Frage an Winfried Kretschmann von Harald D.
Sehr geehrter Herr Kretschmann,
Sie sind Lehrer. Ich auch.
Wie werden Sie die Gemeinschaftsschule den Eltern "schmackhaft" machen.?
Die Sympathie der Kinder - und meine als Lehrer mit 42 Dienstjahren - sowieso haben Sie.
Die Grundschulkinder wollen zusammenbleiben und sehen nach Schließung von Freundschaften in 4 Jahren gemeinsamen Lernens mit 10 Jahren nicht ein, warum sie nach Noten aufgeteilt getrennt werden sollen. Die "Guten" aufs Gymnasium, die weniger guten auf die Werkrealschule. Die Lernbehinderten auf die Förderschule. Inklusion sieht anders aus. Individuelles Lernen auch.
Die Lehrerlobby ist zweigeteilt in Philologen (Gymnasiallehrer) und Pädagogen. Das Gymnasium sieht sich gefährdet.
Jedoch wird mit Erhalt des Gymnasiums keine Gemeinschaftsschule machbar.
Die sich als "Elite"Wähnenden werden an der Gemeinschaftsschule nicht teilnehmen.
Sie werden das Gymnasium oder die Privatschule - auch wenn sie was kostet - wählen.
Sie aber wollen das Gymnasium erhalten?! Warum?
Grüße aus der Eifel (meine Tochter lehrt jedoch erfolgreich und gerne in Ihrem Ländle!)
Harald Dupont
Sehr geehrter Herr D.,
vielen Dank für Ihre Nachricht.
Das Gymnasium ist eine beliebte Schulart und entspricht einer modernen Gesellschaft. Es gibt also keinen Anlass, daran etwas zu ändern. Es ist neben der Gemeinschaftsschule ein wichtiger Bestandteil des von der grün-roten Koalition beschlossenen Zwei-Säulen-Modells.
Tatsache ist: Die meisten Eltern wünschen sich für Ihr Kind den Besuch eines Gymnasiums. Damit beide Säulen im zwei-Säulen-Modell stark und tragfähig sind, soll das Gymnasium in der G8-Form bestehen bleiben, während der G9-Weg in der integrativen Säule möglich ist.
Ihr Argument, dass mit dem Erhalt des Gymnasiums keine Gemeinschaftsschule machbar ist, können wir nicht teilen. Das Beispiel anderer europäischer Länder, in denen es kein Gymnasium gibt, zeigt vielmehr, dass dann ein nicht unerheblicher Teil der Elternschaft ihre Kinder auf teure Privatschulen schickt. Bei uns dagegen steht das Lernen auf gymnasialem Niveau allen Schülerinnen und Schülern im Gymnasium (G8) oder in der Gemeinschaftsschule (G9) offen. Wenn eine Gemeinschaftsschule die notwendige Größe erreicht, kann sie auch eine Oberstufe beantragen. Die Möglichkeit besteht für die Starterschulen erstmals im kommenden Jahr, wenn der erste Jahrgang in Klasse 9 angekommen ist und man die Verteilung auf die Niveaustufen prognostizieren kann.
Gemeinschaftsschulen werden auch durch ihr neues pädagogisches Konzept für Eltern attraktiv. Um das Konzept einer erfolgreichen Gemeinschaftsschule kennen zu lernen, können Sie hier https://www.baden-wuerttemberg.de/de/service/presse/pressemitteilung/pid/vielfalt-mach-schlauer-ein-besuch-an-einer-gemeinschaftsshule/ einen Bericht aus der Gebhardt-Schule in Konstanz anschauen. Diese Schule beabsichtigt eine Oberstufe einzurichten.
Es freut uns, dass Ihre Tochter gern in Baden-Württemberg unterrichtet. Wir wünschen Ihnen und Ihrer Tochter alles Gute und verbleiben
mit freundliche Grüßen
Ihr Team Kretschmann