährigen als Kinder definiert.
Diese Gleichsetzung kritisiert Die Fraktion DIE LINKE und hat sich daher bei den fraktionübergreifenden Beratungen für eine möglichst zurückhaltende Umsetzung des Rahmenbeschlusses eingesetzt.
Zu 2:
Auch diese Abgrenzung wird ein großes Problem, welches auch in dem unbestimmten Begriff der sexuellen Handlung begründet liegt. Wir sind gegen die Änderungen des Sexualstrafrechts und können nur hoffen, dass die Rechtsprechung durch eine restriktive Auslegung hilft, die nötige Rechtssicherheit herzustellen.
Zu 3:
Ich teile auch insoweit ihre Sicht, dass sich das bisherige Sexualstrafrecht bewährt hat und die Änderungen sich sachlich nicht rechtfertigen lassen.
Deshalb werde ich dem Gesetzentwurf, sollte er nicht grundlegend überarbeitet werden, auch nicht zustimmen.
Ergänzend zu meiner Antwort möchte ich Ihnen und den NutzerInnen von abgeordnetenwatch.de folgenden Artikel empfehlen: http://www.spiegel.de/panorama/justiz/0,1518,522396,00.html
Mit freundlichen Grüßen
Wolfgang Neskovic