Frage an Wolfgang Beuß von Petra B. bezüglich Öffentliche Finanzen, Steuern und Abgaben
Sehr geehrter Herr Beuß,
warum wird bei den aktuellen Diskussionen über die Mehrwertssteuererhöhung nicht auch mal über die grundsätzliche Ungerechtigkeit der Mehrwertssteuerteilung gesprochen?
Finden sie es richtig, daß u.a. auf Printmedien (zu denen natürlich auch die Bildzeitung oder die Praline gehört) nur 7% Mehrwertsteuer erhoben wird und diese somit in ihre Unverzichtbarkeit mit Lebensmitteln gleichgesetzt werden? Das selbe gilt in meinen Augen für Schnittblumen und Tierfutter. Warum wird nicht über eine Neugestaltung der Mehrwertssteuer diskutiert bei der man die Notwendigkeiten diverse Produkte (z.B. Strom, Telefon, Internet oder auch Babywindeln) neu und zeitgemäßer definiert?
Oder ist die Lobby der genannten Produkte so groß, daß sich kein Politiker traut diese Ungerechtigkeiten auch nur anzusprechen geschweige denn anzugehen?
Ich freue mich auf Ihre Antwort.
Mit freundlichen Grüßen
Petra Bruhn
Sehr geehrte Frau Bruhn,
die Diskussion über die Belegung von Produktgruppen mit unterschiedlichen Mehrwertsteuersätzen ist eine vergleichsweise spezielle, die selten in den Vordergrund der öffentlichen Diskussion tritt. Die von Ihnen kritisch genannten Beispiele aus den Printmedien zielen jedoch auf einen Steuerungseffekt ab, der mit dem Sinn des "Umsatzsteuer"-gesetzes (wie die Mehrwertsteuer fachlich korrekt heißt) nicht in Einklang steht. Das Gesetz belegt den von einem Unternehmer bei seinen Umsätzen erzielten Mehrwert mit einer Steuer, und zwar grundsätzlich unabhängig von der Art des Produktes. Würde ein Gesetz die "Qualität" eines Produktes zur Begründung eines Steuersatzes heranziehen, dürfte damit ein Verstoß gegen verschiedene Grundrechte, u.a. bei Ihrem Beispiel die Pressefreiheit, verbunden sein.
Trotzdem kann man die Zuordnung der Produkte zum abgesenkten Mehrwertsteuersatz als nicht sinnvoll empfinden. Da das Thema sich aufgrund seiner Komplexität nicht für eine oberflächliche Diskussion eignet, dürfte darin ein Grund liegen, dass es in der allgemeinen politischen Diskussion eher selten vorkommt.
Derzeit ist diese Frage bei uns allerdings noch nicht auf der Agenda - wenn man mal von den "dementierten" Überlegungen des Bundesfinanzministers für die Zeit nach dem 18. September absieht.
Mit freundlichen Grüßen
Wolfgang Beuß