Frage an Wolfgang Neškovic von klaus S. bezüglich Umwelt
Sehr geehrter Herr Neskovic,
wir haben im Umkreis von Cottbus drei E85 Bioethanoltankstellen.
Mich interessiert Ihre Meinung zum Vertrieb von E85?
Mit freundlichen Grüßen
Klaus Schwarz
Sehr geehrter Herr Schwarz,
vielen Dank für Ihre Frage.
Aus Sicht der LINKEN macht die Produktion sogenannter Biokraftstoffe meist nur in regionalen Kreisläufen für den Eigenbedarf in der Land- und Forstwirtschaft oder in geschlossenen Flottensystemen, beispielsweise bei Busunternehmen, Sinn. Einen flächendeckenden Vertrieb lehnen wir ab.
Für die Produktion von Energie aus nachwachsenden Rohstoffen steht in Deutschland und Europa lediglich eine begrenzte Anbaufläche zur Verfügung. Der massive Ausbau von aus Biomasse hergestellten Treibstoffen, wie ihn die Bundesregierung mit der zwangsweisen, jährlich steigenden Beimischung von Biodiesel und Bioethanol verfolgt, kann nur erreicht werden, wenn auf strukturarme großflächige Monokulturen und den Import von Agrarkraftstoffen aus tropischen Ländern gesetzt wird. Insbesondere aus Ländern wie Brasilien, Indonesien oder Kolumbien, die aufgrund der hohen Nachfrage in den Industriestaaten den Export biogener Kraftstoffe stark ausweiten, kommen alarmierende Nachrichten. Die Folgen sind oft die Abholzung von Regenwäldern, Vertreibung von Kleinbauern und indigenen Völkern, intensiv bewirtschaftete Monokulturen, Wassermangel sowie der Anstieg der Nahrungsmittelpreise.
Auch hierzulande werden zunehmend die Umweltvorteile biogener Treibstoffe in Frage gestellt. Bei ihrer Nutzung erzeugen sie zwar weniger Klimagase als fossiler Sprit. Der Anbau und die Verarbeitung verursachen aber erhebliche Umweltbelastungen, so dass die ökologische Gesamtbilanz sogar schlechter ausfallen kann als bei herkömmlichen Benzin oder Diesel, z.B. wenn für den Herstellungsprozess von Bioethanol aus Getreide Braunkohle eingesetzt wird.
Biogene Treibstoffe werden das Klimaproblem des Verkehrs nicht lösen können, solange in Deutschland und auch anderen Industriestaaten keine grundlegende Wende in der Verkehrspolitik eingeleitet wird. Das heißt: weg vom ressourcen- und energieaufwändigen Auto- und Schwerlastverkehr, hin zu einem nutzerfreundlichen öffentlichen Nahverkehr und einer attraktiven Bahn, die auch den ländlichen Raum flächendeckend bedient. Hier vorrangig auf neue, vermeintlich saubere Treibstoffe zu setzen, ist ein gefährlicher Irrweg. "Energie vom Acker" kann zwar einen Beitrag leisten, macht aber nur dann Sinn, wenn sich aus der Nutzung echte Umweltvorteile ergeben, Klimaschutz und Beschäftigung sinnvoll miteinander verbunden und regionale Wirtschaftskreisläufe gefördert werden.
Mit freundlichen Grüßen
Wolfgang Neskovic