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Frage von Andreas F. •

Frage an Wolfgang Neškovic von Andreas F. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Neskovic,
ich habe einige Fragen an Sie. Ihre Aussagen im SPIEGEL (http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,455072,00.html)
zur parlamentarischen Kontrolle der Geheimdienste machen mir Angst.

Leben wir tatsächlich in einer Demokratie, wenn der Staat seine Bürger kontrolliert - den gewählten Vertretern des Volkes aber eine wirksame Kontrolle des Staates versagt bleibt?

Oder hat der Verfassungsschutz Recht, auf dessen Homepage es heißt: "Alles in allem kann man sagen, dass der Verfassungsschutz eine der bestkontrollierten Institutionen unseres Staates ist."?

http://www.verfassungsschutz.de/de/das_bfv/waswirtun/keine_sorge.html

Besteht die Aufgabe von Geheimdiensten lediglich in der passiven Beobachtung der Bürger oder ergreifen Geheimdienste auch darüber hinausgehende aktive Maßnahmen? Wenn ja, welche Maßnahmen?

Der Bremer Murat Kurnaz ist von den USA nach Guantanamo verschleppt worden. Haben deutsche Soldaten Kurnaz nach Ihrer Kenntnis misshandelt? Die Amerikaner stellten fest, dass Kurnaz unschuldig ist und boten im Jahr 2002 seine Freilassung an. Hat Bundesaußenminister Steinmeier verhindert, dass Kurnaz nach Hause konnte?

Wo sind die Soldaten des KSK zur Zeit eingesetzt? Wie viele Todesfälle gab es in den letzten vier Jahren beim KSK? Unterliegt der Einsatz des KSK einer parlamentarischen Kontrolle?

Werden Nachrichtenagenturen von Geheimdiensten beobachtet oder beeinflusst? D.h. gibt es sensible Nachrichten, die nur mit Zustimmung von Geheimdiensten verbreitet werden? Können Geheimdienste eine Nachrichtensperre zu bestimmten Themen verhängen?

Herr Neskovic, können Sie mir ein Buch oder eine Internetseite empfehlen, die mir einen objektiven Einblick in die o.a. Thematik ermöglicht?

Viele Grüße und viel Erfolg bei Ihrem Einsatz für eine bessere Gesellschaft!

Andreas Falken

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Sehr geehrter Herr Falken,

haben Sie vielen Dank für Ihre Fragen, auf die Ihnen gerne antworte. Allerdings bitte ich zugleich um Verständnis, dass ich nicht auf alle Fragen eingehen kann, da ich teils durch die Geheimhaltungspflichten, denen ich unterliege, daran gehindert bin, teils die Antwort schlicht nicht kenne.

1. Die Selbsteinschätzung des Verfassungsschutzes, er sei eine der bestkontrollierten Institutionen der Bundesrepublik, kann ich nicht teilen. Die Nachrichtendienste des Bundes werden nach meiner Überzeugung gegenwärtig völlig unzulänglich kontrolliert. Das Parlamentarische Kontrollgremium, dem ich angehöre, kann keine wirksame Kontrolle ausüben, da es sich bei seiner Tätigkeit nur auf Unterlagen stützen kann, die ihm von der Bundesregierung zur Verfügung gestellt werden. Hinzu kommt, dass den neun Abgeordneten, die dem Gremium angehören, ein Stab qualifizierter Fachleute fehlt, der sie erst in die Lage versetzen würde, die nachrichtendienstlichen Zusammenhänge in ihrer ganzen Tragweite zu durchschauen.

Ich teile deshalb Ihre Einschätzung, dass dem Volk als Souverän zu seinem Recht verholfen werden muss, indem seinen Abgeordneten uneingeschränkte und effiziente Kontrollmöglichkeiten eingeräumt werden. Zu diesem Zwecke setze ich mich für eine grundlegende Reform der gesetzlichen Regelungen zur Kontrolle der Geheimdienste ein.

2. Was den Fall Kurnaz betrifft, mit dessen Aufklärung ich als Mitglied der Fraktion DIE LINKE. im 1. Untersuchungsausschuss befasst bin, so bitte ich um Verständnis, dass ich mich noch nicht abschließend äußern kann, da die Untersuchung dieses Komplexes erst im Januar begonnen haben. Schon nach bisherigem Stand hat sich aber gezeigt, dass Herr Kurnaz unschuldig ist. Er selbst und seine Rechtsanwälte haben ausgesagt, dass er in verschiedener Weise schwer misshandelt worden ist. Ich habe keinerlei Veranlassung, daran zu zweifeln. Ob Herr Steinmeier verhindert hat, dass Herr Kurnaz nach Deutschland zurückkehren konnte, bedarf noch weiterer Klärung. Vorläufig lässt sich festhalten, dass es viele Indizien gibt, die dafür sprechen.

3. Bei dem KSK handelt es sich um einen Teil der Bundeswehr. Die Bundeswehr soll nach dem Grundgesetz als so genannte "Parlamentsarmee" uneingeschränkter demokratischer Kontrolle durch den Bundestag unterliegen. Nach gegenwärtigem Erkenntnisstand spricht aber vieles dafür, dass grundgesetzlicher Anspruch und Realität weit auseinander klaffen. Mit der Klärung Ihrer Fragen zu Einsatzorten, Todesfällen etc. befasst sich der als Untersuchungsausschuss fungierende Verteidigungsausschuss. Bevor dieser seine Untersuchungen nicht abgeschlossen hat, kann ich Ihnen zu diesen Fragen keine Antwort geben.

4. Auch zu Ihrer Frage, ob Nachrichtenagenturen von Geheimdiensten beobachtet werden, kann ich Ihnen nur ganz allgemein antworten. Bekannt ist, dass die Nachrichtendienste ihre Erkenntnisse zum Teil aus allgemein zugänglichen Quellen gewinnen. Hierzu zählen sicherlich auch Nachrichtenagenturen. Dies ist aber nicht gleichzusetzen mit einer gezielten Beobachtung. Ob dies geschieht, kann ich nicht beurteilen. Sollte es so sein, verstieße es meines Erachtens aber gegen die durch Art. 5 Abs. 1 Grundgesetz garantierte Pressefreiheit.

5. Eine Buchempfehlung möchte ich Ihnen bewusst nicht geben, um keine Publikation zu bevorzugen. Vielleicht ist Ihnen aber bekannt, dass es in jüngerer Vergangenheit ein Gerichtsverfahren gegen einen Buchautor gegeben hat, der sich in seinem Buch kritisch mit dem BND auseinander gesetzt hat.

Ich hoffe, trotz der eingangs erläuterten Einschränkungen, mit meinen Antworten zur Klärung Ihrer sehr berechtigten Fragen beigetragen zu haben.

Mit freundlichem Gruß

Wolfgang Neskovic