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Frage von Sebastian P. •

Frage an Wolfgang Neškovic von Sebastian P. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrter Herr Neskovic,

da Alkohol als die gefährlichste der legalen Drogen angesehen werden muss, was Abhängigkeit und Langzeitschäden anbelangt, würde es mich interessieren:
Warum wird nicht auf Flaschen mit alkoholischem Inhalt ein Aufdruck oder Banderole angebracht, welche vor Schäden und Folgen warnt, ähnlich denen auf Tabakprodukten?

Und nebenbei:
Wann möchte sich der Bundestag mit dem Verfassungsurteil zur Unverhältnismäßigkeit von Cannabis und Alkohol beschäftigen?

vielen Dank im vorraus
Sebastian Philipp

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Sehr geehrter Herr Philipp,

1. Ihre erste Frage beschäftigt sich mit dem Wertungswiderspruch bei der unterschiedlichen gesetzlichen Behandlung von (legalen) Drogen. Ich gebe Ihnen Recht: Es überzeugt nicht, dass vor den Folgen des Tabakkonsums auf den Verpackungen der verschiedenen Produkte gewarnt wird, alkoholische Genussmittel jedoch ohne vergleichbare Hinweise verkauft werden dürfen. Allerdings bezweifle ich den Nutzen solcher Warnungen im Allgemeinen. Drogenkonsumenten sind sich der Gefahren des Drogengebrauchs durchaus bewusst. Drogenmissbrauch entsteht nicht aus mangelnden Wissen über seine Nachteile. Ursächlich ist in der Regel ein destruktiver Umgang mit ganz realen Lebenssorgen, wie Perspektivlosigkeit, soziale Ausgrenzung oder Überarbeitung.

2. Zu Ihrer zweiten Frage. Ich verstehe Sie so, dass Sie davon ausgehen, das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) habe in seiner Cannabis-Entscheidung die unterschiedliche Behandlung des Gesetzgebers von Alkohol und Cannabis gerügt. Das hat das Gericht leider mit wenig überzeugender Begründung nicht getan. (Es rügte lediglich die Unverhältnismäßigkeit der Sanktionspraxis bei der Strafverfolgung von Cannabis-Konsumenten.)
Ich habe Ihnen den betreffenden Abschnitt der Entscheidung vom 9. März 1994 herausgesucht:

"Für die unterschiedliche Behandlung von Cannabisprodukten und Alkohol sind ... gewichtige Gründe vorhanden. So ist zwar anerkannt, daß der Mißbrauch von Alkohol Gefahren sowohl für den einzelnen wie auch die Gemeinschaft mit sich bringt, die denen des Konsums von Cannabisprodukten gleichkommen oder sie sogar übertreffen. Gleichwohl ist zu beachten, daß Alkohol eine Vielzahl von Verwendungsmöglichkeiten hat, denen auf Seiten der rauscherzeugenden Bestandteile und Produkte der Cannabispflanze nichts Vergleichbares gegenübersteht. Alkoholartige Substanzen dienen als Lebens- und Genußmittel; in Form von Wein werden sie auch im religiösen Kult verwandt. In allen Fällen dominiert eine Verwendung des Alkohols, die nicht zu Rauschzuständen führt; seine berauschende Wirkung ist allgemein bekannt und wird durch soziale Kontrolle überwiegend vermieden. ... Weiterhin sieht sich der Gesetzgeber auch vor die Situation gestellt, daß er den Genuß von Alkohol wegen der herkömmlichen Konsumgewohnheiten in Deutschland und im europäischen Kulturkreis nicht effektiv unterbinden kann. Art. 3 Abs. 1 GG gebietet nicht, deswegen auf das Verbot des Rauschmittels Cannabis zu verzichten.“ (vgl. BVerfGE 90, 145 [197])

3. Das bedeutet aber nicht, dass der Bundestag auf eine Legalisierung von Cannabis verzichten müsste. Das BVerfG hat nur entschieden, dass ein Verbot nicht in Widerspruch zur Verfassung steht. Es respektierte damit die Wertungsentscheidung der Politik. Der Bundestag kann schon in der nächsten Wahlperiode seine Wertungsentscheidung modernisieren. Dazu bedarf es aber einer linken Mehrheit im Parlament. Wer also wegen des übermäßigen Gebrauches von Cannabisprodukten unter Antriebslosigkeit leidet, sollte dieses Problem bis zum Wahltag dringend unter Kontrolle bekommen.

Mit freundlichem Gruß
Wolfgang Neškovic, MdB