Frage an Winfried Kretschmann von Frederik N. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr Kretschmann,
im Zuge der Flüchtlingszunahme in Deutschland wird bereits eine erneute ungleiche Lastenverteilung zu Gunsten der Vermögenden in der Gesellschaft vorbereitet. Erneut sollen die mittleren und vor allem die unteren Einkommensschichten die Lasten tragen, in dem der Mindestlohn ausgesetzt wird, das Renteneintrittsalter erhöht und die Hartz IV Regelsätze gesenkt werden!
http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/wirtschaftspolitik/schaeuble-senkt-hartz-iv-fuer-fluechtlinge-13854600.html
http://www.welt.de/wirtschaft/article147318985/Rentenalter-muss-steigen-um-Fluechtlinge-zu-ernaehren.html
http://www.n-tv.de/wirtschaft/Fluechtlinge-kosten-Milliarden-article15970311.html
http://www.deutschlandfunk.de/fluechtlinge-auf-dem-arbeitsmarkt-hans-werner-sinn.766.de.html?dram:article_id=333933
Gleichzeitig werden von den Vertretern dieser Forderungen natürlich die Möglichkeiten einer anderen Umverteilung hinsichtlich Erbschaftssteuer, Vermögenssteuer, Spitzensteuersatz usw. vollständig ausgeblendet. Daher ist es mir wichtig, dass auch die Grünen in medialen Diskussionen verstärkt auf die Notwendigkeit hinweisen, nicht nur die unteren und mittleren Einkommensschichten einseitig zu belasten und die Vermögenden erneut aus dem Solidarsystem auszunehmen, wie dies bereits die Jahrzehnte zuvor unter Schwarz/Gelb, Schwarz/Rot und leider auch unter Rot/Grün geschehen ist! Folgen Sie daher meiner Einschätzung, nämlich dass die Integration der zukünftig Millionen von Flüchtlingen nur bei gleichzeitiger angemessenerer Umverteilung bspw. hinsichtlich Erhöhung der Erbschaftssteuer, Spitzensteuer und Einführung einer Vermögenssteuer möglich sein wird, ohne die soziale Marktwirtschaft noch mehr auszuhebeln?
Vielen Dank für Ihre Antwort vorab.
Mit freundlichen Grüßen
Frederik Neuburg
Sehr geehrter Herr Neuburg,
vielen Dank für Ihre Nachricht.
Es ist richtig, dass von verschiedener Stelle in den letzten Monaten die Senkung der Mindestlöhne für Flüchtlinge diskutiert wurde. Hier werden von unterschiedlichen Verbänden, verschiedene Positionen vertreten. Wir Grüne lehnen eine solche Senkung des Mindestlohns für Flüchtlinge ab.
Bezüglich der Finanzierung: Gegenwärtig ist die Finanzierung der Integration aus dem laufenden Haushalt leistbar. Wir verfolgen grundsätzlich den Ansatz einer nachhaltigen Finanzpolitik und setzen uns auch auf Bundesebene für eine Einhaltung der Schuldenbremse ein. Die grün-geführte Landesregierung hat in der vergangenen Wahlperiode das jährliche strukturelle Defizit um 1,5 Milliarden Euro verringert. Wir haben 4-mal einen Haushalt ohne neue Schulden geschafft – dies ist einmalig in der Geschichte Baden-Württembergs. Für uns Grünen ist ein Stopp der Neuverschuldung auch eine Frage der Generationengerechtigkeit. Wir sichern künftigen Generationen nur dann politischen Handlungsspielraum, wenn wir heute nicht auf Pump leben. Wer heute bestellt, muss auch heute bezahlen, ansonsten belasten wir künftige Generationen mit unseren Zinsen. Eine große Belastung war in der Vergangenheit z.B. der Länderfinanzausgleich, in den Baden-Württemberg zuletzt knapp 2,5 Milliarden Euro einzahlte. Indem der grüne Ministerpräsident hier konsequent auf eine Verhandlungslösung setzte, konnte im Dezember 2015 eine historische Einigung der Länder erreicht werden. Baden-Württemberg wird mit diesem Kompromiss um ca. 1 Milliarde entlastet. Weiter spart das Ministerium für Verkehr und Infrastruktur allein durch die jüngste Ausschreibung der Stuttgarter Netze im Schienenverkehr 75 Millionen ein.
Weitere Informationen zur Sanierung des Landeshaushalts finden Sie hier: https://www.baden-wuerttemberg.de/de/bw-gestalten/erfolgreiches-baden-wuerttemberg/haushalt/infografikstrecke-zur-haushaltspolitik/
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Team Kretschmann