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Frage von Axel J. •

Frage an Wolfgang Neškovic von Axel J. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrter Herr Nescovic,
das Thema "Cannabis als Medizin" gewinnt immer mehr an Bedeutung. Diverse Länder - Kanada, Niederlande, Italien, Spanien und 12 Bundesstaaten der USA haben sich zu Gunsten zehntausender Schmerzpatienten aus dem Internationalen Suchtstoff-Abkommen wenigstens in Bezug auf therapeutisch wirksames Natur-Cannabis "ausgeklinkt".
In Deutschland ergab eine Allensbach-Studie, die von der Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin e. V. in Auftrag gegeben worden ist, eine Zustimmung von mehr als 70 % unter der deutschen Bevölkerung für die straffreie Verwendung von Cannabis-Zubereitungen.

Der ACM und viele chronisch - oftmals auch tödlich erkrankte -Patienten kämpfen bereits seit über 10 Jahren, um die sinnvolle Ausgestaltung einer mit schlimmen Individual-Folgen besetzten BtM-Gesetzeslücke, aber alles, was die Genehmigungsbehörde, das BfArM, bislang zuwege gebracht hat, ist bundesweit EINE EINZIGE Erlaubnis, ein noch nicht hinreichend erprobtes Extrakt zu verwenden, dessen Kostenerstattung - ähnlich wie beim Dronabinol - fehlgehen wird, weil auch hier vom Gemeinsamen Bundesausschuss keine Empfehlung an die Kassen vorliegt.

Nachdem das BfArM den Vorgaben des § 8 BtM-Gesetzes Anträge innerhalb von drei Monaten zu bescheiden in mitunter jahrelangen Verfahren zuwiderhandelt und die jüngste Äusserung des Leiters der Bundesopiumstelle, Dr. Lütz, diese Anträge würden "sorgfältig - aber wohlwollend geprüft" durch
die bislang einzige Genehmigung ad absurdum geführt worden ist, bitte ich Sie, mir als Schmerzpatienten darzulegen, inwiefern das BMG die staatliche Gesundheitsfürsorgepflicht gegenüber den Betroffenen de facto verletzt, wenn die zuständigen Genehmigungsbehörden trotz vorliegender ärztlicher Indikationen und wissenschaftlicher Bestätigungen für die therapeutische Verwendung von Cannabis in den vielen in Betracht kommenden Fällen eine Erlaubnis verweigert und somit der ständigen Gefahr einer Kriminalisierung aussetzt...

Mit freundlichem Gruß
Axel Junker

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Sehr geehrter Herr Junker,

vielen Dank für Ihre Anfrage.

Wir beschäftigen uns zurzeit mit dem Thema "Cannabis als Medizin" und sehen großen Änderungsbedarf in der derzeitigen Praxis. Ihre Verzweiflung und ihr Unverständnis kann ich gut nachvollziehen. Wie sie sicherlich wissen, sind nach heutiger Rechtslage eine Vielzahl von Gremien beteiligt, wenn Cannabis als Heilmittel eingesetzt werden soll. Hier Änderungen herbeizuführen, übersteigt leider unsere politischen Handlungsmöglichkeiten.

Die bisherige Drogenpolitik in Deutschland ist durch Unvernunft und durch Unkenntnis über die Wirkungsweisen von Drogensubstanzen gekennzeichnet. Das gilt in besonderer Weise im Bereich der therapeutischen Anwendung. Es muss abgewartet werden, inwieweit die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 19. Mai 2005 zu praktischen Fortschritten für die Betroffenen führt. Zumindest ein positives Beispiel spielte unlängste in der Medienberichterstattung eine große Rolle.

DIE LINKE setzt sich schon seit langem auf allen Ebenen für einen diskriminierungsfreien Umgang von Cannabis ein. DIE LINKE befürwortet eine Legalisierung von Cannabis. Eine Milderung der Strafverfolgung kommt für uns als Zwischenlösung in Betracht, so lange eine Legalisierung noch nicht erfolgt ist.

Die Frage ob das Betäubungsmittelgesetz verfassungsgemäß ist, habe ich habe als Richter am Landgericht Lübeck durch einen so genannten Vorlagenbeschluss Anfang der 90er Jahre beim Bundesverfassungsgericht zu klären versucht. Ich habe mich auch in der Folgezeit öffentlich und intensiv um dieses Thema gekümmert und dabei auch immer wieder die therapeutische Nutzanwendung der Kulturpflanze Hanf in den Vordergrund gerückt.

In Berlin ist durch unsere Bemühungen die Bruttomenge von Cannabisharz oder Marihuana, bis zu der grundsätzlich Ermittlungsverfahren einzustellen sind, von sechs auf 15 Gramm erhöht worden; bei Mengen bis 30 Gramm bleibt die Option der Straffreiheit offen. Weitere Lockerungen waren in der Koalition mit der SPD nicht durchzusetzen.

Wir werden uns auch in Zukunft dafür engagieren, dass Strafverfolgung unterbleibt und die Toleranzmengen erhöht werden.

Leider sind die parlamentarischen Verhältnisse im Deutschen Bundestag andere, sodass es für unsere Positionen keine Mehrheiten gibt. Diese Situation gilt auch für andere Lebensbereiche.

In ihrem konkreten Fall kennen Sie die aktuellen Rahmenbedingungen besser als ich. Unabhängig von unserem politischen Willen können wir Ihnen leider nicht weiterhelfen.

Freundliche Grüße

Wolfgang Neskovic