Unter welchen Voraussetzungen darf ein Mitglied des Bundestages oder eines Landtages eigentlich die Verantwortlichkeit im Sinne des Presse- und des Medienrechts übernehmen?
Sehr geehrter Herr Kubicki,
in letzter Zeit beobachte ich, dass Mitglieder des Deutschen Bundestages laut dem Impressum der von ihnen herausgegebenen Medien unter Angabe der Anschrift des Deutschen Bundestages für diese allein verantwortlich sind. Das Presse- und Medienrecht verlangt jedoch von den danach als Verantwortliche anzusehenden Personen, dass sie uneingeschränkt strafrechtlich verfolgt werden können. Diese strafrechtliche Verfolgbarkeit wird aber durch die den Mitgliedern des Bundestages gemäß Artikel 46 Absatz 2 des Grundgesetzes zugestandene Immunität eingeschränkt. Wenn also durch ihre Immunität geschützte Abgeordnete dennoch Verantwortliche sind, wie verträgt sich dies im Verhältnis zu anderen Verantwortlichen, die diesen Immunitätsschutz nicht genießen, mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz gemäß Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes?
Mit freundlichen Grüßen
Gotthilf K.
Sehr geehrter Herr K.,
vielen Dank für Ihre Frage. Die Immunitätsregelung, die unser Grundgesetz vorschreibt, soll mitnichten die Abgeordneten in Bund und Ländern von der strafrechtlichen Verantwortlichkeit per se freihalten. Vielmehr dient die Immunität der Wahrung der Funktionsfähigkeit der Parlamente. Deswegen wird die Immunität bei Straftaten auch in aller Regel aufgehoben und die Abgeordneten sind dann im gleichen Umfang verantwortlich wie alle anderen Bürgerinnen und Bürger auch. Allein in der letzten Wahlperiode wurde über 20-mal die Immunität von Abgeordneten des Deutschen Bundestages aufgehoben. Die Privilegierung der Abgeordneten, die Sie ansprechen und deren Rechtfertigung direkt aus der Verfassung folgt, ist im Ergebnis also relativ. Ein Unterlaufen der presserechtlichen Verantwortlichkeit sehe ich daher nicht.
Mit freundlichen Grüßen
Wolfgang Kubicki