Frage an Wolfgang Neškovic von Marco M. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Neskovic,
ich habe ein paar Fragen in Bezug auf den Verfassungsschutz und die Tätigkeit des PKGr.
Nach einem Urteil des LG Cottbus in 2004 ist der Verfassungsschutz in seiner Möglichkeit der Führung von V-Leuten in der Art eingeschränkt, dass er sich nicht auf den §86 III StGB berufen kann. Was ist dann jedoch unter "Abwehr verfassungswidriger Bestrebungen" zu verstehen, was nicht unter unter die anderen Fälle des §86III StGB zu stufen ist?
Welche Möglichkeiten haben sie als Mitglied des PKGr Einfluss auf eine Gesetzesänderung einzuwirken?
Ist aus ihrer Sicht eine Gesetzesänderung notwendig, um den Mitarbeitern des Verfassungsschutzes Handlungssicherheit zu geben?
Sehen sie die Aufgaben des Verfassungsschutzes noch als durchführbar, wenn dieser keine V-Leute mehr führen darf, die mehr als nur Randpersonen darstellen?
Vielen Dank und mit freundlichen Grüßen
Marco Müller
Sehr geehrter Herr Müller,
vielen Dank für Ihre Anfrage.
Wie das LG Cottbus in seinem Urteil ausgeführt hat, soll der § 86 StGB (Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen) "nicht allein der Abwehr einer Wiederbelebung verbotener Organisationen und ihrer verfassungswidriger Bestrebungen [gelten]. Vielmehr soll auch der politische Frieden gewahrt werden, indem ein jeglicher Anschein einer solchen Wiederbelebung vermieden wird."
Das scheint mir auch richtig, da auch der äußere Eindruck, die Bundesrepublik dulde eine rechtsstaatswidrige innenpolitische Entwicklung, vermieden werden muss. Eine andere Frage ist, ob angesichts dessen auf Basis des geltenden § 86 Abs. 3 StGB überhaupt der Einsatz von V-Leuten gewährleistet werden kann. Dies ist sicherlich nur in sehr engen Grenzen der Fall. Dagegen habe ich aber nichts einzuwenden, da ich dem Einsatz von V-Leuten generell skeptisch gegenüber stehe. Der Versuch, die NPD durch das Bundesverfassungsgericht verbieten zu lassen, ist daran gescheitert ist, dass die NPD von V-Leuten unterwandert war. Auch außerhalb von Parteistrukturen spricht gegen den Einsatz von V-Leuten, dass sie das Problem des Rechtsextremismus nicht lösen, sondern selbst regelmäßig zum Teil des Problems werden können. Dies zeigen gerade so genannte milieutypische Straftaten wie in dem Fall, der der von Ihnen angeführten Entscheidung zugrunde lag. Der beste Verfassungsschutz sind aktive Demokratinnen und Demokraten. Deshalb sind Bildungsarbeit für ein starkes gesellschaftliches Engagement und eine Sozialpolitik, die den Namen verdient, staatlichen Überwachungsmaßnahmen grundsätzlich vorzuziehen. Handlungsbedarf für den Gesetzgeber für einen erleichterten Einsatz von V-Leuten sehe ich deshalb nicht.
Als Mitglied der PKGr habe ich keine besonderen Möglichkeiten auf die Gesetzgebung Einfluss zu nehmen. Vielmehr stehen mir die üblichen Möglichkeiten eines Abgeordneten zu Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Wolfgang Neskovic