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Winfried Kretschmann
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Christian S. •

Frage an Winfried Kretschmann von Christian S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Hallo Herr Kretschmann,
Frage 1:
Merken Sie und Ihre Partei eigentlich warum es so viel Unzufriedenheit gibt in BW ?
Frage 2:
Warum gehen alle Parteien öffentlich gegen die AFD so an ?
Sie sollten besser einmal eigene Konzepte vorstellen !

Ihr Parteifreund Palmer sagte im Oktober wörtlich:
Die EU Aussengrenzen müssten notfalls auch mit Waffengewalt geschützt werden.
Warum ist diese Aussage anders zu bewerten als die von Frau Petrys ?

Im übrigen waren auch Sie wieder einmal vorschnell und ließen gleich verkünden dass Rechtsradikale eine Handgranate geworfen hätten.
War aber nicht so !

Ich wähle keine AFD - nur zur Info.
Gruß Christian Saeger

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr S.,

vielen Dank für Ihre Frage zur AfD.

Dass es große Unzufriedenheit in Baden-Württemberg gibt, können wir nicht bestätigen. Tatsächlich erleben wir großen Zuspruch für unsere Politik. Auch die Meinungsumfragen bestätigen das: Laut aktuellen Umfragen von SWR und Stuttgarter Zeitung vom Januar 2016 sind 61% der Baden-Württemberger mit der Arbeit der Landesregierung zufrieden oder sehr zufrieden. Lediglich 8% der Befragten sagen, sie seien gar nicht zufrieden. Noch besser sind die Zustimmungswerte des Ministerpräsidenten, mit dessen Arbeit 71% der Baden-Württemberger zufrieden oder sehr zufrieden sind. Das sehen wir als Bestätigung für unser pragmatisches, zupackendes Regierungshandeln und unseren Regierungsstil der Politik des Gehörtwerdens.

Zu ihrer zweiten Frage: Die Konzepte von uns Grünen sind klar. Wir stellen sie nicht nur vor, sondern setzen sie in Baden-Württemberg auch im täglichen Regierungshandeln verantwortlich um.

In der uns alle gerade so umtreibenden Flüchtlingspolitik heißt das, dass wir uns klar zum Grundrecht auf Asyl für politisch Verfolgte und diskriminierte Menschen bekennen. Wir haben daher die Erstaufnahmekapazitäten für Flüchtlinge vervielfacht, um die zahlreichend ankommenden Flüchtlinge unterzubringen und registrieren zu können.

Im täglichen Umgang setzen wir auf Lösungen, von denen sowohl die Flüchtlinge als auch die Alteingesessenen profitieren: Dazu gehören die Gesundheitskarte für Flüchtlinge statt des vorigen bürokratischen Systems oder unsere Umsetzung des Sachleistungsprinzips in den Erstaufnahmeeinrichtungen mittels einer Leistungskarte statt exzessiver Lagerhaltung. Beide Maßnahmen entlasten die Steuerzahler. Populistische Maßnahmen, die die Situation der Asylbewerber verschlechtern und gleichzeitig aufwändig und teuer für Verwaltung und Steuerzahler sind, lehnen wir ab.

Integration ist kein Selbstläufer. Für eine erfolgreiche Eingliederung in unsere Gesellschaft sind dabei vor allem zwei Dinge ausschlaggebend, nämlich der Spracherwerb und die Integration in den Arbeitsmarkt. Wir haben daher als erstes Bundesland verpflichtende Sprachkurse für Flüchtlinge eingeführt und auch die Mittel dafür bereitgestellt. Mit der Aufhebung der Residenzpflicht nach drei Monaten Aufenthalt und einer Verkürzung der Zeitspanne, in der Flüchtlinge keine Arbeitsstelle antreten dürfen, ermöglichen wir es zahlreichen Flüchtlingen, ihren Lebensunterhalt selbst zu bestreiten und nicht zum Nichtstun verdammt zu sein.

Klar ist aber auch: Nicht alle Menschen, die zu uns kommen, sind asylberechtigt. Wir sorgen daher dafür, dass Menschen, deren Asylantrag vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) abgelehnt wird und die vom BAMF für ausreisepflichtig erklärt werden, unser Land verlassen. Rückführungen können dabei durch freiwillige Ausreise oder durch Abschiebungen erfolgen.

Sie sehen also: Unsere politischen Konzepte sind durchdacht und bewähren sich in der Praxis. Das kann man für die der AfD nicht sagen. Bei deren Äußerungen handelt es sich um Vorschläge, die wahlweise gefährlich, undurchführbar oder menschenverachtend sind. Aus den öffentlichen Verlautbarungen der AfD und aus ihrem Wahlprogramm geht für uns klar hervor, dass die AfD eine rechtsradikale Partei ist, die zur konstruktiven Lösung unserer heutigen Herausforderungen nichts beizutragen hat. Stattdessen übt sich die AfD unermüdlich darin, mit falschen Behauptungen und dumpfen Parolen Angst und Hass in unserer Gesellschaft zu säen. Diese Einschätzung teilen wir mit den anderen demokratischen Parteien.

Zu dem von Ihnen angesprochenen Einzelfällen: Zwischen dem, was Boris Palmer gesagt hat, und dem, was Frau Petry von sich gibt, gibt es deutliche Unterschiede. Erstens: Boris Palmer hat in dem von Ihnen angesprochenen Interview für bewaffnete Grenztruppen plädiert. Von einem Einsatz der Waffen gegen Flüchtlinge war nie die Rede. Boris Palmer hat auch unverzüglich nach dem Interview klargestellt, dass er keine Waffengewalt gegen Flüchtlinge gefordert hat. Frau Petry dagegen hat in ihrem Interview gefordert, Polizisten müssten Grenzübertritte „verhindern, […] auch von der Schusswaffe Gebrauch machen“. Das ist nichts anderes als ein Schießbefehl auf Flüchtlinge, die die Grenze übertreten wollen. Zweitens: Wie von Ihnen erwähnt, hat sich Boris Palmer auf die EU-Außengrenzen bezogen. Dass diese umfangreich kontrolliert werden, ist Bestandteil der EU-Verträge. Frau Petry dagegen sprach von den deutschen Grenzen. Mit ihren Plänen für Zäune und Schießbefehl an unseren Landesgrenzen zu anderen EU-Mitgliedsstaaten würde sie damit die Freizügigkeit innerhalb der Europäischen Union aufkündigen. Die wirtschaftlichen, humanitären und politischen Folgen wären verheerend. In diesem Sinne: Wir freuen uns, dass Sie die AfD nicht wählen wollen. Bitte werben Sie auch bei Ihren Freunden und Verwandten dafür, bei der Landtagswahl am 13.3.2016 mit einer Stimme für die demokratischen Parteien unsere freie Gesellschaft zu stärken und ein Zeichen gegen den Hass der AfD zu setzen.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr Team Kretschmann

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