Frage an Wolfgang Neškovic von Bettina G. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr Neskovic,
Wir werden gezwungen, die ständig steigenden Kosten für den Kabelanbieter zu zahlen. Auch wenn diese Bedingungen erfüllt sind, erteilt der Vermieter keine Zustimmung.
Unser Sohn ist Hartz IV-Empfänger, wohnt im gleichen Haus wie wir. Kann er die Kabelgebühr nicht, oder nicht pünktlich bezahlen, wird ihm trotz der Bitte um Zahlungsaufschub, der Anschluß abgeklemmt. Dann kommt zu den teuren 34,38 € pro Quartal eine Pauschale von 46.- €.
Die Genehmigung für das Aufstellen einer Parabolantenne wird verweigert, ebenso das Aufstellen einer Gemeinschaftsantenne auf dem Dach. In seiner Not hat er trotzdem, ohne das Gebäude zu beschädigen oder den Anblick zu verschandeln, eine ganz kleine Antenne aufgestellt. Daraufhin hat ihn der Vermieter mit Kosten von mehr als 700.- € belegt. Eine Summe, die er nie bezahlen kann.
Bekannte und Freunde von ihm leben inzwischen ohne Fernsehen oder gehen bei Nachbarn oder Verwandten schauen. Selbst der Gerichtsvollzieher konnte nicht fassen, dass er diese kleine kaum sichtbare Schüssel räumen sollte und hat unserem Sohn die Möglichkeit eingeräumt, sie selbst zu entfernen.
Wie man im Internet lesen und hier im unmittelbaren Umfeld sehen kann, betrifft das Parabolantennenproblem sehr viele Mieter. Nach Aussage unseres Vermieters droht allen, ohne Rücksicht auf ihre finanziellen Verhältnisse und den ohnehin hohen Leerstand das gleiche wie unserem Sohn: hohe Anwalts-Gerichts- und Gerichtsvollzieherkosten. Es gibt keinerlei Entgegenkommen. Es wäre doch ganz leicht festzulegen, zu welchen Modalitäten ein Aufstellen erlaubt wäre.
Was können Sie, was kann die Linke, speziell auch hier in Brandenburg tun, sozial schwachen Bürgern die Möglichkeit zu geben kostenverträglich Fernsehen zu empfangen. Was können wir tun? Der Staat erläßt sozial schwachen Bürgern die GEZ, warum gibt es keine Hilfe gegen Kabelanbieterwucher und Kabelzwang, gegen Ignoranz und Arroganz?
Mit freundlichen Grüßen
Bettina Günther
Sehr geehrte Frau Günther,
vielen Dank für Ihre Frage.
Ich kann Ihnen auf diesem Wege lediglich einige allgemeine Informationen zur Problematik zukommen zu lassen. Für Nachfragen können Sie sich gerne an mein Berliner Büro (wolfgang.neskovic@bundestag.de) wenden.
1. Die Frage, wann ein Mieter einen Anspruch darauf hat, eine Parabolantenne aufzustellen, hat die Instanzgerichte vielfach beschäftigt. Dementsprechend haben sie und im Zuge der Überprüfung solcher Entscheidungen auch das BVerfG eine Reihe von Grundsätzen zur rechtlichen Behandlung der Anbringung von Parabolantennen in Mietwohnungen entwickelt. Danach muss der Vermieter die Zustimmung zur Errichtung regelmäßig erteilen, wenn er keinen Kabelanschluss bereitstellt. Umgekehrt ist bei Verfügbarkeit eines solchen Anschlusses regelmäßig ein sachbezogener Grund zur Versagung der Genehmigung einer Parabolantenne gegeben.
2. Nach einer Entscheidung des Bundessozialgerichts handelt es sich bei den Gebühren für die Kabelnutzung grundsätzlich um erstattungsfähige Nebenkosten, die als Aufwendungen für die Unterkunft i. S. von § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II vom Grundsicherungsträger zu erbringen sind. Dabei ist die Übernahme von Nebenkosten davon abhängig, ob sie ihrer Art nach umlagefähig i. S. von § 556 Bürgerliches Gesetzbuch in Verbindung mit § 2 Betriebskostenverordnung und kraft Mietvertrags vom Mieter zu tragen sind, also nicht freiwillig vom Mieter übernommen werden.
3. Ein Mieter hat nicht ohne weiteres das Recht, aus bestehenden bzw. im Mietvertrag enthaltenen Vereinbarungen zur TV-Versorgung in der Wohnung auszusteigen. Der Mieter kann einen entsprechenden Vertragsteil weder isoliert kündigen, noch kann er vom Vermieter verlangen, dass er den Kabelvertrag beendet und beispielsweise zum digitalen Antennenfernsehen wechselt.
4. Politisch hat unsere Fraktion für dieses sehr spezielle Problem nach
meiner Kenntnis noch keinen abschließenden Lösungsansatz entwickelt. DIE
LINKE möchte Hartz IV überwinden. Hierzu fordern wir als erste Schritte:
• Die Anhebung des Hartz IV-Regelsatzes auf 500 Euro in der nächsten
Wahlperiode. Perspektivisch setzen wir auf die Einführung einer
bedarfsdeckenden und sanktionsfreien Mindestsicherung.
• Um einen schleichender Wertverlust zu vermeiden, muss der Regelsatz
jährlich an die Preisentwicklung angepasst werden. Nachweisbare
Sonderbedarfe müssen zusätzlich übernommen werden.
• Kurzfristig müssen auch die Kinderregelsätze deutlich angehoben
werden. Der Bedarf für Kinder muss eigens ermittelt werden, um Kinderarmut
wirkungsvoll zu bekämpfen. Kinder dürfen nicht länger als „kleine
Erwachsene“ betrachtet werden.
• Kinder und Jugendliche müssen in besonderem Maße gefördert werden.
Kurzfristig sind insbesondere Kosten für Schulbedarfe und Schülerbeförderung
sowie ein Mittagessen in der Schule zu finanzieren.
• Die unwürdige Behandlung von erwerbslosen Menschen muss an vielen
Punkten beendet werden: Die Sanktionen müssen abgeschafft werden. Die
Bedarfsgemeinschaft muss durch ein individuelles Recht (auf Basis der
gesetzlichen Unterhaltsverpflichtungen) überwunden werden. Zwangsumzüge und
Schnüffeleien im Privatleben lehnen wir ab.
• Wir wollen Ein-Euro-Jobs durch einen qualitativ hochwertigen
öffentlich geförderten Beschäftigungssektor ersetzen. Dieser muss auf
Freiwilligkeit und sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung beruhen. Die
Entlohnung darf nicht unter dem gesetzlichen Mindestlohn erfolgen und muss
sich darüber hinaus an vorhandenen Tarifverträgen oder an der ortsüblichen
Bezahlung orientieren.
Mit freundlichen Grüßen
Wolfgang Neskovic